Bereits im April betrat Amazon zumindest in den USA mit dem FireTV das Parkett der Medien-Streaming-Devices. Auf diesem sind Apple mit dem AppleTV, Roku mit gleichnamigen Produkten und Google mit dem Chromecast bereits omnipräsent vertreten. Ist das FireTV wie bereits das FirePhone der nächste Hardware-Flop aus dem Hause Amazon? Hierzulande ist die Streaming-Box noch nicht verfügbar, der WebStandard konnte dank Eigenimport einen genaueren Blick auf das Gerät werfen.

Äußerliches und Innenleben

Amazons FireTV präsentiert sich in ähnlichem Gewand wie das AppleTV, nur mit etwas mehr Ecken und Kanten. In Puncto Innenleben unterscheiden sich die beiden Geräte allerdings erheblich. Während beim FireTV ein Snapdragon 600-Quadcore-Prozessor zusammen mit zwei Gigabyte Arbeitsspeicher zum Einsatz kommen, wird das AppleTV lediglich von einem A5-Single-Core-Prozessor und 512 Megabyte RAM angetrieben. Die leistungsstarke Austattung merkt man dem FireTV deutlich an - die Menüsteuerung erfolgt äußerst flüssig, etwaige Aussetzer oder verlängerte Ladezeiten sind nicht zu vermerken. Als Betriebssystem kommt Fire OS zum Einsatz, welches auf Googles Android basiert.

So sieht Amazons FireTV aus. Die Streaming-Box ist 38,3 mm x 139,9 mm groß und wiegt 68 Gramm.
Daniel Koller/derStandard.at

Start und Inbetriebnahme

Startet man Amazons FireTV muss dieses zuerst einmal eingerichtet und mit einem Netzwerkzugang versorgt werden. Dies kann entweder per WLAN- oder Ethernet-Verbindung geschehen. Wurde diese aufgebaut, verlangt die Streaming Box nach einem Amazon-Account. Dieser ist beim FireTV Pflicht, ohne ist das Gerät nicht verwendbar. Wurde der Weg ins Netz gefunden und eine Verbindung mit einem Amazon-Account aufgebaut, wartet auch sogleich eine übersichtliche Startseite mit den meistgenutzten Apps und etwaigen Film- und Serien-Empfehlungen auf. Dieser Empfehlungskatalog gilt allerdings ausschließlich für Amazons eigenes Angebot in Form von Prime Instant Video.

Die Startseite wartet mit Apps- und Spiele-Empfehlungen auf und zeigt Filme und Serien aus dem Amazon Prime Instant Video-Katalog an.
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(Sprach-)Steuerung

Die Steuerung der Streaming-Box erfolgt über eine beigelegte Fernbedienung welche die Befehle mittels Bluetooth übermittelt. Hier hat Amazon die Möglichkeit der Sprachsteuerung gegeben, was bei Film- oder Serientiteln mit englischsprachigen Namen zumeist sehr gut funktioniert. Auch deutschsprachige Titel sind dadurch auffindbar. Zusätzlich können auch Services wie Netflix oder andere Dienste per Sprachbefehl gestartet werden. Auch hier besteht nur geringer Verbesserungsbedarf, da dies zumindest bei genauer Aussprache recht zuverlässig funktioniert. Hierbei sei noch erwähnt, dass die Suche nach Filmen oder Serien sich ausschließlich auf Prime Instant Video beziehen, der Netflix-Katalog kann nicht per Sprachsteuerung durchforstet werden.

Die beigelegte Fernbedienung wird mit zwei AA-Batterien betrieben. Neben der Steuerung mit den Tasten sind auch Sprachbefehle und -suchen möglich.
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Angebot & Spielekonsole

Neben Prime Instant Video, Netflix, YouTube, RedBull TV und beispielsweise Vevo sind auch diverse Mediatheken zugänglich. Weitere Anbieter wie Whatchever und Maxdome wollen nachziehen und eigene Apps auf das FireTV bringen.

Neben filmischer Kost sind mit dem FireTV auch kleine Games-Happen möglich. So bringt die 38,3 mm x 139,9 mm große Box mobile Spiele-Titel wie Angry Birds, Minecraft Pocket Edition oder etwa Terraria auf den Fernseher. Weitere Games können direkt über Amazon erstanden werden und landen dann automatisch auf dem Gerät. Gesteuert werden die Titel mit einem eigenen Controller, der in Österreich bereits für 39,99 Euro verfügbar ist.

Amazons FireTV bietet jeweils einen USB-, HDMI-, Optical Audio- und Ethernet-Anschluss. Dazu gesellt sich noch ein Netzteil-Anschluss.
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XBMC (bald Kodi)

Die wohl größte Stärke der Streaming-Box wird von Amazon offiziell gar nicht unterstützt: XBMC. Das freie Mediencenter kann ohne Root und größeren Aufwand auf dem FireTV installiert und eingerichtet werden. Einen kleinen Schönheitsfehler gibt es allerdings, so wurde der USB-Eingang von Amazon künstlich beschnitten, sodass keine externe Festplatte an die Streaming-Box angehängt werden kann. Aufgrund der etlichen Plugins und der Möglichkeit auf DLNA bietet das freie Mediencenter trotzdem einen deutlichen Mehrwert.

Um XBMC auf das FireTV zu bringen sind nur wenige Schritte nötig. Zuerst muss die IP-Adresse des Geräts ermittelt und notiert werden. Danach ist es erforderlich, in den Systemeinstellungen ADB-Debugging sowie die Installation von Apps jenseits von Amazons Appstore zu aktivieren. Nun muss die passende XBMC-APK-Datei (Android-Version mit ARM-Architektur) heruntergeladen werden. Mitsamt den Tools Fire TV Utility App oder Adbfire und der notierten IP-Adresse ist es dann kinderleicht, das freie Mediencenter auf der Streaming-Box zu installieren.

Amazons FireTV zeigt Sideloading-Apps jedoch nicht auf der Startseite, sondern nur in den Einstellungen an. Auch hierbei gibt es mehrere Lösungen. Die einfachste ist die Installation des FiredTV Launchers über die bekannte Methode mit genannten Tools. Dadurch erhält die Streaming-Box einen individuell gestaltbaren Launcher, bei dem auch XBMC angezeigt wird.

Der FiredTV-Launcher ermöglicht es, XBMC sofort beim Start anzuzeigen. Weitere Apps können ebenso hinzugefügt werden.
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Netflix US, Pandora oder Hulu Plus

Wer übrigens die hierzulande nicht verfügbaren Dienste wie Netflix US, Pandora oder Hulu Plus verwenden möchte, kann im Gegensatz zu Googles Chromecast auf veränderte DNS-Einträge zurückgreifen. Die kostenpflichtigen Dienste Unlocator.com oder Unblock-us.com bieten hierbei Lösungen, um die US-Services nutzen zu können. Die Verwendung von Amazon Prime Instant TV US ist mit dieser Methode allerdings nicht möglich.

Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass auch Nutzer von Universalfernbedienungen mit dem FireTV auf ihre Kosten kommen können. Offiziell unterstützt die Streaming-Box nur die Steuerung mittels Bluetooth, über den USB-Anschluss kann allerdings ein Infrarot-Dongle angeschlossen werden, um gleichzeitig Fernseher und FireTV zu verwenden. Eine Empfehlung kann hier für das Unternehmen Flirc ausgesprochen werden, die mit einem gleichnamigen Dongle und einfach nutzbarer Software derartige Lösung anbieten.

Offiziell ist die Steuerung der Streaming-Box nur mittels der eigenen Fernbedienung und Bluetooth möglich. Mittels Infrarot-Dongle (hier von Flirc) ist auch die Nutzung mit einer Universal-Fernbedienung möglich.
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Fazit

Insgesamt liefert Amazon mit dem FireTV eine rundum gelungene Medien-Streaming-Box, die sich aufgrund der verbauten Hardware sowie der guten Bedienung von der derzeitigen Konkurrenz abgrenzt. Ärgerlich ist allerdings, dass für die Nutzung des Geräts ein Amazon-Konto notwendig ist. Durch kleines Tuning - Stichwort XBMC - kann das volle Potential des FireTVs entfaltet werden, was es zu zu einem der derzeit besten Streaming-Boxen am Markt macht. Abzuwarten ist nun, wann Amazon das Gerät nach Österreich und mit welchen Anbietern bringt. Sollte das FireTV auch hierzulande 99 Euro kosten, kann eine klare Empfehlung ausgesprochen werden. (Daniel Koller, derStandard.at, 06.12.2014)