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Integration ist eine gemeinsame Verantwortung "der einen" und "der anderen" – und nicht die Erwartung, dass "die einen" oder "die anderen" sich so verhalten, leben, kleiden, sein sollten wie man selbst.

Foto: epa/Paul Zinken

Integration bedeutet, kurz gefasst, dass "die einen" mit "den anderen" kommunizieren wollen, vielleicht auch sollten. Es bedeutet, miteinander in Kontakt zu treten und sich gegenseitig in die jeweiligen Kreise – für eine bestimmte Zeit – aufzunehmen. Das Gegenteil davon ist einseitiges oder gegenseitiges Ausschließen und Separieren.

Integration ist also ein dynamischer, länger andauernder und differenzierter Vorgang des Zusammenwachsens und versteht sich als unverzichtbar geteilte und gemeinsame Verantwortung "der einen" und "der anderen".

Dabei können verschiedene Konstellationen auftreten:

  • Manche "der einen" tun sich schwer, "die anderen" aufzunehmen, manche tun sich dabei leichter.
  • Manche "der anderen" tun sich schwer, mit "den einen" in Kontakt zu treten, manche tun sich dabei leichter.

Erfolgreiche Integration gelingt nicht, wenn sich "die einen" oder "die anderen" auf die Erwartung zurückziehen, dass "die einen" oder "die anderen" sich so verhalten, leben, kleiden, sein sollten wie man selbst.

Keine Einbahnstraßen

Integrationsprozesse sind keine Einbahnstraßen, sondern Herausforderungen für "die anderen" und "die einen". Wer für diesen komplexen Prozess Strafen einführen will, der fördert die Desintegration, die Auflösung des sozialen Zusammenhalts in einer Gruppe, einer Gesellschaft. Desintegration führt zu Desorientierung, einer wesentlichen Ursache für die Entstehung von Gewalt.

Was ist denn nun strafbares Verhalten?

Strafen sind auf Straftaten anzuwenden, die durch klare Beschreibungen des strafbaren Verhaltens und der schädigenden Wirkungen auf andere Menschen oder Gruppen definiert werden. Die Vertreter der Bestrafung von "integrationsunwilligen anderen" mögen uns ("den einen" und "den anderen") daher genau erklären und beschreiben, woran und an welchem Verhalten genau wir (die Betroffenen und Beteiligten an der täglichen Integration) erkennen könnten und sollten, dass der Tatbestand der "Unwilligkeit" an der Beteiligung am Integrationsprozess vorliegt.

Sollte diese Präzisierung – wider Erwarten – nachvollziehbar gelingen, dann müsste – dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend – der etwaige Bruch der definierten "Verhaltensregeln zur erfolgreichen Gestaltung von Integration" für alle Beteiligte gelten und geahndet werden. Für die "die einen" wie auch für "die anderen", in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten (Berufsleben, Schule, Verein).

Integration ist Teamarbeit

Gerade der steirische Landeshauptmann Franz Voves müsste als ehemaliger Eishockey-Nationalspieler aus eigener Erfahrung wissen, wie Integration gelingen kann, wenn Stärkere, Schwächere, "Alte", "Junge", "die einen" und "die anderen" dynamisch und in einem langen Prozess zu einem Team zusammenwachsen. Da muss man erst gar nicht den Sozialdemokraten bemühen. Für gelingende Integration sind auf Basis gemeinsamer Verantwortung vielseitige Bemühungen, politische Klugheit, Versuche des Überwindens von Grenzen und vor allem Zivilcourage vonnöten. Aber eines gewiss nicht: unreflektiertes und beschämendes Auseinanderdividieren "der einen" und "der anderen". (Fritz Weilharter, derStandard.at, 5.2.2015)