Kein gutes Haar finden die Bewerber naturgemäß im jeweiligen Konzept des anderen: Wrabetz gegen Grasl.

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Wien – Feindseligkeiten pflastern ihren Weg: Nur noch wenige Tage trennen Alexander Wrabetz und Richard Grasl von ihrem Ziel, ab 2017 Österreichs größtes Medienhaus zu führen. Allein, nur einer wird es erreichen. Der olympische Gedanke zählt nicht, Fairness ebenfalls immer weniger. Über Medien richten die Kandidaten einander mit Sachargumenten garnierte Boshaftigkeiten aus.

Gegenseitige Kritik

Kein gutes Haar finden die Bewerber naturgemäß im jeweiligen Konzept des anderen: Wrabetz kritisiert in "Heute" die Pläne des Konkurrenten zur Geschäftsführung: Grasl wolle "die meiste Macht, die je ein ORF-General hatte. Er will viele Kompetenzen in die Chefetage eingliedern, alles im Team absprechen, alleine entscheiden und letztlich bei Misserfolgen nicht schuld sein." Das arte "ein bisserl in Wahlkampf aus", sagt Wrabetz im "Heute"-Interview.

Grasls Konzept sieht vier Direktionen für TV-Programm, TV-Information, Radio und Digital und darunter eigene Channel-Manager und Chefredakteure vor. Finanzen und Technik will er in die Generaldirektion eingliedern, auf das gesetzlich vorgesehene Weisungsrecht verzichten. Redakteure stellt er bei der Bestellung von Redaktionsleitern und Chefredakteuren ein Vetorecht in Aussicht.

Der Kritisierte hält dagegen: Wrabetz' Konzept bedeute "den brutalsten Zugriff auf die Information und die Redaktionen, den es jemals in der Geschichte des ORF gegeben hat", sagt Grasl. "Ich warne eindrücklich davor, das Konzept, dass alle Chefredakteure einem Generaldirektor als Super-Informationsdirektor unterstellt sind, umzusetzen. Wer diese Struktur einmal in die Hände bekommt, kann unendlichen Druck auf die Redaktionen ausüben."

Wrabetz plant für die nächste Geschäftsführungsperiode mit einer Programmdirektion, Radiodirektion, Kaufmännischen Direktion und Technischen Direktion. Daneben soll es in der Generaldirektion auch einen Chief Digital Officer geben. Und Wrabetz möchte ein Channel-Management mit Channel-Managern und Channel-Chefredakteuren im Fernsehen einrichten. Diese Chefs von ORF 1 und ORF 2 sollen dem Generaldirektor unterstehen. Wrabetz wäre damit indirekt auch den Informationsverantwortlichen vorgesetzt.

Pilz wärmt E-Mailverkehr auf

Weitere Sticheleien kommen vom Grünen Peter Pilz. Auf Twitter veröffentlichte der Abgeordnete am Donnerstag einen weiteren Mailverkehr von 2002 zwischen Grasl und dem damaligen Innenminister Ernst Strasser. Grasl war zu dem Zeitpunkt Chefredakteur im Landesstudio Niederösterreich, "nie im Leben" würde er daran denken, Strasser beim Sommerfest "nicht herzuzeigen", schreibt Grasl in dem Mail. Tags zuvor veröffentlichte Pilz, wie berichtet, ein Dankesmail Grasls 2002 an Strasser "für die bisherige Unterstützung" im Zuge seiner Bestellung zum Chefredakteur.

Küberl hält Wrabetz und Grals für "wählbar"

Hinter den Kulissen steigt die Hektik. Die wahlentscheidenden oppositionellen Stiftungsräte werden in Meetings umworben. Diese halten sich bedeckt. Der scheidende Caritas-Direktor Franz Küberl hält Wrabetz wie Grasl für "wählbar", sagte er Kathpress. Der grüne Stiftungsrat Wilfried Embacher zeigte sich zuletzt gegenüber Grasls Konzept skeptisch.

Nicht in die Karten schauen lassen sich Hans Peter Haselsteiner (Neos), Norbert Steger (FPÖ) und Günter Leitold (Team Stronach). Am 9. August wählen 35 Stiftungsräte den nächsten ORF-Generaldirektor. SPÖ und ÖVP sorgen mit 13 zu 13 über "Freundeskreise" zuordenbare Stimmen für eine Pattstellung. (prie, APA, 4.8.2016)