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So sehen Sieger manchmal aus. Nach seinem Abfahrtserfolg in Kitzbühel im vergangenen Jänner konnte Hannes Reichelt im Zielraum kaum noch stehen. Zwei Tage später wurde ein schwerer Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Eine Operation war unausweichlich, die Olympischen Spiele in Sotschi verpasste der Salzburger. Jetzt fühlt er sich wieder fit, "etwa bei 90 Prozent der Vorjahresform".

Foto: APA/ Parigger

Lake Louise / Wien - Abfahrt und Super-G - beides etwas für Hannes Reichelt. Aber Lake Louise? Der Hang in dem Weltcup-Ort in der kanadischen Provinz Alberta ist nicht sein liebster. "Hier tue ich mir ein bisschen schwer, schnell zu sein." Für Reichelt fängt die Saison erst jetzt so richtig an. Im Riesentorlauf zu Sölden vor einem Monat schied der Salzburger aus, vor zwei Wochen in Levi war er nicht am Start. Slalomstangen ignoriert Reichelt grundsätzlich.

Sollte der Sport einer gewissen Logik folgen, dann müsste diese Saison eine erfolgreiche für Hannes Reichelt werden. Die vergangene war schon erfolgreich - eine der Besten in Reichelts Laufbahn. Platz zwei im Abfahrtsweltcup, fünf Stockerlplätze inklusive des Sieges im Abfahrtsmekka Kitzbühel - die absolute Krönung. Von Schmerzen geplagt absolvierte Reichelt den vergangenen Winter. Der Gipfel der Schmerzen folgte direkt auf den Triumph am Hahnenkamm. Im Ziel konnte der Radstädter kaum noch stehen. Diagnose: Bandscheibenvorfall. Eine Operation war unausweichlich. Olympia in Sotschi fand ohne Reichelt statt. Matthias Mayer holte die Goldene.

"Schmerzfrei und fit"

Jetzt ist er "schmerzfrei und fit. Kein Vergleich zur letzten Saison." Der 34-Jährige hat sich vorgenommen, "gut in den Winter zu starten", Stockerlplätze herauszufahren. Das sei nötig, um bei der WM im Februar in Vail antreten zu dürfen.

Die WM wird vermutlich ohne Aksel Lund Svindal stattfinden - der Speedsaisonauftakt sicher. Der Norweger zog sich im Oktober beim Fußballspielen in Sölden einen Achillessehnenriss zu. Nicht nur das Skirennfahren birgt Gefahren. Svindal, in der Vorsaison Sieger der Abfahrts- und der Super-G-Gesamtwertung, hat schon sechsmal in Lake Louise gewonnen. Reichelt war einmal Dritter (Abfahrt 2011). Am Wochenende will er, wie seine Teamkollegen Mayer und Max Franz, vorne mitmischen. "Es ist sicher einiges möglich. Aber eine Prognose abzugeben ist schwierig." Die Kurssetzung jedenfalls gefällt ihm. Hannes Trinkl, Abfahrtsweltmeister von 2001, zeichnet dafür verantwortlich. Reichelt: "Er hat die Kurven, die mühsam waren, in wirklich schöne Passagen verwandelt."

Beaver Creek mag Reichelt

Auf Lake Louise folgt eine Woche später Beaver Creek - ein Super-G, eine Abfahrt, ein Riesentorlauf - volles Programm für Reichelt. "Beaver Creek liegt mir", sagt er. Fünfmal fuhr er auf der "Birds of Prey" aufs Podest, zweimal gewann er. Dass auch die Herrenbewerbe bei der WM 2015 in Beaver Creek stattfinden, stört Reichelt also eher nicht.

Genauso wenig wie die Tatsache, dass Andreas Puelacher seit heuer statt Mathias Berthold sein Cheftrainer ist. "Er hat keine groben Veränderungen vorgenommen, was auch gut ist."

Gut findet Reichelt auch die Erfindung des Airbags für Skirennläufer. Er soll schwere Kopf- und Rückenverletzungen bei Stürzen verhindern. Ab Jänner darf er im Weltcup, davor schon in Trainingsfahrten, verwendet werden. Reichelt: "Ich teste ihn auf jeden Fall. Das ist eine Revolution in der Sicherheitsgeschichte."

Reichelt nimmt sich Auszeiten

Mit 34 denkt man eher an Sicherheit als mit 21. So alt war Reichelt bei seinem Weltcup-Debüt. "Damals war ich ein junger Bua, der einfach drauflos gefahren ist und hie und da nicht wusste, was er wollte." Heute nimmt er sich Pausen, wenn er sie braucht. Ans Aufhören dachte er weder vor noch nach der Bandscheiben-Operation. Selbst ein Antreten bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang hält Reichelt für möglich. "Wenn ich gesund, konkurrenzfähig und motiviert bin, dann schließe ich es nicht aus." Aber die Spiele seien noch weit weg. "Die letzte Saison hat mir gezeigt, dass man nicht zu weit in die Zukunft planen soll." (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 29.11.2014)