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Millennials schauen Youtube, lineares Fernsehen ist nicht ihr Leitmedium.

Foto: REUTERS/Dado Ruvic

Im Grunde treffen sich auf den Österreichischen Medientagen die Chefs und Manager der österreichischen Medienhäuser und reden. Viel. Sagen Sätze wie "Lineares TV ist nach wie vor das Leitmedium". Manchmal hören sie auch zu. Der Altersdurchschnitt und die Outfits sind vergleichbar mit dem Publikum eines Kaffeehauses im ersten Bezirk – minus Touristen. Am 22. und 23. September war es wieder einmal so weit. Zum 22. Mal veranstaltete der Manstein-Verlag den Fachkongress für die Medien- und Kommunikationswirtschaft.

Familienaufstellung der Medienwirtschaft

Man könnte die Medientage auch als Familienaufstellung der österreichischen Medienwirtschaft bezeichnen. Wo stehen wir, wie stehen wir zueinander, wie stehen wir zu anderen, wie stehen wir zu Außenseitern? Ich besuche die Messe seit vielen Jahren, und seit Jahren ist sie sehr unterhaltsam. Alle gegen jeden, die Privaten gegen den ORF, Fellner gegen Brandstätter, alle gegen Google. Die Konferenz gab von jeher einen guten Überblick, was die Chefetagen der Medienszene derzeit beschäftigt – und weniger darüber, wohin die Reise geht.

Doch dieses Jahr war anders. Youtube und Google sind nicht mehr die Feinde. Sie sind jetzt Partner. Überhaupt gibt es eine Menge Partner und kaum noch Konkurrenz, zumindest innerhalb Österreichs. Puls 4 etwa will Geld, der ORF mehr Sachen machen dürfen. Das ist aber eher ein Scharmützel.

Ganz ohne Feinde geht es trotzdem nicht: Die sind Netflix, Amazon Prime Video und "Disruptoren aus dem Nicht-EU-Ausland". Es herrschen selten Einigkeit und Ehrlichkeit, dass man hier nichts und auch wirklich gar nichts entgegenzusetzen hat. Gehofft wird auf die österreichische Politik, was vom anwesenden Politiker, Staatssekretär Harald Mahrer, in einer durchaus amüsanten Rede gleich wieder abgeschmettert wird. Gehofft wird auf die EU, was im Publikum zu Gelächter führt. Gehofft wird auf Start-ups.

Millennials – unbekannte Wesen unter 30

Start-ups sind ein Wirtschaftsgut, mit dem man anscheinend alles machen kann und das alles löst: Start-ups gehen gerne auf Pitch-Events und buhlen dort um Geld, Start-ups lassen sich in die Seestadt übersiedeln, Start-ups machen all die Sachen, die Medienunternehmen nicht machen, und wenn man sie unterstützt, haben sie dann die Lösung – für die großen Medienunternehmen. Ach ja, und anscheinend schauen sie gerne "2 Minutes 2 Millions".

Start-ups lösen das Millennial-Problem?

Millennials sind anders. Sie schauen Youtube. Vertrauen Youtube-Stars. Posten auf Instagram, Snapchat und Whatsapp (nicht Facebook). Überhaupt ist inzwischen angekommen, dass Mobil eine große Sache ist. Es wird auch nicht mehr "Second Screen" genannt, sondern einfach nur noch das, was es ist: Smartphones! Millennials leben am und über das Smartphone – und sind irgendwie anders. Auf den Medientagen sind sie vertreten von jenen Personen, die dem Publikum bei Fragen das Mikrofon reichen. Wie man Millennials – nicht die Mikrofone – erreicht, davon haben Medienunternehmen keine Ahnung.

Wer auf das Podium sollte

Hinter dem Rücken über Millennials und Start-ups zu reden ist schwach. Start-ups sind keine Waren und Millennials keine Produkte. Wenn Start-ups ein großes Thema sind, dann gehören sie ins Plenum. Nicht um etwas zu präsentieren, sondern um zu diskutieren und zu streiten. Deshalb nicht nur Start-up-Investoren einladen, sondern echte Start-ups. Ach ja, Start-ups haben nicht auf euch gewartet! Start-ups pitchen nicht gerne. Das ist etwas, das man machen muss, wenn man Geld oder Kontakte braucht, nicht Sinn und Zweck. Start-ups ziehen nicht gerne dorthin, wo die Stadtverwaltung gerade einmal glaubt Büros aufstellen zu müssen. Und Start-ups hassen und verachten "2 Minutes 2 Millions"! Und Start-ups denken anders als das theoretische Konstrukt von Start-ups, welches auf den Medientagen umfassend besprochen wurde.

Wenn man Millennials erreichen will, dann sollten sie ebenfalls oben sitzen auf dem Podium. Auch wenn sie den Reigen von mattgrauen Anzügen stören. Und bitte hört auf, sie Millennials zu nennen! (Franz Enzenhofer, 25.9.2015)