Kein kleines Tablet von Apple? Das war 2010, 2012 gehört dem iPad Mini.

Foto: derStandard.at/Riegler

Das Gehäuse aus Aluminium wirkt hochwertig und stabil.

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Mit dem 7,9 Zoll großen Display einem Gewicht von 308 Gramm in der WLAN- bzw. 312 Gramm in der 3G-Version, liegt das iPad Mini leicht in der Hand.

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Im direkten Vergleich weist das größere iPad mit Retina-Display einen leicht gelblichen Farbstich auf.

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Mit Split-Screen-Tastatur kann man sowohl im Hochformat-Modus ...

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... als auch im Querformat gut mit den Daumen tippen.

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Vergleich mit dem Nexus 7 (rechts).

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Das iPad Mini ist von den Abmessungen zwar etwas größer als das Nexus 7, allerdings dünner und leichter.

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Mit der Hauptkamera gelingen gute Schnappschüsse mit natürlichen Farben.

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Fotos mit der Frontkamera - für Videotelefonie ausreichend.

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Der neue Lightning Connector.

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2010: Steve Jobs nennt 7 Zoll große Tablets "DOA" - "Dead On Arrival". Die Größe sei nicht ausreichend, um gute Tablet-Apps entwickeln zu können. Die Mindestgrößte dafür liege bei 10 Zoll (aufgerundet). Apple werde niemals ein 7-Zoll-Tablets entwickeln. 2012: Apple stellt das iPad Mini vor. 7,9 Zoll sind eben nicht 7 Zoll, erklärt CEO Tim Cook. Das iPad Mini spiele daher in einer komplett anderen Liga.

Ist das iPad Mini nur eine Marketing-Krücke für Apple, um den 7-Zöllern der Konkurrenz - allen voran Googles Nexus 7 und Amazons Kindle Fire HD - nicht das Feld alleine zu überlassen? Oder kann sich das kleinere iPad als eigenständige Kategorie auch gegen die größere Konkurrenz aus dem eigenen Haus behaupten? Der WebStandard hat es getestet.

Design

Fanboys und -girls hin oder her: Apple versteht sein Handwerk, wenn es um Produktdesign geht. Seit 1996 hauptverantwortlich für das Apple-Design ist der Brite Jony Ive, dessen Handschrift quer durch die Produktpalette deutlich erkennbar ist. Die Verarbeitung des Gehäuses ist einwandfrei. Die Glasfront reicht knapp bis zum Rand. An Ober- und Unterkante wird dem Glasrand etwas mehr Platz eingeräumt, um z.B. beim Spielen mit den Daumen nicht versehentlich am Touchscreen anzukommen.

Die Rückseite aus Aluminium in den Farbvarianten Schwarz/Graphit sowie Weiß/Silber wirkt sehr stabil. Ein Minuspunkt: beim schwarzen Modell sieht man auf der Rückseite Fingertapper. Ob wie beim iPhone 5 schnell Kratzer am Gehäuse entstehen, konnten wir beim Testgerät nicht ausprobieren.

Abmessungen

Das Gehäuse des iPad Mini misst 200 x 134,7 x 7,2 mm und wiegt lediglich 308 Gramm in der WLAN- bzw. 312 Gramm in der 3G-Version. Das Nexus 7 bringt trotz kleinerem Display 340 Gramm, das Kindle Fire HD 390 Gramm auf die Waage.

Auch bei längeren Spiele-Sessions oder nach längerem Lesen liegt das iPad Mini locker in der Hand. Beim großen Bruder, der 652 Gramm (WLAN-Version) wiegt, findet man sich schneller auf der Suche nach einer Ablagemöglichkeit wieder.

Tippen

Was beim großen iPad nicht funktioniert, beim Mini aber gut klappt: Tippen ohne das Gerät auf eine Unterlage legen zu müssen. Im Hochformat gehalten fällt es auch mit kleineren Händen leicht, die Tastatur mit den Daumen zu bedienen.

Im Querformat können Texte mit Split-Keyboard-Funktion ebenfalls noch komfortabel mit den Daumen getippt werden. Wer bei vertikaler Haltung das normale Tastatur-Layout bevorzugt (und nicht gerade riesige Hände hat), muss das Gerät weiterhin auf eine Unterlage auflegen.

Display

Retina-iPhone, Retina-iPad, Retina-MacBook: in den vergangenen Jahren hat Apple die Auflösung seiner Displays stark in die Höhe geschraubt und dafür den Marketing-Begriff "Retina" erfunden: mehr Pixel als das menschliche Auge bei durchschnittlichem Abstand zum jeweiligen Screen wahrnehmen kann. Allerdings nicht so beim iPad Mini. Das 7,9 Zoll große IPS-Display besitzt eine Auflösung von 1.024 x 768 Pixeln - ebensowie wie beim iPad 2- bei 163 ppi.

Die Konkurrenz schafft hier mehr. Das Nexus 7 bietet 1.280 x 800 bei 216 ppi, ebenso wie Amazons Kindle Fire HD. Wer einmal ein Gerät mit so einem brillanten Display genutzt hat, will nicht wieder zurück - Apples eigene Worte. Der Unterschied zum iPad mit Retina Display ist deutlich und das nicht nur, wenn man beide iPads direkt miteinander vergleicht. Dem HD- oder Retina-verwöhnten Auge fallen die leicht pixeligen Icons und vor allem das Schriftbild des kleinen Apple-Tablets schnell auf.

Der Betrachtungswinkel des IPS-Displays ist wie gewohnt sehr hoch. Das Display ist hell, die Farben wirken natürlich. Im Test fiel im direkten Vergleich mit einem iPad 3 eine leicht andere Farbtemperatur auf. Beim Retina-Display wirken die Farben durch einen leichten Gelbstich eine Spur wärmer und intensiver.

Kamera

Die Hauptkamera besitzt einen 5-Megapixel-Sensor und ein Objektiv mit fünf Linsen. Videos können in 1.080p aufgenommen werden. Auf der Frontseite steht eine Kamera für 1,2-Megapixel-Fotos und 720p-Videos zur Verfügung. Mit der Hauptkamera auf der Rückseite gelingen durchaus gute Schnappschüsse mit natürlichen Farben. Die Frontkamera ist zumindest für Videotelefonie ausreichend.

Die obligatorische Frage, wie sinnvoll eine zweite Kamera auf der Rückseite eines Tablets ist, scheint sich mittlerweile von selbst beantwortet zu haben. Es reicht, sich einmal auf einem größeren Event oder Konzert umzusehen, wo man des öfteren bereits in die Höhe gehaltene Tablets erspähen kann.

Stereolautsprecher

Die neuen Stereo-Lautsprecher des iPad Mini - erstmals in einem iOS-Gerät verbaut - bringen keinen Qualitätssprung mit. Der Sound klingt im Vergleich zum iPad 3 etwas blechener. Zudem ist der Effekt von Stereolautsprechern, die im Abstand von wenigern Zentimetern an der Unterseite des Geräts eingebaut sind, so gut wie nicht hörbar.

Kopfhörer sind im Lieferumfang nicht enthalten. Will man Apples neue EarPods verwenden, muss man nochmal 29 Euro aus der Geldbörse zücken. 

Performance

Eine Mini-Version des großen iPads ist das neue Tablet auch, was die inneren Werte angeht. Herz ist der bereits zwei Generationen alte A5-Prozessor (1 GHz Dual-Core), der von 512 MB RAM unterstützt wird. Im Test fiel im Vergleich zum iPad 3 kaum ein Performance-Unterschied beim Öffnen von Apps oder der Interaktion mit der Benutzeroberfläche auf. Websites bauen sich mitunter eine Spur langsamer auf, eine Auswirkung auf die Usability hat das allerdings nicht.

In Googles Javascript-Benchmark-Test Octane schnitt Safari 6.0 am iPad Mini mit 871 Punkten ab. Zum Vergleich stand im Test ein iPad 3 zur Verfügung, das 881 Punkte schaffte. Im Peacekeeper-Test, der die HTML5-Fähigkeiten berücksichtigt, lag das iPad Mini bei 476 Punkten, das iPad 3 erzielte 503 Punkte.

Im Geekbench-Test, der die CPU- und Speicherperformance misst, erzielte das iPad Mini 750 Punkte. Das iPad 3 kam im WebStandard-Test auf 756 Punkte, das iPad 2 ebenfalls auf 750. Auf ein iPad 4 konnte die Redaktion für einen weiteren Vergleich nicht zurückgreifen.

Apple bietet das kleine Tablet wahlweise mit 16, 32 und 64 GB an. Die Möglichkeit zur Speichererweiterung gibt es - wie bei Apple üblich - nicht.

iOS

Auf dem iPad Mini läuft iOS 6.0.1. Die Neuerungen von iOS 6 haben wir bereits auführlich in einem eigenen Test behandelt und sollen an dieser Stelle nicht nochmal wiederholt werden. Das Update auf Version 6.0.1 brachte keine neuen Funktionen, sondern behob nur einige Fehler. Unterschiede zu den 9,7-Zoll-iPads weist das iPad Mini bei der Software nicht auf.

Dem kleineren Display geschuldet ist natürlich, dass die Elemente des User Interfaces enger beieinander liegen. Einen wirklichen Unterschied in der Benutzung ergibt sich dadurch allerdings nicht. Selbst mit großen Fingern sollte es nicht passieren, dass man etwa in den Einstellungen versehentlich einen anderen Menüpunkt oder beim Keyboard eine falsche Taste erwischt.

Apps

Insgesamt 275.000 Apps - speziell für Tablets entwickelt - bietet Apple weltweit an (bedeutet konkret: nicht alle Apps sind in allen Ländern verfügbar.) Das umfangreiche Software-Angebot ist eine der größten Stärken von Apples iOS-Plattform. Der Kritik am geschlossenen System stehen zahlreiche Entwickler gegenüber, die ihre Anwendungen nicht selten zuerst für iOS entwickeln oder aktualisieren.

Die quantitative Überlegenheit der iPad-Apps darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch für Android viele gute Tablet-Anwendungen gibt. Die populärsten Programme sind da wie dort verfügbar.

LTE

Zur Datenübertragung sind WLAN 802.11a/b/g/n (802.11n 2,4 GHz und 5 GHz), Bluetooth 4.0 und optional 3G/LTE integriert. Beim Mobilfunk-Modell gibt es für die Nutzung in österreichischen Netzen wieder den Nachteil, dass die heimischen LTE-Frequenzen nicht unterstützt werden (wir berichteten). 

In Österreich ist für die Nutzung von LTE die Frequenz von 2.600 MHz vorgesehen. Die europäische Version des iPad Mini unterstützt die Frequenzbereiche 2.100, 1.900, 1.800, 850 und 700c MHz. 1.800 und 2.100 MHz sind hierzulande für bestehende Mobilfunkdienste reserviert. Ändern wird sich das erst nach der nächsten Frequenzvergabe, die 2013 noch ohne genaueren Termin ansteht.

Akkulaufzeit

Das iPad Mini besitzt zwar einen schwächeren Akku als die großen iPads - 16,5 Wh im Vergleich zu 43 Wh beim iPad 3 - benötigt allerdings aufgrund des kleinere und schwächeren Displays auch weniger Strom. Apple gibt bis zu zehn Stunden Surfen im Web bei aktiviertem WLAN, Video- oder Musikwiedergabe an. Bei der 3G/LTE-Version soll man bis zu neun Stunden im Web surfen können.

Im Test hielt das Tablet diese Versprechen. Die WLAN-Version kam bei maximaler Display-Helligkeit und durchgehendem Surfen auf rund acht Stunden, reduziert man die Helligkeit kann man die beworbenen neun bis zehn Stunden locker erreichen. Den Akku nach vollständiger Entleerung wieder zu laden, dauerte im Test knapp vier Stunden.

Wie das iPhone 5 besitzt auch das iPad Mini den neuen Lightning Connector. Der kleine Stecker schnappt schnell in den Slot und kann beidseitig eingesteckt werden. Apple bietet Adapter für den alten 30-poligen Dock-Anschluss an, verlangt dafür allerdings 29 Euro. 

Fazit

Das extrem leichte, dünne und dabei dennoch stabile Gehäuse macht das iPad Mini zu einer guten Wahl für Personen, die ihr Tablet in der Tasche mitnehmen wollen und damit hauptsächlich im Web Surfen oder einfachere Casual Games spielen. Ein weiteres Plus ist die lange Akkulaufzeit.

Für diesen Einsatz ist der Preis ab 329 Euro allerdings sehr hoch angesiedelt. Bessere Displays und vor allem niedrigere Preise findet man bei der Konkurrenz. Für Apple-User, die auch ein iPhone und einen Mac besitzen, bleibt das iPad Mini die bessere Wahl als nahtlose Ergänzung.

Wer zwischen einem Android- und dem Apple-Tablet schwankt muss sich die Frage stellen was ihm mehr Wert ist: herausragendes Design und viele Apps oder ein höherauflösendes Display zu einem niedrigeren Preis? (Birgit Riegler, derStandard.at, 11.11.2012)