Die Affäre rund um den ehemaligen VP-Delegationsleiter Ernst Strasser löste eine weitreichende Diskussion um Transparenz der österreichischen Politiker aus. derStandard.at hat die jüngsten und prominentesten Fälle von Lobbying, Nebengeschäften, Freunderlwirtschaft und dubioser Parteienfinanzierung für Sie übersichtlich zusammengefasst. Für alle genannten Politiker und ehemaligen Politiker gilt die Unschuldsvermutung.

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Zwei Undercover-Journalisten der Londoner Zeitung "Sunday Times" brachten Ernst Strasser, den ehemaligen Innenminister und VP-Delegationsleiter im Europäischen Parlament zu Fall.

Den Journalisten, die sich als Geschäftspartner ausgaben, erzählte er, ein Mitglied des Europäischen Parlaments zu sein, öffne ihm die Türen auf eine andere Art, als für Lobbyisten. Er verstehe sich als Lobbyist und Mitglied des Europäischen Parlaments. "Ein Lobbyist ist ein Lobbyist. Und ein solcher hat einen speziellen Geruch. Wir müssen also sehr vorsichtig sein", sagte Strasser. Strasser trat zurück und löste damit eine folgenreiche Debatte über Transparenz und Lobbying aus.

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Othmar Karas beerbte seinen Parteifreund Ernst Strasser im EU-Parlament als VP-Delegationsleiter. Bis Februar durfte der Lobbiyst Hubert Pirker die Adresse von Karas Postanschrift für seine Wirtschaftsberatungsfirma verwenden.

Karas rechtfertigte sich so: "Pirker hatte kein Büro in meiner Wohnung, es gab keine Gespräche über Kunden und keine Interventionen für Kunden." Es sei an "Freundschaftsdienst" gewesen, zu dem er stehe. Von der Heftigkeit der medialen Debatte zeigte sich Karas überrascht.

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Früher war Hubert Pirker VP-Mandatar im EU-Parlament, dann war er Unternehmensberater und Lobbyist, jetzt sitzt er wieder im EU-Parlament. Pirker folgte Ernst Strasser nach, der wegen Lobbying-Vorwürfen zurückgetreten war.

Der Kärntner hat sich in seiner damaligen Funktion als Leiter der EU-Korea-Delegation bereits ein dichtes Netz an Kontakten geschaffen. Er wird nun aber weder der Korea-Delegation noch dem außenpolitischen Ausschuss angehören - "damit keine Missverständnisse aufkommen können", sagte Otmar Karas, der neue VP-Delegationsleiter in Brüssel.

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SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim steht wegen angeblichen Lobbyings für Kunden seiner Anwaltskanzlei unter Beschuss. Ihm wurde vorgeworfen, er habe die Monopolstellung der Staatsdruckerei attackiert und gleichzeitig einem deutschen Konkurrenten der Staatsdruckerei seine anwaltlichen Dienste angeboten. Ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers, das er Nationalratspräsidentin Barbara Prammer übermittelte, entlastete Jarolim in dieser Causa. Demnach habe er weder Rechnungen gelegt noch Zahlungen erhalten. Jarolim wird außerdem angelastet, einen AUA-freundlichen Gesetzesentwurf zum Thema "Flughafenentgelt" an den "Zivilluftfahrtbeirat" geschickt zu haben. Jarolim, der seit 1989 Firmenanwalt der AUA ist,  dementiert auch diese Vorwürfe.

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Hans-Peter Martin, der 2009 bei der EU-Wahl um mehr Transparenz und mehr Kontrolle in Europa warb und mit seiner eigenen Namensliste 17,7 Prozent erhielt, wird von seinem ehemals engsten Mitarbeiter Martin Ehrenhauser schwer belastet. Ehrenhauser erstattete gegen Martin Anzeige gegen angeblichen Missbrauchs von Parteienförderungsgeldern. Martin habe rund eine Million Steuergeld zu seinen Gunsten verwendet.

Martin wies dies umgehend als "haltlos und rufschädigend" zurück, kündigte Klage gegen Ehrenhauser wegen Verleumdung wie Datenmissbrauch an und beteuerte, dass er private Abrechnungen und solche seiner Liste HPM streng getrennt habe. Pikant an der Geschichte: Bereits im Vorjahr hatte eine ehemalige Mitstreiterin Martins dieselben Vorwürfe gegen ihn erhoben.

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Karl-Heinz Grasser, der in der schwarz-blauen Regierung zuerst von der FPÖ und danach von der ÖVP zum Finanzminister gemacht wurde, soll in seiner Funktion als Finanzminister den Privatisierungsprozess der Bundeswohnungen (BUWOG) zugunsten der Immofinanz beeinflusst haben. Grasser weist das strikt zurück und betont, der Deal sei "supersauber" abgelaufen.

Der Vorwurf gegen Grasser lautet auf Verdachts auf Amtsmissbrauch, Untreue und Bruch der Amtsverschwiegenheit. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Die BUWOG-Affäre betrifft auch den ehemaligen FPÖ-Politiker Walter Meischberger, der auch der Trauzeuge von Karl-Heinz Grasser ist. Er soll von der Privatisierung profitiert haben. Die Wochenzeitung "Falter" veröffentlichte Ende Dezember Telefonprotokolle der Sicherheitsbehörden, wonach Meischberger sich nicht einmal erinnern konnte, was er für mehrere hunderttausend Euro an Berater-Provision überhaupt gemacht hat. In Gesprächen mit Grasser und dem Immobilienmakler Ernst Karl Plech lässt er sich die Zusammenhänge erklären. Einmal fragte Meischberger sogar: "Wos woar mei Leistung"? Der Ausspruch avancierte mittlerweile zum geflügelten Wort.

Foto: APA/Pfarrhofer

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Der Lobbyist Peter Hochegger saß früher als ÖVP-Abgeordneter im Steiermärkischen Landtag. Neben seinen Freunden Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger zählt er zu den Schlüsselfiguren in der BUWOG-Affäre. Hocheggers Name taucht aber auch in anderen Affären immer wieder auf. Zuletzt berichteten Medien beispielsweise über Ermittlungen zum Flughafen Wien, bei dem ein Auftrag an ihn wegen des Verdachts auf Untreue strafrechtlich untersucht wird. Vom Telekomkonzern bekam der Lobbyist über zehn Jahre 25 Millionen Euro an Honoraren bezahlt - zu der Zeit war sein Freund Karl-Heinz Grasser Finanzminister und Eigentümervertreter der teilprivatisierten Telekom war. Es besteht der Verdacht der Untreue.

Foto: APA/Schlager

Im Zuge der Lobbying-Diskussion griff ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger den SP-Abgeordnete Kurt Gartlehner an. Gartlehner kassierte vom Buwog-Lobbyisten Peter Hochegger kolportierte 60.000 Euro. "Bis heute haben wir von der SPÖ dazu kein Sterbenswörtchen gehört", kritisiert Kaltenegger.

Gartlehner hatte seine Tätigkeit schon im Vorjahr verteidigt. Er hatte ab Mitte 2007 rund eineinhalb Jahre für Hochegger gearbeitet und dafür rund 3.000 Euro monatlich erhalten. Sein Arbeitsschwerpunkt sei die Errichtung von Windparks in Osteuropa gewesen, betonte Gartlehner damals.

 

Foto: Parlamentsdirektion / Mike Ranz

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FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist der Verpflichtung nach Offenlegung seiner Nebeneinkünfte auf der Parlaments-Homepage nicht nachgekommen. Kickl wird von der Wiener FPÖ für Öffentlichkeits- sowie Medienarbeit enlohnt, jegliche Angabe darüber, so die Zeitung. Die Offenlegung wurde mittlerweile nachgeholt.

Nachdem die "Kleine Zeitung" den Mandatar darauf angesprochen hatte, meldete er offensichtlich seine Nebentätigkeit in der Parlamentsdirektion, wenige Stunden später war die Homepage aktualisiert. Als Rechtsträger, von dem Kickl ein Einkommen bezieht, wird die FPÖ Wien genannt. Laut dem Bericht hat Kickl den Fehler eingestanden: "Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte; Wir werden das gleich reparieren."

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Das Magazin "News" deckte auf, dass die Werbeagentur "Connect", die der FPK gehört, indirekt der Parteienfinanzierung diente. Dokumente deuten darauf hin, dass die Firma einem Klagenfurter Rechtsanwalt Aufträge des Landes Kärnten vermittelt und dafür hohe Provisionen kassiert hat.

Nachdem der Fall bekannt worden war, liquidierte die FPK ihre Werbeagentur. Der FPK-Landtagsabgeordnete Manfred Stromberger legte all seine Funktionen zurück. "Ich war damals als Landesgeschäftsführer verantwortlich und ziehe deshalb die Konsequenzen", begründete Stromberger.

Foto: APA/Pfarrhofer

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Die "Connect"-Affäre brachte auch FPK-Chef Uwe Scheuch unter Druck. Wirklich brenzlig könnte für ihn aber die so genannte "Part of the game"-Affäre für ihn werden, in der Scheuch angeklagt ist. Grund der Anklage ist ein Gespräch aus dem Jahr 2009, in dem Scheuch die Bereitschaft signalisiert haben soll, einem potenziellen russischen Investor im Gegenzug für ein Investment die österreichische Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Der Kärntner Freiheitliche soll zudem für seine Partei eine Spende gefordert haben. Es existiert ein Tonbandmitschnitt des Gesprächs, das vom News-Magazin veröffentlicht wurde. Scheuch beteuert weiterhin seine Unschuld.

Foto: APA/Eggenberger

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Gegen BZÖ-Mandatar Stefan Petzner ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der illegalen Wahlkampffinanzierung. Der Verdacht lautet auf Amtsmissbrauch und Untreue im Zusammenhang mit einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Werbebroschüre, die kurz vor der Kärntner Landtagswahl 2009 an alle Kärntner Haushalte verschickt wurde.

Außerdem könnte Petzner in die Affäre rund um die freiheitliche Werbeagentur "Connect" verwickelt sein.

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Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete und ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sitzt im Aufsichtsrat des deutschen Energiekonzerns RWE und steht deshalb immer wieder unter Beschuss. Schüssel wird vorgeworfen, ein Atomstrom-Lobbyist zu sein, da der deutsche Energiekonzern unter anderem sieben Kernkraftwerke betreibt.

Angesichts der voraussichtlichen Mandatsverlängerung als RWE-Aufsichtsrat forderten zuletzt FP-Energiesprecher Norbert Hofer und Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner Schüssels Rücktritt.

 

Foto: APA/Schlager

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Christian Horner, Landesgeschäftsführer der SPÖ Oberösterreich, kritisierte den VP-Abgeordneten und ehemaligen Vizekanzler Wilhelm Molterer. Horner forderte mehr Transparenz im Zusammenhang mit Molterers Tätigkeit für den Stahlkonzern voestalpine. Er will die Verträge und Honorare der Projekte offenlegen.

Horner kritisierte auch den voestalpine-Generaldirektor, weil dieser die Anstellung des Linzer SP-Geschäftsführers Christian Forsterleitner mit dem Argument abgelehnt hatte, der börsenotierte Konzern wolle den Anschein von Parteinähe vermeiden.

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Wolfgang Kasic, ein ÖVP-Abgeordneter im steirischen Landtag, soll seit 2007 für eine von ihm herausgegebene Gratiszeitung namens "BezirksRevue" 78.000 Euro vom Glücksspielkonzern Novomatic lukriert haben – durch ganzseitige Inserate. KPÖ und Grüne fordern in der Steiermark seit Jahren die Erhöhung der Abgaben für Glücksspielautomaten. Diese brächte dem Land, wäre sie gleich hoch wie in Wien, im Jahr über 20 Millionen extra fürs Budget. Die ÖVP stimmte alle diesbezüglichen Anträge nieder. Der Leiter des Glücksspiel-Unterausschusses im Landtag war Kasic. KPÖ und Grüne forderten seinen Rücktritt. Kasic konterte, die Zeitung sei seine Privatsache und er "agiere als Abgeordneter trotzdem völlig unabhängig".

Foto: Steirische VP

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Der ehemalige Vizekanzler Hubert Gorbach (erst FPÖ, dann BZÖ) verantwortete als Verkehrsminister den Verkauf der ÖBB-Bodensee-Schifffahrt an den Vorarlberger Touristik-Unternehmer Walter Klaus, nach seiner politischen Laufbahn arbeitete er für Klaus. Derzeit betreibt Gorbach das eigene Beratungsunternehmen "Gorbach Consulting", das sich auf Infrastruktur spezialisiert hat.

Er betreut unter anderem Projekte in Russland und Weißrussland. Als in Weißrussland, das als letzte europäische Diktatur bezeichnet wird, Präsidentschaftswahlen abgehalten wurden, fungierte Gorbach als Wahlbeobachter. Seine Beobachtung: Die Wahlen hätten - zumindest in den Bereichen, die er beobachtet habe - "westeuropäischen Standards vollauf entsprochen" hätten. Im Übrigen könne man sich manches von Weißrussland abschauen - etwa, dass Jungwähler im Wahllokal ein Geschenk erhalten, sagte Gorbach.

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Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) war nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt Ende 2008 auf seinen alten Arbeitsplatz in der niederösterreichischen Arbeiterkammer zurückgekehrt, hatte den Job aber nach einem halben Jahr an den Nagel gehängt. Seither fungiert er als Berater. In seinem Lebenslauf  nach der Politikerkarriere stehen unter anderem: Arbeit für den in der BUWOG-Affäre verstrickten Lobbyisten Peter Hochegger (Anm. diesen Job hat er jedoch beendet), Berater für die WAZ-Mediengruppe, Aufsichtsrat in der Signa-Recap-Holding des Immobilieninvestors Rene Benko, Beratung des Präsidenten von Kasachstan - das Land wird autoritär regiert.

Gusenbauer ist Europa-Direktor des Investmentfonds Equitas European Funds, der personelle Verflechtungen mit dem niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic hat. Bei dem Bauunternehmen Strabag, das zurzeit am Ausbau des Atomkraftwerkes Mochovce beteiligt ist, sitzt Gusenbauer im Aufsichtsrat. Der Ex-Kanzler betreibt außerdem eine eigene Firma namens "Gusenbauer Entwicklungs und Beteiligungs-GmbH".

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Der ehemalige FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold erhielt als Eurofighter-Lobbyist vom Rüstungskonzern EADS mehr als sechs Millionen Honorar. 114.000 Euro sollen allein für die Organisation von Minister- oder Herausgebergesprächen verrechnet worden sein, rund 96.000 Euro für die Abhaltung einer Pressekonferenz.

Die Rechnungen waren nach Meinung von PR-Kollegen weit überhöht. Rumpold stand im Verdacht, Teile des Honorars an politische Entscheidungsträger weiter gereicht zu haben. Die Justiz verzichtete dennoch darauf, seine Konten zu öffnen.

Ob der Prozess fortgeführt wird, entscheidet sich noch.

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Fünf Tage vor der Nationalratswahl 2008 trat Alexander Zach, Bundessprecher des Liberalen Forums, wegen Vorwürfen zurück, für den Eurofighter-Hersteller EADS Lobby-Arbeit betrieben zu haben, obwohl die Liberalen gegen den Abfangjäger aufgetreten waren. Zach betonte, sein Rücktritt sei "keinesfalls ein Schuldeingeständnis". Das LIF warb damals mit Slogan: "Aufrichtigkeit. Offenheit. Fairness. Das wäre doch eine Dreierkoaliton für die nächste Regierung!"

Schon 2006 stand der Zach in der Kritik. Der damalige Chef des Liberalen Forums war Geschäftsführer von euro:contact, die von der Strabag bezahlt wurde, um das ungarische Autobahnprojekt M5 für den Baukonzern anzuleiern. Dabei soll Schmiergeld an die ungarischen Sozialisten geflossen sein. (red, derStandard.at, 18.4.2011)

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