Zukunft nahe dem Böhmerwald: Familie Jarach fühlt sich dank der Unterstützung aus der Bevölkerung in ihrer neuen Heimat wohl.

Werner Dedl

Klaffer – Gut sei das Leben in Duma immer gewesen. Eyad Jarach denkt gerne zurück an früher. An die unbeschwerten Tage mit seiner Familie in dem nordöstlichen Vorort von Damaskus. Ein kleines Haus, der Job als Medizintechniker in der Hauptstadt: "Wirklich schön war es." Doch der Krieg in Syrien ändert schlagartig alles. In Duma wüten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad besonders schlimm. Die Stadt ist das Ziel von unzähligen Bombenangriffen der syrischen Luftwaffe, die Angriffe gegen Rebellenstützpunkte fliegt. Dutzende von Zivilisten kommen ums Leben.

Für Eyad Jarach, seine Frau Hala Oyoun und Sohn Karam wird die Situation 2011 immer schwieriger: "In der Straße vor unserem Haus wurde geschossen. Oft haben wir uns im dunklen Keller versteckt. Man hört die vielen Bomben draußen. Die Angst ist unbeschreiblich." Der kleine Karam ist zu da gerade einmal ein Jahr alt.

Seine Arbeitsstelle in Damaskus ist für den 34-Jährigen ab diesem Zeitpunkt unerreichbar. Doch Eyad Jarach ist ein Mann der Tat. Der junge Syrer will helfen. "Ich habe als Sozialhelfer Kriegsopfer betreut."

Doch die Lage wird immer prekärer. Eyad Jarach erfährt über einen Informanten, dass seine Verhaftung droht und Assads Schergen bereits nach ihm suchen. Der 34-Jährige weiß im Dezember 2012, dass der Zeitpunkt gekommen ist, der Heimat den Rücken zu kehren.

Flucht im Lastwagen

Rund 1000 Dollar zahlt Jarach den Schleppern für jedes Familienmitglied. In einem Geländewagen wird die Familie in die Türkei gebracht. Ein Jahr bleibt man dort. Ende 2013 setzt Eyad Jarach mit Frau und Kind die Flucht fort – mit dem Lastwagen nach Österreich. Enge, Hitze, Ungewissheit – nach unzähligen Stunden öffnen sich plötzlich die Türen. "Mitten in der Nacht sind wir in einem Wald gestanden. Keiner wusste wo genau, aber wir waren glücklich, wir waren in Österreich." Heute weiß Eyad Jarach, dass er damals auf Tiroler Boden stand. Die erste Station der Familie in Österreich war Innsbruck.

323 Kilometer davon entfernt sitzt heute beim "Schnitzelwirt" in der kleinen Gemeinde Klaffer am Hochficht eine junge Familie, die neuen Lebensmut gefasst hat. Nach einem kurzen Aufenthalt im Erstaufnahmenzentrum Thalham fanden Eyad, Hala und Karam eine Bleibe in dem Gasthaus in der oberösterreichischen Gemeinde nahe der tschechischen Grenze.

Vor allem dem Engagement im Ort ist es zu verdanken, dass nach dem Erlebten im Gesicht von Eyad Jarach heute ein breites Lächeln strahlt. "Wir wurden hier so liebevoll aufgenommen. Mit dieser Herzlichkeit hat man uns die Angst genommen."

Längst ist die Familie im Ort integriert. Eyad Jarach übersetzt für Flüchtlingskinder in der örtlichen Volkschule, hilft, wo immer etwas zu tun ist – und selbst beim jährlichen Kräuter-Kirtag darf die syrische Familie nicht fehlen.

Deutsch hat Eyad Jarach übrigens in kürzester Zeit gelernt: "Nur mit dem Mühlviertler Dialekt ist es halt schwierig." Doch für lokale Sprachvarietäten hat die Familie ohnehin noch ausreichend Zeit. Jetzt gilt es, sich nach dem positiven Asylbescheid für die ganze Familie in der neuen Wohnung in Aigen im Mühlkreis so richtig einzuleben. Und die Führerscheinprüfung zu meistern. (Markus Rohrhofer, 12.6.2015)