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Nationalstaaten werden erkennen müssen, dass sich globale Probleme nicht auf der nationalen Ebene werden lösen lassen.

Foto: REUTERS/Benoit Tessier

In den vergangenen Monaten – besser gesagt Jahren – lässt sich ein Muster in den politischen Problemstellungen der Nationalstaaten erkennen: Es treten unerwartete Ereignisse ein, die sie durch eigenes Engagement nicht lösen können. Begonnen hat diese Kette an Ereignissen bereits mit der Banken- und Finanzkrise, die nur mit den gebündelten Kräften der Eurostaaten und massiven Interventionen der EZB unter Kontrolle gebracht wurde.

Durch die neue Migrationsbewegung werden die EU und ihre Mitgliedsländer vor eine erneute Herausforderung gestellt, die sie selbst nicht lösen können, geschweige denn unter Kontrolle bringen können. Nun werden stetig neue "Lösungen" für dieses Problem gesucht, jedoch besinnen sich die betroffenen Länder ihrer eigenen, vergangenen, Stärken und kommen zu dem Schluss, durch Abschottung – sei es nun durch "feste, technische Sperren" oder eine nicht vorhandene solidarische Kooperation – könne dieses eine Problem unter Kontrolle gebracht werden.

Politische Kurzsichtigkeit

Obwohl alle Beteiligten stets eine Lösung nur auf europäischer Ebene zu finden wissen, ist es nicht möglich, sich auf eine gemeinsame Linie in den politischen Gremien zu einigen. Hierbei zeigt sich eine verheerendes Muster an politischer Kurzsichtigkeit, die so oder so das Potenzial hat, den Nationalstaat in Europa von der Karte verschwinden zu lassen.

Wie eine Ende August veröffentliche Untersuchung des World-Resources-Instituts zeigt, sind die Pegelstände der Grundwasserreservoirs in Nordafrika und dem Nahen Osten durch die starke Bevölkerungszunahme massiv bedroht. Halten die aktuellen Trends an, so liegt im Jahr 2040 die Wasserentnahme bei mehr als 80 Prozent der Vorräte. Für 80 bis 100 Millionen Menschen zusätzlich wird das Wasser knapp. Die düstersten Prognosen sprechen von einer unbewohnbaren Golfregion, aus der die Menschen vermutlich fliehen werden müssen. Europa hat währenddessen reichlich von dem wichtigsten Rohstoff der Welt, und wohin die Fluchtbewegung der Menschen – aus diesen genannten Regionen – sich richten wird, kann sich jeder denken.

Klimawandel macht Druck

Spätestens dann werden die Nationalstaaten erkennen müssen, dass sich globale Probleme nicht auf der nationalen Ebene werden lösen lassen. Denn sollte bis dahin die EU nicht zu einer bewussten, realen politischen Einheit werden, in der nationales Denken keinen Platz hat, werden spätestens unter dem Druck des Klimawandels die Nationalstaaten des 20. Jahrhunderts und deren "Festung Europa" vor dem Zerfall stehen. Hoffnung für die Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels besteht noch, allerdings sind es auch hier die Egoismen der nationalen Wirtschaftsinteressen, die diesen Keimling zunichtemachen. (Matthias Keppel, 1.12.2015)