Wien – Eine einfache und wesentlich schonendere Therapie gegen die Vorstufe des Gebärmutterhalskrebs, der durch eine Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) entsteht, haben Wiener Forscher entwickelt. Dabei wird eine Säure angewandt, die traditionell für medizinische und kosmetische Schälkuren wie eine Art "Peeling" verwendet wird.

Die Wissenschafter des Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien und des AKH Wien zeigten, dass bei 82 Prozent der Patientinnen nach nur einer Anwendung eine komplette Remission (Rückgang der Erkrankung, Anm.) erzielt werden konnte. Die Studie wurde im Februar im Fachblatt "Obstetrics & Gynecology" veröffentlicht.

Kein erhöhtes Risiko für Frühgeburt

Wenn Frauen an schwerwiegenden Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs leiden, ist ein operativer Eingriff, die sogenannte Konisation, die klassische Therapie. Als Nebenwirkung ist dabei allerdings ein deutlicher Anstieg der Frühgeburtsrate zu beobachten. Durch das Auftupfen von 85-prozentiger Trichloressigsäure auf die betroffenen Areale am Gebärmutterhals, wird den Frauen das Risiko einer Frühgeburt erspart, wie die Wissenschafter in ihrer Studie berichten.

Die Anwendung der Säure führt dazu, dass die erkrankten Bereiche verschorft werden. Es kann zu geringen Schmerzen im Zuge des Eingriffs und einem Ausfluss kommen, der rund zwei Wochen dauert und von der Schleimhaut herrührt, die nach der Behandlung abgestoßen wird.

Keine Grundlage für breite Anwendung

"Das Ergebnis ist äußerst positiv, denn der Eingriff ist für Experten auf dem Gebiet der HPV-bedingten Veränderungen am Gebärmutterhals sehr einfach durchzuführen", sagt der Leiter der Studie, Paul Speiser von der Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Universitätsfrauenklinik der MedUni Wien. "Es bedarf außerdem lediglich einer geringen Einschulungszeit, man benötigt keine Geräte oder andere OP-Infrastruktur und die Säure selbst ist auch günstig. Damit steht uns eine echte Alternative bei der Therapie dieser Erkrankung zur Verfügung, die auch für ärmere Länder sehr interessant ist."

Die 85-prozentige Trichloressigsäure wird schon seit langer Zeit bei medizinischen und kosmetischen Schälkuren eingesetzt. Darüber hinaus wird sie für die Behandlung von Gewebeveränderungen eingesetzt, die durch HPV-Infektionen im Analbereich herrühren.

Dieser Anwendungsbereich brachte Speiser auch auf die Idee, die Substanz im Bereich des Gebärmutterhalses einzusetzen. Die vorliegende Studie, die im Rahmen einer Diplomarbeit an der Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der MedUni Wien entstanden ist, ist allerdings noch keine Grundlage für die breite Anwendung. "Dafür fehlen uns noch weitere Daten. In einer neuen Studie werden wir außerdem prüfen, ob man den Therapieerfolg durch eine zweite Behandlung erhöhen kann", so Speiser. "Erste Daten deuten darauf hin, dass man mit einer zweiten Behandlung die Erfolgsrate auf über 90 Prozent steigern kann."

Aufwendige Standardtherapie

Die Infektion mit dem humanen Papillomavirus kann über eine Vorstufe (zervikale intraepitheliale Neoplasie) zu Gebärmutterhalskrebs führen. In Europa sind davon jedes Jahr 205.000 Frauen betroffen, die meisten im Alter zwischen 25 und 30 Jahren. Da leichte Ausprägungen in vielen Fällen spontan abheilen, wird therapeutisch meistens nicht eingegriffen, die Selbstheilung aber mittels engmaschiger Kontrollen überwacht.

Die Standardtherapie bei schwereren Formen ist die Konisation. Dabei werden die veränderten Areale kegelförmig aus dem Gebärmutterhals herausgeschnitten. Alternativ dazu werden Behandlungen mit Kälte (Flüssigstickstoff), Hitze (mit Hilfe eines Elektrogenerators) oder Laser durchgeführt. Diese Verfahren sind alle technisch aufwendig, benötigen ein eigenes Equipment sowie eine Spezialausbildung und sind daher teuer. (APA, 30.3.2016)