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Laut offiziellen Zahlen des Innenministeriums drücken Österreichs Polizisten immer seltener ab.

Foto: APA / HERBERT P. OCZERET

Wien – Während die Wiener Exekutive nach dem Fall eines Polizeieinsatzes mit mutmaßlich übertriebener Gewaltanwendung einmal mehr in der Kritik steht, zeigen die offiziellen Protokolle, dass Polizisten österreichweit immer seltener von ihren Schusswaffen Gebrauch machen. Vor zwanzig Jahren, so weit reichen die Daten aus dem Innenministerium zurück, saß die Glock 17 noch weit lockerer im Holster als in jüngster Zeit: 217 Mal drückten Polizeibeamten im Jahr 1995 ab, im Vorjahr verließen 54 Projektile die Dienstwaffen. Dazwischen nahm die Zahl kontinuierlich ab.

Insgesamt wurden in den vergangenen zwanzig Jahren 2.564 Schüsse aus Polizeidienstwaffen registriert. Im langjährigen Mittel handelte es sich in rund drei Viertel der Fälle um Warn- oder Schreckschüsse beziehungsweise Schüsse gegen die Reifen von Kraftfahrzeugen. Weniger als jeder zehnte Schuss war gezielt gegen Verdächtige gerichtet.

Schlagzeilenträchtige Fälle

23 Personen starben auf diese Weise seit 1995, neun davon in den vergangenen zehn Jahren. Einige spektakuläre Fälle befinden sich darunter, etwa jener eines unbewaffneten 14-Jährigen, der im August 2009 während eines versuchten Einbruchs in einem Kremser Supermarkt durch einen Schuss aus kurzer Distanz in den Rücken getötet wurde.

Laut der ministeriellen Statistik ging im Laufe der Jahre neben der Zahl der Todesopfer auch jene der Verletzten durch polizeilichen Schusswaffengebrauch konstant zurück. 83 Menschen überlebten zwischen 1995 und 2004 Schüsse aus Polizeiwaffen, im gleich langen Zeitraum seit 2005 wurden nur mehr 38 Tatverdächtige verletzt.

Auch darunter sind Fälle, die Schlagzeilen machten – zum Beispiel der drei Jahre zurückliegende Einsatz gegen eine psychisch kranke Wienerin, die, bewaffnet mit einem Küchenmesser, in ihrem Badezimmer von einem Polizisten neunmal am Oberkörper getroffen wurde. Die 37-Jährige überlebte, ihrer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wurde unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Zwölf getötete Beamte

Das Innenministerium sammelt umgekehrt auch die Zahlen der im Dienst durch Fremdgewalt verletzten und getöteten Polizisten. Nicht nur durch Schusswaffen, sondern insgesamt kamen in den vergangenen 15 Jahren zwölf Polizisten durch Gewalteinwirkung ums Leben – fünf zwischen den Jahren 2000 und 2004, drei zwischen 2005 und 2009, vier seit 2010.

In diese letzte Periode fallen auch zwei Polizisten, die 2013 Opfer des Mehrfachmordes von Annaberg wurden. Ein dritter Beamter, der ebenfalls durch Schüsse des Wilderers tödlich verletzt wurde, war Mitglied der Sondereinheit Cobra und wird deshalb nicht in der zusammengefassten Statistik der Landespolizeidirektionen berücksichtigt. Das sei aber der einzige derartige Fall, erklärt Karl-Heinz Grundböck, der Sprecher des Innenministeriums. Der Amoklauf im Bezirk Lilienfeld war das Einzelereignis, bei dem die meisten Exekutivbeamten seit der Ermordung von acht Polizisten im Jahr 1945 ums Leben kamen.

Einen kontinuierlichen Anstieg gab es bei den verletzten Beamten: 707 Polizisten wurden im Jahr 2000 verwundet, bis zum Vorjahr wuchs diese Zahl auf 975 an. In den meisten Fällen handelte es sich um leichte Verletzungen. Etwa acht Prozent der angegriffenen Beamten mussten schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert werden. (Michael Matzenberger, 16.8.2015)