Aales gut, ein bisschen fest: Gang 1

Roma
Castelletto Stura/Piemont
Vier Gänge, Wein, Wasser, Kaffee: 47,50 Euro

Netter sitzen, links Ausläufer des Weinsymbols im Osteriaführer

Acht Stunden im Ofen und doch echt fest: Ula aus Fleisch und Gemüse

Hahnenkamm-Abfahrt 2011/12: Finanziera mit Farbtupfern

Und das Ziegenmilcheis - sehr cremig, aber doch nicht so obersuper wie weiland das Sauermilchsorbet

Fotos: Harald Fidler

Kann man steiler abfahren als von einer Skisprungschanze wie jener in Bischofshofen? Der Hahnenkamm soll ja  einzigartig sein, ob im Vergleich mit der Schlierenzauerei, kann ich natürlich nicht sagen. Aber wir stehen ja vor der legendären Abfahrt, da muss auch Schmeck's Bezug nehmen, naturgemäß. Naturgemäß mit Hahnenkämmen.

Leiderleider, diesmal gingen sie sich nicht aus bei Obauers, worüber sich vermutlich auch junge Bekannte freuten. Die servieren ja ihre Paprikakutteln mit Bergkäse inzwischen mit Hahnenkämmen. Sehr sympathisch, sehr sympathisch piemontesisch fand ich. Aber ich hatte meine Ration der Saison ja längst abgeholt, wo sie herkommen. 

Aaler Anfang ist schwer

Dreimal bin ich am Roma vorbeigefahren, trotz Navi. Ein neues Leiden? Lokalneglect? Aber so leicht geb ich ja nicht auf, schon gar nicht, wenn ich Hunger habe. Und ich hätte wirklich etwas verpasst in Castelleto Stura, nicht weit von Cuneo, ja, im südlicheren Piemont. Mit einer Schnecke und einem Weinsymbol hebt der Osteriaführer das Roma hervor. In diesem Fall durchaus zurecht, fand ich. Das muss ja nicht so sein.

Aal muss hier aber sein, fand ich, mariniert. Nicht ganz leicht, sein Fleisch unter Wahrung von Eleganz und Anstand von seinen Gräten zu lösen. Aber eine durchaus feine Sache.

Ula ist sehr heiß und nur bedingt gleitfähig

Ebenso zwingend erschien mir hier Ula al forno. Angekündigt als sehr traditionelle Gemüse- und Fleischsuppe, die acht Stunden im Ofen verbracht hat, bevor sie zu Tisch kommt. Womit wir beim ersten und auch gleich eindrucksvollsten Breigericht hier wären: Eine sehr dicke, sehr zähflüssige, braune Pampe, die aber ziemlich schön schmeckt. Wenn man beim ersten Löffel nicht zu gierig war. Denn: Sehr dicker Brei versteht es ja sehr gut, acht Stunden Ofenhitze noch sehr, sehr lange zu halten und erst, das aber sehr plötzlich an Zunge und Mundverkleidung abzugeben.

Sehr hilfreich auch, dass die Suppe mit einem Fläschchen feinen Olivenöls serviert wird. Die Ula ist so dickflüssig, dass ein Gleitmittel durchaus angebracht erscheint. Ich mochte sie. Falls das jetzt nicht so rüberkommt.

Brei zwei, mit Hahnenkamm

Brei zwei: Finanziera. Einmal pro Piemontsaison muss die schon sein. Mit Hahnenkämmen, und was man Federvieh halt sonst noch an interessanten Teilen entnehmen kann. Im Roma mit überraschend viel Gemüse, knackigen Erbsen zum Beispiel. Die ermöglichen dem Auge mitzuessen, das sich sonst vom doch recht eintönigen Graubeige des Gerichts gelangweilt abwenden könnte.

Nicht die beste Finanziera meines Lebens, die würde ich nach bisherigem Kenntnisstand vielleicht eher in Calliano suchen oder in Priocca, wo ich eigentlich viel zu lange schon nicht mehr gegessen habe. Aber: Auf die Hahnenkämme im Roma kann man schon ganz gut abfahren, zählen durchaus zum Spitzenfeld.

Ziege, Milch, Eis: Fidler wird sentimental

Vielleicht machte mich diese Abfahrt übermütig. Vielleicht hatte ich einen meiner sentimentalen Momente, die sich meist auch an Essen festmachen. Der Osteriaführer berichtete von einem hausgemachten Ziegenmilcheis - und schon sah ich die Dessertkarte in meiner Hand. Inständig hoffte ich, etwas vermessen bei der Ankündigung, klar, auf ein Wiedersehen mit dem Sauermilchsorbet auf dem Pogusch. Das schönste, unsüßeste Dessert meines Lebens (von denen es allerdings nicht so viele gab).

Dolci!!!!!!!!!! steht auf der Dessertkarte. Müssen schon sehr überzeugt sein von ihrem süßen Schaffen. Oder sehr wenig, was sie mit Rufzeichen zu kompensieren versuchen. Egal: Das Ziegenmilcheis im Kaffeehäferl war sehr, sehr, sehr cremig. Sehr, sehr, sehr milchig. Und selbst für mich Dessertverweigerer: sehr gut. Aber dennoch vollkommen ungeeignet, das Sauermilchsorbet abzulösen. Aber das oder was ähnlich Gutes find ich auch noch. Und wenn ich bis ans Ende meiner Tage Wirtshäuser ausprobieren muss. Okay, das hatte ich ohnehin vor.