Neve Campbell

Foto: Constantin

Wien – Der handelsübliche Ballettfilm sieht für gewöhnlich so aus: Talentierte junge Tänzerin muss sich gegen Selbstzweifel, eifersüchtige Kolleginnen und monomanische Impresarios durchsetzen, das Herz des Solotänzers gewinnen und am Ende, verschwitzt, aber glücklich, den Schlussapplaus für die erste erfolgreiche Premiere entgegen nehmen.

The Company / Das Ensemble, der jüngste Film des US-Regisseurs Robert Altman, begleitet eine Saison des Chicagoer Joffrey Ballets und kommt auch nicht ganz ohne vergleichbare narrative Standards aus. Allerdings hat er sie weitgehend in den Hintergrund gerückt, und zwar zugunsten eines beobachtenden Gestus, der zunächst einmal ein größeres Personengefüge – ein Ensemble eben – und einen Arbeitszusammenhang im Auge hat, bevor sich allmählich Einzelne profilieren.

Für einen Altman-Film ist das nichts Ungewöhnliches, sein immerhin sechsunddreißigster Kinospielfilm hat aber trotzdem eine spezielle Entstehungsgeschichte: Die Idee zu dem Projekt stammt von Hauptdarstellerin Neve Campbell. Die kanadische Schauspielerin, die man aus Serien im Fernsehen (Party of Five) und im Kino (Scream 1 bis Scream 3) kennt, wurde ursprünglich als klassische Tänzerin ausgebildet.

Nun hat sie sich quasi selbst die Rolle der jungen Tänzerin Ry, die es von der Zweitbesetzung zur Nachwuchssolistin schafft, auf den Leib geschrieben, gemeinsam mit Barbara Turner das Drehbuch für The Company verfasst und Robert Altman, den ausgewiesenen Fachmann für die filmische Inszenierung jedweden Kollektivs, für den Film gewonnen. Und ein bisschen hat es den Anschein, als hätte sich der Regisseur die Geschichte nur bedingt zu Eigen gemacht.

Im Unterschied zu anderen Arbeiten des inzwischen 79-jährigen Regisseurs, in denen noch für Kürzestauftritte Hollywoodstars verpflichtet wurden, stehen neben Campbell oder Malcolm McDowell vor allem Tänzerinnen und Tänzer des Joffrey Ballets, dessen Team und die Choreografen Lar Lubovitch und Robert Derosieres vor der Kamera.

Und im Zentrum des Films stehen Proben, Besprechungen und Aufführungen – darüber hinausgehende, erzählerische Elemente des Films bleiben derart fragmentarisch, dass man eigentlich gleich auf sie verzichten hätte können.

So wirkt es vor allem aufgesetzt, wenn Campbell nach der Arbeit am Theater auch noch nächtens als Kellnerin in einer Disco jobben muss oder sich so nebenbei in einen verständnisvollen Jungkoch (James Franco) verliebt.

Andererseits kann man sich dafür beim Zusehen auf die Tanzszenen konzentrieren: In seinen besten Momenten – einem traurigen Pas-de-deux zu "My Funny Valentine", einem fließenden Tanz mit einer Schaukel – erreicht der Film dabei jenen Ausnahmezustand, in dem die Körper ganz von der Intensität des Tanzes bewegt erscheinen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 7. 2004)