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Wo im Schulsystem soll gespart werden? Geht es nach Ministerin Heinisch-Hosek, wird der Ausbau der Ganztagesschulen zurückgefahren.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Wien - Die Sparvorgaben im Bildungsbereich halten die Regierung auf Trab und haben auch einen neuen Machtkampf zwischen Bund und Ländern um die Zuständigkeiten in der Schulverwaltung ausgelöst. derStandard.at nimmt die aktuelle Debatte zum Anlass, das Bildungswesen näher unter die Lupe zu nehmen und Aussagen diverser Beteiligter auf den Prüfstand zu stellen.

Äußerst umstritten ist zunächst schon die Frage, ob in der Bildung überhaupt gespart werden soll und kann. Der Bildungsforscher Günter Haider kritisierte Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) dafür, "dass gerade eine sozialdemokratische Ministerin den Kürzungsrasenmäher so kräftig schiebt". Rechnungshof-Präsident Josef Moser wiederum sieht in den Sparvorgaben kein Problem und argumentiert, im Bildungsbereich seien die Ausgaben in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen.

Wie haben sich nun die Zahlen tatsächlich entwickelt? Laut Statistik Austria sind die Bildungsausgaben seit Beginn des Jahrtausends von 10,96 Milliarden Euro auf 17,1 Milliarden im Jahr 2012 gestiegen. Somit haben sie wesentlich stärker zugelegt als die gesamtstaatlichen Ausgaben oder auch die österreichische Wirtschaftsleistung (BIP).

Die Inflation lag im gleichen Zeitraum sogar nur bei 31 Prozent. Was man allerdings wissen muss: In den Daten der Statistik Austria sind auch die Ausgaben von Ländern und Gemeinden sowie Zahlungen für die Hochschulen berücksichtigt. Die Sparvorgaben für Heinisch-Hosek in Höhe von 87 Millionen Euro für das heurige Jahr beziehen sich hingegen nur auf den Schulbereich im engeren Sinn.

Daher macht ein Blick auf die Ausgaben nach Bildungseinrichtungen Sinn. Und hier zeigt sich: Die Steigerungsraten seit 2000 fallen sehr unterschiedlich aus. Nicht überraschend ist, dass die Ausgaben für Kindergärten um mehr als 100 Prozent gestiegen sind. Schließlich haben alle Regierungen der jüngeren Vergangenheit den Ausbau des Betreuungsangebots für Kleinkinder zum Ziel erklärt.

90 Prozent plus bei Unis

Was ebenfalls auffällt: Die Universitäten, die stets über Budgetknappheit klagen, zählen - zumindest statistisch - auch zu den Gewinnern. Hier sind die Ausgaben um mehr als 90 Prozent gestiegen. Bei den Fachhochschulen (nicht in der Grafik) lag die Steigerungsrate sogar bei 126 Prozent.

Die Verwaltungsausgaben, die zuletzt wieder massiv in der Kritik standen, sind hingegen nur moderat gestiegen - um 32 Prozent, also ziemlich genauso stark wie die Inflation. Eine vernachlässigenswerte Größe ist der Verwaltungsbereich freilich trotzdem nicht: Immerhin werden rund 1,5 Milliarden Euro unter diesem Posten ausgegeben.

Zur Einordnung dieser Entwicklungen ist ein ergänzender Blick auf die Rahmenbedingungen nötig. So ist die Zahl der Schüler seit 2000 deutlich gesunken, um 7,2 Prozent. Jene der Studenten hat um 20,9 Prozent zugelegt. Schulstandorte gab es zuletzt um 10,6 Prozent weniger als im Jahr 2000. Die Zahl der Lehrer ist im gleichen Zeitraum aber mehr oder weniger konstant geblieben. Die Details dazu liefert diese Grafik:

Naheliegend ist, dass der Mitteleinsatz pro Kopf in Sonderschulen höher ausfällt. Hier gibt es einen größeren Personalbedarf. In den Berufsschulen liegen die Kosten pro Schüler um zwei Drittel über jenen der AHS.

Angesichts des Streits, ob die Länder künftig noch mehr Kompetenzen im Schulbereich bekommen sollen, drängt sich noch die Frage auf, auf welcher Ebene die Kostensteigerungen am stärksten ausgefallen sind. Rückenwind für eine der beiden Seiten liefern die Zahlen nicht wirklich. Seit 2005 (weiter zurück reicht hier der Vergleich nicht) sind die Ausgaben des Bundes um 35 Prozent gestiegen, jene der Länder um 31 Prozent.

Mehr als die Hälfte aller Mittel, nämlich 9,4 Milliarden Euro, gab zuletzt der Bund aus. In welchen Bereichen die verschiedenen Gebietskörperschaften ihre Mittel einsetzen, zeigt dieses Chart:

Tatsächlich ist der Bundesanteil bei der Finanzierung freilich noch deutlich höher. Rund 3,5 Milliarden Euro flossen 2012 nämlich in Form von Transfers vom Bund an die Länder. Es handelt sich im Wesentlichen um den von Heinisch-Hosek zuletzt kritisierten Kostenersatz für Landeslehrer im Pflichtschulbereich. Was die Ministerin stört: Der Bund muss auch für Lehrer zahlen, die die Länder über den vereinbarten Stellenplan hinaus anstellen.

Bei den Investitionen im baulichen Bereich dürfte der Bund nun wieder zurückfallen. Wie berichtet möchte Heinisch-Hosek ihr Budgetproblem zum Teil dadurch lösen, dass sie die Mittel für den Ausbau von Ganztagsschulen heuer um 50 Millionen kürzt, wenngleich sie in der ZiB2 betonte, dass sie bis 2018 weiter das Ziel verfolge, 200.000 Betreuungsplätze zu erreichen. Dramatisch hochgefahren hatte der Bund seine Investitionen seit 2000 ohnehin nicht. Im Jahr 2012 wurden 604 Millionen Euro für Bautätigkeiten ausgegeben - rund 30 Prozent mehr als zwölf Jahre zuvor. Lediglich im Jahr 2010, also unmittelbar nach Ausbruch der Wirtschaftskrise, wurde mit 735 Millionen Euro deutlich mehr für Investitionen ausgegeben. (Günther Oswald, Florian Gossy, derStandard.at, 25.4.2014)

Update: Auf vielfachen Wunsch reichen wir hier den Chart mit der Aufschlüsselung der Ausgaben nach. Über 60 Prozent oder 10,5 der mehr als 17 Milliarden Euro wandern in das Personal. Diese Kosten steigen weiter: 2010 wurden noch ziemlich genau zehn Milliarden dafür ausgegeben, 2011 waren es 10,2, 2012 sind es nun 10,5 Milliarden. Von den 600 als Investition deklarierten Millionen fielen 302 bei den Universitäten an. Von den 654 Millionen, die an private gemeinnützige Einrichtungen überwiesen wurden, ging ein Großteil (482 Millionen) an Kindergärten und an Fachhochschulen (82 Millionen). Hinter der relativ hohen Summe von 420 Millionen Euro, die an Unternehmen transferiert wurden, verstecken sich zum Beispiel ebenfalls die Fachhochschulen. Sie haben davon 235 Millionen erhalten. Hier sind auch ihre Personal- und Sachaufwände enthalten. (flog)