In Österreich gebe es zwar weniger "Kahlgeschorene, die unter sich bleiben", als in Deutschland, dafür würden hierzulande die "gutaussehenden" Jugendlichen "mitten in ihrer Jugendkultur" rechtsextremes Gedankengut verbreiten. Das sagte Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees, im Ö1-Mittagsjournal am Donnerstag. Diese Jugendlichen würden sich in ihrer Klasse oder im Betrieb ganz klar zu ihrer Gesinnung bekennen und gäben unter den Gleichaltrigen den Ton an, so Mernyi. "Ausbilder und Lehrer wenden sich an uns", so Mernyi, und würden von diesem Phänomen berichten.

Raimund Fastenbauer von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien ist ebenfalls der Meinung, dass rechtsextreme Einstellungen immer mehr zum Mainstream gehören. "Die rechtsextreme Szene ist deshalb gefährlich, weil sie sich nicht nur auf schlagende Burschenschaften beschränkt, sondern auch im Schickimicki-Stil in den Discos verbreitet wird", so Fastenbauer. Dass extreme Rechte zum österreichischen Mainstream gehören, beweise auch der Dritte Parlamentspräsident Martin Graf, so Fastenbauer im Ö1-Interview.

Ob einzelne Vertreter der rechten Parteien direkten Einfluss auf die Einstellung der Jugendlichen haben, kann man schwer belegen. Ebenso sollte man sich davor hüten, alle Jungen, die die FPÖ "cool" finden (ca. 50 Prozent) oder sie gar wählen würden (42 Prozent), sofort ins extreme rechte Eck zu stellen. Doch was wissen wir überhaupt über die (politische) Einstellung der österreichischen Jugend und über ihre vermeintliche Fremdenfeindlichkeit?

Die letzte Studie, die diese Frage beantworten wollte, stellte sich leider als zu dürftig heraus und wurde von Experten zu Recht kritisiert. Außerdem untersuchte sie nur die Einstellung der Wiener Jugendlichen. Tendenzen, die sie aufzeigte, deuten allerdings in Richtung "Migranten-Feindlichkeit". Dieses Phänomen scheint aber nicht nur junge Österreicher zu betreffen. Laut einer europaweiten Studie, hegen Österreicher große Antipathie gegenüber MigrantInnen: In keinem anderen Land sagten so viele Menschen, sie würden sich "MigrantInnen nicht als Nachbarn wünschen", wie in Österreich.

Alle diese Befunde, Trends und Ergebnisse müssen ernst genommen werden. Es reicht nicht, Verunsicherung ob der wirtschaftlichen Krise zu attestieren und die Jugendlichen der nächsten rechtspopulistischen Wahlkampagne zu überlassen, deren Losungen reißerisch und die angebotenen Lösungen viel zu einfach sind.

Es deprimiert und alarmiert, dass in einem Land mit einer Vergangenheit wie der österreichischen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus von den Jungen akzeptabel oder gar als "cool" gesehen werden. Altlasten können das kaum sein. Hier wachsen Menschen heran, die sich in der multiethnischen Welt, in der sie in Zukunft Leben müssen, nicht zurechtfinden.

Wenn die Einschätzungen von Willi Mernyi und Raimund Fastenbauer tatsächlich für einen großen Teil der Jugend zutreffen, bleibt nur der erneute Appell zu umfassender politischer Bildung. Und zwar noch in der Pflichtschule. Dringend notwendig ist auch ein Geschichtsunterricht, der klare Bezüge zur Gegenwart zeigt und Aufarbeitung zum Ziel hat. Den Jungen muss außerden vermittelt werden, dass das Phänomen der Migration keine persönliche Bedrohung darstellt und zur Realität der globalisierten Welt gehört. Nur so sind sie gegen Verhetzung und Vereinnahmung gewappnet. Nur so können wir in Zukunft auf ein konfliktarmes Miteinander hoffen. (Olivera Stajić, daStandard.at, 20.1.2012)