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In der Testphase muss der Fahrer noch jederzeit eingreifen können. Im Falle eines Unfalls wäre er also auch verantwortlich.

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Wien – Bald werden auch in Österreich selbstfahrende Autos auf den öffentlichen Straßen unterwegs sein. Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat am Donnerstag eine entsprechende Verordnung in Begutachtung geschickt, die Mitte Dezember in Kraft treten soll. Die wichtigsten Fragen zu dem Thema im Überblick:

Frage: Was ändert sich nun rechtlich?

Antwort: Die ersten gesetzlichen Voraussetzungen wurden bereits im Sommer beschlossen. Bis dahin zählte es laut dem Kraftfahrzeuggesetz zu den Lenkerpflichten, dass das Lenkrad während des Fahrens mit mindestens einer Hand festgehalten werden muss. Seit der Gesetzesänderung können diese Aufgaben auch an Assistenzsysteme übertragen werden. Die neue Verordnung, die jetzt zwei Wochen zur Begutachtung aufliegt, ermöglicht dann konkrete Tests für automatisiertes Fahren.

Frage: Wie laufen diese Tests ab?

Antwort: Vorerst sind drei Anträge im Ministerium eingelangt. Das auf die Entwicklung von Antriebssystemen spezialisierte Grazer Unternehmen AVL will auf Autobahnen testen, das Bundesheer will Erfahrungen mit selbstfahrenden Heeresfahrzeugen sammeln, und in der Stadt Salzburg soll ein autonom fahrender Kleinbus zum Einsatz kommen. Es können aber jederzeit weitere Firmen Anträge stellen. Die allgemeinen Voraussetzungen: Bei Heeresfahrzeugen darf nur ein System verwendet werden, mit dem schon mindestens 300 Testkilometer zurückgelegt wurden, bei Kleinbussen sind es mindestens 1.000 Testkilometer und bei Autobahntests dürfen nur Systeme zum Einsatz kommen, die schon mindestens 25.000 Kilometer auf dem Buckel haben.

Frage: Zeichnen diese Fahrzeuge dann alles lückenlos auf?

Antwort: Alle Fahrzeuge müssen eine Black Box, also einen Unfalldatenspeicher haben. Die Daten dürfen aber "ausschließlich für Testzwecke und die Rekonstruktion von kritischen Situationen oder Unfällen verwendet werden", wie es in der Verordnung heißt. Sollte es tatsächlich zu Unfällen kommen, müssen auf Verlangen der Behörden die unfallbezogenen Daten 30 Sekunden vor und nach dem Unfall übermittelt werden. Ist die Testphase abgeschlossen, muss an das Verkehrsministerium ein Bericht über die gewonnenen Erkenntnisse geschickt werden.

Frage: Wer ist verantwortlich, sollte tatsächlich etwas passieren?

Antwort: In der Testphase ist das klar: Es muss immer auch ein Mensch, der einen Führerschein hat, am Steuer sitzen, der jederzeit eingreifen kann. Sollte also ein Unfall passieren, wäre er rechtlich verantwortlich beziehungsweise seine Versicherung würde für den Schaden aufkommen.

Frage: Gibt es auch schon Regelungen für einen großflächigen Einsatz von selbstfahrenden Autos? Wer haftet dann, wenn der Passagier beispielsweise nur mehr auf der Rückbank sitzt und gar nicht mehr eingreifen kann?

Antwort: Dafür gibt es noch keinerlei Regelungen, und so schnell wird es die auch nicht geben. Im Verkehrsministerium denkt man auch nicht an einen nationalen Alleingang, sondern hofft, dass es auf EU-Ebene zu einem einheitlichen rechtlichen Rahmen für Versicherungs- und Haftungsfragen kommt. Die Technologieagentur des Ministeriums, die Austriatech, hat jedenfalls eine Arbeitsgruppe zu dem Thema eingerichtet, in der unter anderem ÖAMTC, ARBÖ, TÜV-Austria, Versicherungsverband und das Kuratorium für Verkehrssicherheit vertreten sind. International befasst sich auch die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen mit dem Thema.

Frage: Wenn dann eines Tages wirklich nur mehr der Computer fährt, stellen sich auch moralische Fragen. Ein Gedankenexperiment, das immer wieder genannt wird: Ein Kind springt vor ein Auto, eine rechtzeitige Bremsung ist nicht mehr möglich, soll das Auto dann das Kind überfahren oder den Passagier gefährden, indem es gegen einen Baum fährt?

Antwort: Das "Trolley-Problem", wie diese Art von moralischem Dilemma genannt wird, soll – wie auch andere gesellschaftspolitische Fragen – nächstes Jahr im Rahmen einer Studie behandelt werden, heißt es im Ministerium. Argumentiert wird aber, dass derzeit 90 Prozent der Verkehrsunfälle menschliche Ursachen haben und die Automatisierung somit ein enormes Potenzial habe, die Sicherheit zu erhöhen. Andere ethische Fragen stellen sich bei der immer größer werdenden Menge an Daten, die über die Fahrzeugnutzer gesammelt werden können. Hier bereitet die EU-Kommission bereits einen Vorschlag vor. (Günther Oswald, 17.11.2016)