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Michael Spindelegger mag ein europäischer Musterschüler sein. Innenpolitisch versagt er.

Foto: APA/Schlager

Österreich hat Hunderttausende, ja sogar Millionen Bürger, die voller Wut sind über die Milliarden-Verluste, die das Hypo-Debakel verursacht hat. Und nun setzt ihnen der Finanzminister ein Budget für 2014 und 2015 vor, das Einsparungen von insgesamt 800 Millionen Euro mit schmerzhaften Einschnitten in wichtigen Bereichen wie Bildung, Forschung und Justiz enthält.

Auch wenn dieses Sparbudget weniger mit der Hypo als mit dem Vorhaben, bis 2016 die EU-Vorgabe eines strukturellen Nulldefizits zu erreichen, zu tun, hat, ist der Eindruck, den Finanzminister Michael Spindelegger damit erweckt, fatal: Wir alle müssen für die Hypo zahlen, und werden es allzu spüren bekommen.

Und als erstes zahlen 14-Jährige, die in größeren Klassen sitzen müssen, weil die Unterrichtsministerin Lehrpersonal einsparen muss.

Politisch völlig verkehrt

Dabei wäre all das unnötig. Österreich braucht in den kommenden zwei Jahren kein Sparbudget, weder aus europapolitischen noch aus volkswirtschaftlichen Gründen. Und politisch ist das, was Spindelegger bei seiner Budgetrede Ende April präsentieren wird, völlig verkehrt.

Es stimmt zwar, dass Österreich wegen der Hypo-Kosten in diesem Jahr die Drei-Prozent-Grenze, die der Stabilitätspakt vorgibt, durchbrechen dürfte. Aber weil es sich um einen Einmaleffekt handelt, stellt dies keine Vertragsverletzung da, die EU-Kommission würde deshalb nicht aktiv werden. Insgesamt bleibt Österreich auf einem soliden Budgetpfad.

Österreich hat sich zwar im Fiskalpakt verpflichtet, bis 2016 sein strukturelles Defizit, also bereinigt um Konjunktureffekte, unter 0,5 Prozent zu drücken. Aber ob dieses Ziel erreicht wird, hängt von vielen anderen Faktoren ab und nicht nur von Einsparungen in diesem Jahr.

Nulldefizit kann etwas warten

Und selbst wenn das Ziel für 2016 etwas verfehlt wird, wäre es keine Katastrophe. Auch andere Länder werden noch eine Zeitlang kein Nulldefizit - weder strukturell noch konjunkturell - vorweisen können. Frankreich etwa ist davon meilenweit entfernt.

Auch volkswirtschaftlich hat Österreich im Moment nur wenig Sparzwang. Die hohe Bonität ist nicht in Gefahr - die Ratingagenturen haben klar gemacht, dass ganze andere Faktoren für sie wichtiger sind als die Hypo-Verluste. Auch die Renditen auf die Staatsschuld, derzeit auf historischem Tiefststand, würden bei etwas höheren Ausgaben nicht steigen.

Und der wachsende Leistungsbilanzüberschuss des Landes - von zwei Prozent im Jahr 2012 auf mehr als drei Prozent in diesem Jahr - zeigt, dass der Exportsektor immer noch brummt, aber die Binnennachfrage lahmt. Das bedeutet nicht, dass der Staat jetzt deshalb mehr ausgeben sollte. Aber spürbare Einsparungen sind konterproduktiv, denn sie tragen nichts dazu bei, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken.

Nicht weiter bluten lassen

Ein politisch geschickter Finanzminister würde unter diesen Umständen möglichst vermeiden, dass die ohnehin schon reduzierten Bereiche des Staatshaushaltes wie Unis, Schulen und Verteidigung weiter bluten müssen. Er würde entweder die Sparziele - wie auch andere Eurostaaten es tun - aufweichen oder die Zahlen so massieren, dass es sich auf dem Papier auch ohne Einschnitte ausgeht.

Und wenn man schon spart, dann bitte bei unsinnigen Förderungen oder in bei Frühpensionen, aber nicht in Zukunftsbereichen.

Budgetprognosen sind immer unsicher, und bisher waren die Berechnungen des Finanzministeriums meist zu vorsichtig, wie auch im Vorjahr, als das Defizit nur 1,5 Prozent statt 2,3 Prozent ausgemacht hat. Der Finanzminister könnte deshalb ruhig ein bisschen mehr Optimismus wagen.

Spindeleggers Bemühungen, ein europäischer Musterschüler zu sein, sind in der jetzigen innenpolitischen Konstellation reines Gift.Die Koalitionsparteien werden für seine Ungeschicklichkeit noch einen hohen Preis bezahlen. (Eric Frey, derStandard.at, 12.4.2014)