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Wiens Bürgermeister Häupl möchte nur an einer Wahl-Konfrontation teilnehmen.

Foto: APA / Techt

Wien – ATV verabschiedet sich von den Gesprächen über eine gemeinsame Wahlkonfrontation mit ORF und Puls 4 zur Wien-Wahl. Eine gemeinsame TV-Konfrontation sei nur bei gleichberechtigter Beteiligung aller Sender möglich, ließ ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger Donnerstag verlauten. Der Sender plant nun eine eigene Wahlkonfrontation und will den Bürgermeister und SP-Spitzenkandidaten Michael Häupl dazu einladen. Der ORF spricht von "absurden Unterstellungen".

Bürgermeisterwunsch

Die Sender verhandelten vorige Woche erstmals über eine gemeinsame Sendung (DER STANDARD berichtete) – der Wiener Bürgermeister will nur an einer TV-Konfrontation zur Wahl, vor allem wohl mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, teilnehmen.

Eine weitere Gesprächsrunde war wie berichtet für diese Woche geplant. Nach dieser zweiten Runde am Mittwoch entschied sich ATV zum Ausstieg.

"Umsetzung nicht anderen überlassen"

"Wir hatten von Anfang an Zweifel, ob eine Sendung mit ORF und Puls 4 zusammen machbar sei", erklärt Gastinger in der Aussendung: "Wir werden aber die Umsetzung einer so entscheidenden Wahldebatte nicht anderen überlassen. Eine Sendung, bei der der ORF für Gesprächsführung, Regie und Produktion verantwortlich sein soll, ist für uns unvorstellbar", begründet Gastinger den Ausstieg seines Sender weiter. O-Ton: "ATV lässt sich weder vom ORF noch von der Politik instrumentalisieren."

Der ORF schloss – wie berichtet – eine gleichberechtigte Gesprächsführung der drei Sender aus.

Eigenes Sendungskonzept

ATV werde ein eigenes "innovatives" Sendungskonzept entwickeln, kündigt der Sender an. Die Ausstrahlung einer ORF-Produktion komme für ATV nicht in Frage: "Wir werden keine von Gebührenzahlern finanzierte Sendung des ORF auf ATV ausstrahlen." Und Gastinger weiter: "Wer Sendezeit bei ATV möchte, kann gerne Werbung bei uns buchen."

Auch die Werbezeiten waren – wie berichtet – ein Streitpunkt schon bei der ersten Gesprächsrunde. Privatsender gingen mit dreimal sechs Minuten Werbepause in die Verhandlungen. Der ORF darf aber Infosendungen nicht mit Werbung unterbrechen – auch wenn ihm da etwa im Vorabend oder für das Frühstücksfernsehen durchaus schon Modelle eingefallen sind.

"Journalistische Unabhängigkeit"

ATV-Infochef Alexander Millecker, schon zuletzt im STANDARD skeptisch, erklärt die Entscheidung via Aussendung so: "Eine gemeinsame Sendung ist nur dann sinnvoll, wenn sie von gleichberechtigten Partnern produziert wird. Alles andere ist für uns inakzeptabel. Insbesondere, wenn die politische Unabhängigkeit der Sendung dadurch nicht gewährleistet wäre. Unsere journalistischen Ansprüche können wir nur in einer eigenen Sendung wahren."

"Weichgespülte Fragen"

Millecker äußert in der Aussendung auch einen schweren Vorwurf oder Verdacht gegen ORF-Journalistinnen und Journalisten: "Weichgespülte Interviewfragen oder gar politische Beißkörbe wird es in einer ATV-Wahlsendung niemals geben." Diese Aussage erzürnte die ORF-Redakteursvertreter. Sie wehren sich in einer Aussendung gegen solche ihrer Meinung nach "pauschalen Verunglimpfungen".

Dass die Sendung nun nicht in dieser Form stattfindet, bedeutet für ATV nicht, auf Diskussionen mit den Spitzenkandidaten und -kandidatinnen zu verzichten. "Das ATV-Publikum hat sich eine vernünftige Wahlberichterstattung und -konfrontation verdient und die wird es auch bekommen", bestätigt Millecker. "Und selbstverständlich laden wir den Listenersten der SPÖ, Michael Häupl, zu dieser meinungsbildenden Auseinandersetzung ein."

Im Gegensatz zu ATV verhandelt Puls 4 weiter mit dem ORF: "Wir führen noch ergebnisoffene Gespräche", heißt es auf STANDARD-Anfrage.

ORF spricht von "ATV-Unterstellungen"

Der ORF weist in einer Aussendung die "ATV-Unterstellungen" zurück. ORF-Unternehmenssprecher Martin Biedermann: "Es gab bis zuletzt mit den Beteiligten sehr konstruktive Gespräche, in denen die meisten zu klärenden Punkte bereits abgehakt waren. Der ORF ist überrascht, dass ATV sich nun plötzlich aus der geplanten Kooperation zurückzieht. Die absurde Unterstellung seitens ATV, die politische Unabhängigkeit einer solchen Diskussionssendung sei nur bei einer Beteiligung von ATV gewährleistet, weist der ORF scharf zurück. Dass ATV offensichtlich nicht auf Werbeunterbrechungen verzichten wollte, die dem ORF schon per Gesetz untersagt sind, und nun den Spieß mit haltlosen Untergriffen umzudrehen versucht, ist sehr bedauerlich." (red, 2.7.2015)