"Linz braucht einen Strand" – das gefällt 6.624 Linzerinnen und Linzern auf Facebook. Bei einer Einwohnerzahl von weniger als 200.000 Personen schon eine ordentliche Anzahl. Kein Wunder, dass die Stadtpolitik aufgeschreckt ist, und im Gemeinrat mit einer Kommission die Möglichkeiten prüfen möchte. Schließlich hat Wien mit der Donauinsel, der Strandbar Herrman und dem Badeschiff gezeigt, wie man die Nähe zum Fluss nutzen kann – und "Linz an der Donau" ja eine Marke darstellt.

Doch es lohnt sich, genauer hinzuschauen – denn was genau bedeuten denn diese ganzen "Gefällt mir"? Tatsächlich nicht viel. Ein "Like" ist mit einem Klick vergeben – und danach auch schnell wieder vergessen. Nur wenige verfolgen mit Interesse alle ihre Gruppen und Seiten – bei 80 Mitgliedschaften im Schnitt pro User ist dies auch kaum möglich.

Sinnhaftigkeit

Auch die Frage der Sinnhaftigkeit, wenn in Linz ein Strand gefordert wir, muss natürlich gestellt werden. Mit mehreren Lokalen direkt an der Donau und einigen Bademöglichkeiten ist der Fluss durchaus für die Besucherinnen und Besucher erschlossen, mit Veranstaltungen wie der Klangwolke, den Bubble Days und dem Ufern sind auch genügend Aktivitäten geschaffen – denn schließlich muss die Stadt auch eine Finanzierung sicherstellen. Für Linz, dass angesichts drohender Zahlungen für den SWAP-Deal und dringender Investitionen im Verkehrsbereich kaum Spielraum hat, eigentlich nicht schaffbar. Denkbar ist ein privater Investor – der sich natürlich nur lukrativer Bereiche annehmen wird, und somit nur einen Teil der Lösung darstellt.

Klicks sind schnell erreicht, aber auch nicht viel wert

Wer aber steckt eigentlich hinter dieser Zahl von 6.000 Menschen? Natürlich würde man hier aufgrund der Forderung mit politisch interessierten StadtbewohnerInnen rechnen, die womöglich auf Ignoranz mit organisierten Aktivitäten reagieren – doch so ist es nicht.

So ist schon die Zusammensetzung der Facebook-NutzerInnen ist ein Zeichen, dass die Zahlen hier mit Vorsicht zu verwenden sind. So ist die Gruppe der über 40-jährigen noch immer weit unterrepräsentiert, und auch untere soziale Schichten sind weniger in digitalen Netzwerken vertreten. Fast noch wichtiger ist es aber die Frage, woher denn diese ganze Unterstützung kommt. Von billig zu erwerbenden Fake-Accounts über EinwohnerInnen der Nachbargemeinde, denen ganz einfach eine Idee gefällt, bis hin zu Touristen, die nur Informationen suchen, kann kaum überprüft werden, wer wirklich eine Idee unterstützt.

Auch der Auftritt einer Initiative in sozialen Netzwerken hat großen Einfluss auf die Beteiligung. Online sind bunte Bilder, schöne Grafiken und knackige Slogans leicht verbreitet , während die Umsetzung gesellschaftlicher Projekte in all ihren Mühen, von der Beschlussfassung über die Planung hin zu Errichtung, Bewerbung und der nachhaltigen Nutzung unausgesprochen bleibt. Ob ausgehungerte rumänische Straßenhunde, retuschierte Unterwäschemodels, Landschaftsbilder mit philosophischen Sprüchen oder Weisheiten aus der Kindheit - wir stimmen allem zu, wenn jemand den richtigen Ton trifft und wir durch ein passendes Foto, ob echt oder gefälscht, dazu angestiftet werden.

Kurze Reaktionszeit kann ein langes Nachspiel haben

Von diesen vielen Faktoren, die Klicks in sozialen Netzwerken relativieren, wissen natürlich sowohl die Initiatoren als auch die Stellen, an die sich die Antragssteller wenden. Warum also diese Reaktionen? Die Antwort ist die gleiche wie bei fast allen gesellschaftlichen und politischen Bewegungen: Die Medien.

Seit 2011 eine kleine Geburtstagsfeier von über Tausend Besuchern gestürmt wurde, ist Facebook als Zahlenquelle ein Garant für Leserzahlen. Und auch die Gefahr die von politischen Mitbewerbern droht, die sich über die neuen Medien organisieren, wie Piraten und Neos, ist groß.

Kein Wunder also, dass die geforderten PolitikerInnen lieber heute als morgen Aktionen setzen, um ihre Aktionsbereitschaft zu zeigen. Doch die Folgen können weiter reichen, als den handelnden Personen lieb ist. Denn das Netz vergisst nicht - und während manche Kampagnen schnell wieder einschlafen, wie Faymanns "Team Kanzler" und andere nach Umsetzung schnell wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden wie das Tschisi-Eis, ist das Revidieren bei Aussagen von PolitikerInnen kaum möglich - wie Norbert Darabos 2013 schmerzhaft erfahren musste.

Wie also sollen EntscheidungsträgerInnen mit online ausgedrückten Wünschen der Bevölkung umgehen? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Sinnvoll ist jedoch, den digitalen Unterstützern auch über die klassischen Kommunikationsformen zu begegnen. So wird vielleicht aus der angekündigten Riesenparty doch nur ein Kindergeburtstag. Einen guten Einblick in den Umgang von Politik mit Social Media gibt Yussi Pick in seinem Buch "Das Echo-Prinzip". (Leserkommentar, Bernhard Mader, derStandard.at, 3.2.2014)