Verlage, die sich mit Google anlegen, müssen sich warm anziehen. Das mussten Medienschaffende in Deutschland und Spanien feststellen. In diesen Ländern gibt es bereits Leistungsschutzrechte für Presseverlage. Für das Eigentum der anderen, das man gewerblich nutzt, zahlen? In der analogen Wirtschaftswelt eine Selbstverständlichkeit. In der digitalen Welt setzt dies Google offenkundig mit einer Kriegserklärung gleich.

Der Web-Gigant setzte in Deutschland seine Marktmacht ein, um mit einer Kampagne das dortige Leistungsschutzrecht zu verhindern. Die Kampagne hatte Erfolg, der Entwurf wurde an entscheidender Stelle verwässert. Seitdem ist das deutsche Leistungsschutzrecht eine Beschäftigungstherapie für Gerichte und nur für Rechtsanwälte ein einträgliches Geschäft.

In Spanien hielt sich Google gar nicht erst mit Kampagnen auf und drehte vor Inkrafttreten des spanischen Leistungsschutzrechtes kurzerhand seinen Nachrichtenaggregator Google News komplett ab.

Ein Entwurf

In Österreich gibt es einen Entwurf für ein Leistungsschutzrecht, das journalistische Texte vor gewerblicher Ausbeutung Dritter schützen soll und aus den Fehlern Deutschlands und Spaniens gelernt hat. Die Regierung hat zwar nun überraschend entschieden, das Leistungsschutzrecht von der Europäischen Union notifizieren zu lassen, was den Gesetzwerdungsprozess zwar verzögern, aber am Vorhaben nichts ändern wird.

Der Suchmaschinenbetreiber Google, der hierzulande gerade einmal eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigt und trotzdem circa 180 Millionen Euro an Werbegeldern jährlich von Österreich absaugt, hat noch bevor diese Verzögerung bekannt wurde mit einer harten, bedrohlich klingenden Aussage auf das Leistungsschutzrecht reagiert: In einer E-Mail an heimische Verleger, welche der Web-Gigant offensichtlich auch der Austria Presseagentur zuspielte, warnte Google vor der Einstellung von Google News und vor einer "(vollständigen) Entfernung von Ergebnissen" in der Google-Suche.

Neue Geschäftsmodelle

Sollte Google seinen News-Dienst hierzulande abdrehen, wäre ein Traffic-Verlust für Österreichs Zeitungen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich die Folge. Dies wäre bedauerlich, allerdings auch mit der Chance verbunden, neue und faire Geschäftsmodelle zu etablieren.

Mit der Drohung der "(vollständigen) Entfernung von Ergebnissen" dürfte der amerikanische Konzern allerdings eine rote Linie überschritten haben. Über 95 Prozent aller Suchanfragen laufen in Österreich über Google, damit ist der Web-Gigant ein Quasi-Monopolist und unterliegt so nach europäischem Wettbewerbsrecht einer erhöhten Fairnesspflicht. Die Suchmaschine darf ihren Algorithmus nicht nützen, um damit Politik in eigener Sache zu betreiben. Sollte Google seine Ankündigung wahrmachen und das Prinzip der "fairen Suche" mit Füßen treten, muss nicht nur die nationale Wettbewerbsbehörde einschreiten, sondern auch die EU-Kommission, die Google ohnehin schon auf dem Radar hat.

Ohne Samthandschuhe

Auch wenn Google nun recht schnell die Samthandschuhe abgelegt hat, wird am Ende des Tages ein Kompromiss stehen müssen. Google wird auch mit dem Leistungsschutzrecht stolze Einnahmen aus Österreich nahezu steuerfrei ins Silicon Valley transferieren können. Dem Konzern fällt dabei kein Stein aus der Krone, wenn er jene an seinen Einnahmen beteiligt, die ihm die professionellen Inhalte für seine Suchergebnisse liefern.

Das Leistungsschutzrecht ist kein Gesetz gegen Google, sondern für die Rechte der Journalisten und Verlage. Leistungsschutzrechte gibt es seit vielen Jahren in der Musik- und Filmwirtschaft. Sie sind dort ein Instrument, um gegen illegale Downloads und Piraterie vorzugehen. Zeitungen sind mit diesen Branchen verwandt.

Geistiges Eigentum ist die kostbare Ware, die sie an den Kunden bringen wollen. Diese muss im Web genauso geschützt werden wie in der analogen Welt. Wir fordern Respekt für das Eigentum auch im Netz. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Gerald Grünberger, 16.6.2015)