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Die Schlangen beim Arbeitsmarktservice werden noch länger lang sein. Das Wifo erwartet 2016 einen neuerlichen Anstieg bei der Arbeitslosenquote

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Die rot-schwarzen Minister dürfen sich auf harte Verhandlungen mit Hans Jörg Schelling gefasst machen. Nachdem die Eckpunkte der Steuerreform (Entlastung von fünf Milliarden) eingetütet sind, muss der Finanzminister nun bei den Ausgaben auf die Bremse steigen, damit das Ziel eines strukturellen Nulldefizits im Jahr 2016 tatsächlich realisiert werden kann. "Der Budgetvollzug wird sehr restriktiv werden", kündigte Schelling bereits an.

Wo man sparen kann (und will), ist aber noch alles andere als klar. Vereinbart wurde am Dienstag im Ministerrat nur sehr allgemein, "Reformen in den Bereichen Verwaltung, Förderungen, Arbeitsmarkt und Pensionen" anzugehen. Die Verhandlungen sollen "noch in diesem Jahr aufgenommen bzw. intensiviert werden".

Zu optimistische Erwartungen

Wie groß die Haushaltsrisiken sind, geht aus einer aktuellen Analyse des Budgetdienstes im Parlament für die Jahre 2015 bis 2018 hervor. "Einnahmenseitig sind diese insbesondere durch die ungünstige Wirtschaftsentwicklung, ausgabenseitig durch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt und bei den Pensionen bedingt", heißt es in dem Papier. Bei den Pensionen haben die Experten die jüngste Prognose der Pensionskommission (vom November) mit jener der Regierung verglichen.

Das Ergebnis: Die Regierung unterschätzt die Ausgaben. In Summe werden bis 2018 Zusatzausgaben von 1,9 Milliarden Euro erwartet, allein heuer sind es 342 Millionen. Die zuletzt in Kraft getretenen Verschärfungen (etwa bei der Invaliditätspension) seien dabei bereits berücksichtigt. Ein Teil der Budgetlücke wird durch die im Zuge der Steuerreform geplante außertourliche Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage (auf 4840 Euro) wieder geschlossen. Sie führt nämlich dazu, dass mehr Pensionsbeiträge gezahlt werden (rund 100 Millionen pro Jahr).

Mehr Arbeitslose

Mit deutlichen Mehrkosten rechnet der Budgetdienst - er berät die Nationalratsabgeordneten - auch im Bereich Arbeitsmarkt. Bei der Erstellung des Budgets 2015 ging der Finanzminister noch von einer Arbeitslosenquote von 8,1 Prozent für heuer aus, in den Jahren darauf sollte sie auf 7,8 bzw. 7,7 Prozent sinken.

Mittlerweile sind die Erwartungen viel schlechter. Das Wifo rechnet 2015 mit einer Arbeitslosenquote von 9,1 Prozent, 2016 sogar mit 9,4 Prozent. Die veranschlagten Auszahlungen (vor allem beim Arbeitslosengeld) würden daher heuer "deutlich überschritten", so die Prognose des Budgetdienstes.

Obergrenzen werden überschritten

Auch in den Folgejahren sei davon auszugehen, dass die im Finanzrahmen festgelegten Auszahlungsobergrenzen "nicht eingehalten werden". Im Gegensatz zu den Pensionen werden die Mehrausgaben für den Jobmarkt aber nicht beziffert. Die Größenordnungen sind aber ähnlich: So kam es im Vorjahr zu einer Überschreitung des Arbeitsmarktbudgets um 396 Millionen Euro.

Weitere Gefahren sehen die Budgetexperten bei der Bildung (höhere Ausgaben für Landeslehrer), dem Sicherheitspaket für das Innenressort und - natürlich - bei der Heta-Abwicklung, die "noch nicht endgültig abschätzbar" sei.

Zeitliche Lücke möglich

Schelling räumte am Dienstagabend aber auch ein, dass die erhofften Mehreinnahmen aus der Betrugsbekämpfung möglicherweise nicht bereits 2016 fließen werden. "Diese zeitliche Lücke kann entstehen." Sein hoffnungsfroher Zusatz: "Ich habe schon viele Prognoselücken erlebt, die nicht eingetreten sind." Vorerst nicht ins Budget nimmt er mögliche Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer, die bisher mit 500 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt waren.

Der Minister will jedenfalls bei der Regierungsklausur kommende Woche einen konkreten Fahrplan für Reformen mit der SPÖ vereinbaren. Im Sozialbereich sind vor allem das Bonus-Malus-System zur Beschäftigung Älterer und die Teilpension offen. Ob diese Reformen zu Einsparungen führen werden, ist unklar.

Klar ist vorerst nur, dass die Verwaltungskosten nächstes Jahr nur um maximal 1,7 Prozent (statt bisher 2,7 Prozent) steigen dürfen. Die Förderungen werden eingefroren - außer im Bereich Forschung und bei EU-kofinanzierten Projekten. Im Sozialministerium beziffert man die Förderungen (z. B. für 24-Stunden-Pflege, Lehrlinge, Behinderte, AMS-Projekte) mit ca. 1,5 Milliarden Euro. Die großen Brocken Pensionen und Arbeitslosengeld (fast 16 Milliarden) fallen freilich nicht in diese Kategorie. (Günther Oswald, DER STANDARD, 19.3.2015)