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Die Impfung gegen HPV-Viren ist seit Februar für Neun- bis Zwölfjährige in Österreich gratis, im September hat das Schulimpfprogramm begonnen.

dpa/Ralf Hirschberger

Wien - Es gibt Einfacheres, als mit dem neunjährigen Kind über Krebs zu sprechen. Oder über Sex. Oder überhaupt gleich über beides zusammen. Die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) wäre nun ein Anlass dazu: Seit diesem September ist sie Teil des Schulimpfprogramms, in dessen Rahmen derzeit die Viertklässler in den Volksschulen geimpft werden. Seit Februar können sich neun- bis zwölfjährige Buben und Mädchen in Österreich kostenlos impfen lassen. Die Anmeldung erfolgt auf freiwilliger Basis durch die Eltern.

HPV wird vor allem durch sexuelle Kontakte übertragen und kann verschiedene Krebsarten auslösen - sowohl bei Buben als auch bei Mädchen. Was davon soll man seinem Kind erzählen, wenn man sich für die Impfung entscheidet? Der Psychologe, Klinische Sexologe und Leiter des Österreichischen Instituts für Sexualpädagogik, Wolfgang Kostenwein, rät zur Vorsicht - vor allem, wenn Eltern mit ihrem Kind zuvor noch kaum über Sexualität gesprochen haben: "Es ist ein Problem, wenn man ein so positives Thema wie Sex über etwas so Negatives wie Krankheit hereinholt", sagt Kostenwein.

Vorsichtig thematisieren

Allerdings sei es gesellschaftlich weit verbreitet, dass man sich über negative Themen daran annähert - beispielsweise über Missbrauch oder sexuell übertragbare Krankheiten (etwa auch HIV). Kostenwein zufolge ist die Vermittlung eines positiven Zugangs zum eigenen Körper für den Umgang mit etwaigen Gefahren für dessen Unversehrtheit am wichtigsten. Er rät daher "fast" dazu, Kinder in Bezug auf die HPV-Impfung vorrangig darüber aufzuklären, dass die Impfung gegen krebserregende Viren schützt, die Übertragungsweise bei dem Gespräch aber eher hintanzustellen.

Judith Glazer, Präsidentin der Gesellschaft der SchulärztInnen Österreichs, drückt es so aus: "Jede Erklärung sollte altersentsprechend dem jeweiligen Wissensstand des Kindes angepasst weitergegeben werden. Beängstigung muss dezidiert ausgeschlossen werden." Das gelte sowohl für die Übertragung von HPV als auch für das Thema Krebs. "In den vierten Klassen in den Volksschulen ist Sexualität zwar auch laut Lehrplan bereits ein Thema, ich würde die Informationen in diesem Fall aber darauf reduzieren, dass es eine Impfung gegen Krebs ist."

Günstiger Zeitpunkt

Dass schon Neunjährige geimpft werden, hängt laut Glazer nicht nur damit zusammen, dass man die Impfung vor dem sexuellen Aktivwerden verabreichen will. "Das Immunsystem spricht vor der Pubertät besonders gut darauf an", sagt sie.

Eltern können sich mit der Broschüre über die Impfung informieren, die seit dieser Woche in Schulen verteilt wird und die vom Gesundheitsministerium, der Krebshilfe, dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und dem Frauenministerium finanziert wurde. Dort erfährt man, dass HPV zu den häufigsten sexuell übertragbaren Viruserkrankungen zählt; dass sich Zwölf- bis 15-Jährige zu einem verbilligten Tarif (40 und 50 Euro) impfen lassen können und dass HPV verschiedene Karzinome verursachen kann - am Gebärmutterhals, im Analbereich, an Penis, Schamlippen und im Mund- und Rachenraum.

Der im Rahmen des Kinderimpfprogramms verabreichte Vierfachimpfstoff wird in zwei Teilimpfungen abgegeben. Studien zufolge senkt er das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, um bis zu 80 Prozent. Ab dem 15. Geburtstag sind die Impfkosten von 170 bis 200 Euro privat zu zahlen.

Oft wurden in der Öffentlichkeit in Zusammenhang mit der HPV-Impfung Sorgen über schwere Nebenwirkungen laut. Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda zufolge kam es bei 144 Millionen Anwendungen weltweit zu "keiner einzigen nachgewiesenen schwerwiegenden oder tödlichen Nebenwirkung". (Gudrun Springer, DER STANDARD, 13.9.2014)