Gerechtigkeit mit dem Holzscheit

Nichts ist so, wie es einmal war, als Chris Vaughn (Dwayne "The Rock" Johnson), nach Jahren bei den US-Special Forces, in sein ländliches Heimatdorf zurückkehrt.

Die Kids rauchen in aller Öffentlichkeit Marihuana, die ehemaligen Highschool-Freundinnen strippen im selben Kasino, in dem die ehemaligen Highschool-Freunde als Rausschmeißer arbeiten. Und der Sheriff sieht dem sündhaften Treiben tatenlos zu – anders als Chris.

Foto: Centfox

Walking Tall - Auf eigene Faust ist das Remake eines B-Movie-Hits aus den 70ern von Phil Karlson.

Joe Don Baker sorgte damals mit der für die Nixon-Ära charakteristischen Brachialität – nämlich mit dem Holzscheit – für Recht und Ordnung in seiner Gemeinde.

Zu selbigem Utensil greift nun auch der frühere Wrestler The Rock: Er lässt sich zum Sheriff ernennen, ...

Foto: Centfox

... holt seinen laxen Kumpel Ray (Johnny Knoxville, Star der MTV-Serie Jackass) als Deputy an Bord und leistet zivilen Widerstand, erst mit Fäusten, dann mit Faustfeuerwaffen.

Da solche Geschichten über Männer mit rechtschaffener Wut im Bauch heutzutage kaum mehr ernsthaft erzählt werden können – dafür fehlen ihnen das repressive Umfeld und nicht zuletzt wohl auch die Konsumenten –, setzt Regisseur Kevin Bray auf den Faktor Spaß:

Foto: Centfox

Knoxville personifiziert ohnehin eine Männlichkeit, die sich über Schmerzen komisch ihrer selbst vergewissert – und der Hardbody The Rock liefert in den Prügelszenen dafür den Anschauungsunterricht. (kam)

österreichweit
walkingtall.foxfilm.de
walkingtallmovie.com

Fotos: Centfox

Unheimliche Wiedergänger

US-Regisseur Robert Altman verbindet man seit jeher mit Ensemblefilmen. Sein neuester Film The Company – ursprünglich mit DV gedreht – beschäftigt sich mit einer Ballett-Truppe.

Mit dabei sind das Joffrey Ballett aus Chicago mit Domingo Rubio, Malcolm McDowell als Choreograph, Susie Cusack, James Franco - und im Zentrum Neve Campbell, die vor ihren einträglichen Filmrollen als Scream-Dream-Teen-Queen schon ernsthaft getanzt hatte und nun quasi ein Comeback erarbeitet.

Fotos: Concorde

Zwischen eher lose angeordneter Dramatik und dokumentarischem Interesse an einer realen Ballettaufführung und ihrer Entstehungsgeschichte oszilliert dieser Film, bei dem Campbell auch produzierte und mitschrieb.

Ausführlicheres siehe in einer Besprechung von Isabella Reicher
'Talentierte Tänzerin sucht Regisseur'

österreichweit
sonyclassics.com/thecompany

Fotos: Concorde

Nicole Kidman führt wiederum die prominente Besetzungsliste von The Stepford Wives an, dem Remake eines vor allem in den USA sprichwörtlich gewordenen Science-Fiction-Dramas aus den Siebziger Jahren: Quasi als Kontrast zu Hippietum und Emanzipation wurde da eine gespenstisch extra-saubere Vorstadt vorgeführt, in der die Hausfrauen nur deshalb noch so Fifties-protoypisch erscheinen, weil sie durch weitäugige Androiden ersetzt wurden. Mit derber Komik arbeitet nun Regisseur Frank Oz, mit Spottlust angesichts des Wissens, dass die Konkurrenz Disney neben Filmen auch solche Pseudo-Idyllen real fabriziert – siehe etwa Celebration in Florida.

Foto: UIP

In eine treffende Parodie einer "Gated Community" kommt jedenfalls ein (ebenfalls etwas schwächelnder) Matthew Broderick als Gatte und trifft im örtlichen Männerbund auf einen Christopher Walken mit mephistophelischer Note, während Kidmann mit einer Glenn Close konfrontiert ist, deren Rolle stark einer realen Berühmtheit angenähert erscheint: Martha Stewart, "Neo-Con"-Multitalent, Aufsteigerin, "Verkörperung traditioneller Familienwerte" - und aktuell vor einer Gefängnisstrafe wegen Wertpapierbetrugs und Justizbehinderung.

Fotos: UIP

Ausführlicheres über die Qualitäten und Grenzen dieser Sozialsatire rund um eine erfrischend agierende bis überstrahlende Nicole Kidman siehe in einer Besprechung von Isabella Reicher
'Auf Knopfdruck glücklich'

österreichweit
uip.de/diefrauenvonstepford
stepfordwives.com

Foto: UIP

Weiters: Im Wiener Filmcasino findet vorerst, von 16. bis 18. Juli, noch das erste Internationale Independent Video- & Filmfestival Ohne Kohle, statt ...

Details, Programm: ohnekohle.net


... bevor im Rahmen des Sommerkinos die im regulären Programm als Spider-Man's Love Interest MJ omnipräsente Kirsten Dunst (Interview zum Film) in Sofia Coppolas träumerisch morbidem The Virgin Suicides (1999; 19.7., 20:00) zu sehen ist.

A propos träumerisch morbid:

Foto: Polyfilm

Parallel zu einer längerfristigen Ausstellung im Museum Moderner Kunst (MuMoK) läuft im Filmcasino bis 12.8. eine vom US-Künstler Mike Kelley kuratierte Filmreihe, die sich den Facetten des Umheimlichen widmet. Eröffnet wird am Samstag mit James Whales Horrorklassiker Frankenstein (Bild), tags darauf ist George Romeros modernes Pendant Night of the Living Dead zu sehen, dann folgen Todd Brownings Freaks und bald schon Dario Argentos Suspiria. Bildungsgut.

Mehr siehe in einem Artikel von Michael Pekler
'Im Banne des Unheimlichen'

Programm: filmcasino.at
Ergänzend: mumok.at

Foto: Filmcasino

Auch ein großes Beispiel fürs Unheimliche im Kino: die Skelette, die Jason and the Argonauts zu bekämpfen hatten – damals, 1963, im gleichnamigen Film, der am 19.7., 21:30 zu besichtigen ist.

Beim Kino unter Sternen, das dieses Jahr dem Schöpfer einer der spektakulärsten Tricksequenzen der Filmgeschichte, Ray Harryhausen, ein Tribute gewidmet hat.

Siehe dazu ein von Isabella Reicher geführtes Interview mit Harryhausen 'Sympathie für den Tyrannosaurus Rex'

Foto: Kino unter Sternen

Weitere bedingte Wochen-Tipps für dieses Open-Air in Wiens Augarten gelten Godards lange unterspielter, anspielungsreich ironischer, jugendlicher Komödie Bande à part von 1964 (20.7.), ...

... und einem an einem berückenden See angesiedeltes Preview, des Koreaners Kim Ki-Duk (The Isle) medidative Studie über Jahreszeiten und Lebensphasen Spring, Summer, Fall, Winter ... and Spring (22.7., jew. 21:30).

Programm und Details: kinountersternen.at

Foto: Kino unter Sternen

Das Filmarchiv Austria kümmert sich in Ciné Méditerranée, einer langfristigen Filmreihe parallel im Wiener Augarten und im Metro Kino, breit gefächert um das filmische Kulturerbe der Mittelmeer-Anrainer.

Eine der Sub-Reihen widmet sich "Diven" wie etwa Sophia Loren, die im Metro Kino am 20.7., 21:30, in der Diebeskomödie Schade, daß du eine Kanaille bist einen ihrer willensstarken Auftritte hinlegt und zwei Tage darauf in Wie herrlich eine Frau zu sein nachlegt (19:00).

Details, Programm: Filmarchiv.at

Foto: Filmarchiv

Animiert: Unter dem schönen Titel Unsichere Himmel werden im Rahmen des VOLXkinos an zwei Abenden "20 Jahre Animationsfilm an der Angewandten" begangen:

Zu sehen sind bei freiem Eintritt in Wien-Ottakring am Yppenmarkt jeweils nach dem Hauptfilm (16.7. Tony Gatlifs Gadjo Dilo, 17.7. Andrea Maria Dusls Blue Moon, Programmbeginn 21:30) Arbeiten von Hubert Sielecki (im Bild Book Factory – mehr dazu unter www.husi.priv.at) sowie von Studierenden aus drei Dekaden.

Übersichtsprogramm: VOLXkino.at

Foto: Volxkino

Stadtkino, Votivkino, Krieau, Neugebäude, ... das Programm des Sommerkinos in Wien ist vielfältig bis kaum überblickbar - mehr zum aktuell Laufenden findet sich auch auf der breit angelegten Kinosommer-Sonderseite.

Hier nur noch ein kleiner Tipp am Rande: Peter Mettlers erhellende Dokumentation von Ausflügen zu Gambling, Gods and LSD und anderen Transzedenz-Versuchen läuft von 16. bis 21.7. jeweils um 22:00 im Topkino. Wer's noch nicht kennt und drei Nachtstunden erübrigen kann ...

Details, Programm: topkino.at

Foto: Polyfilm

Hinaus aus Wien zu Burgromantik:
Die Umrisse der Burg Eggenburg geben die imposante Kulisse für das ebendort bis 8.August laufende Mondscheinkino ab. Thematisch passend ließe sich ein Besuch von Peter Jacksons Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs (22. 7.) nach- oder wiederholen. Wenn man lieber auf Kontrast setzt: Johnny Depp wankt zur Eröffnung zur Eröffnung (15.7., 21:00) als schlaksiger Pirat durch die vergnügliche Themenparkwelt von Fluch der Karibik. (kam)

Mondscheinkino Eggenburg, Krahuletzpl. 1, 3730 Eggenburg. Programm: mondscheinkino.eggenburg.at

Foto: Buena Vista

Die abrundende Vorschau widmet sich Begierden, die vor Statuen nicht Halt machen und final einen Jesus-Darsteller aus Marquis de Sades Schloss wanken lassen:
Luis Bunuels Surrealismus-Bomber L'Age d'or eröffnet am 23.7. vier Programmtage zu Cine y musica. Live-Begleitungen, Flamenco, einen Scheich, Neuvertonungen und eine senegalesische Carmen verspricht diese Kooperation zwischen der Österreichischen Filmgalerie und dem Musikfestival Glatt & Verkehrt bis 26.7. (jew. 20:00) in der Minoritenkirche von Krems-Stein.

Informationen: filmgalerie.at
Karten: glattundverkehrt.at

hc.leitich auf Grundlage von:
Dominik Kamalzadeh (kam)
(DER STANDARD, 15. 7. 2004)

Foto: Filmgalerie