BMW 640d xDrive Gran Coupé M Sport Edition lautet der vollständige Name des weißen Riesen.

Foto: Guido Gluschitsch

Er macht, was er sollte: einen sauberen Eindruck.

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Allrad hilft über größeren Unbill hinweg.

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Am Ende des Tages gab es keine Punktewertung, jeder der sechs Starter überzeugte auf seine ganz eigene Art und Weise. Der große BMW bewies aber, dass Komfort, Fahrzeuglänge und Luxusauftritt kein Hindernis sind, im Sportwagenstil enge Kurven oder steile Anstiege locker zu bewältigen - auch dank xDrive, wie Allrad bekanntlich bei BMW heißt. Die M-Markierung der Sportedition an der Seitenflanke war der Hinweis: Hier haben die Münchner Profis Hand angelegt. Gasannahme, Lenkung oder Federhärte lassen sich per Knopfdruck über fünf Fahrmodi abstimmen.

Das adaptive Fahrwerk samt dynamischer Dämpferkontrolle informierte den Steuermann auch im Comfort-Status - bedingt wohl auch durch die optionalen 20-Zoll-Räder - mitunter über den schlechten Zustand heimischer Bundesstraßen. Die Sport-Plus-Abstimmung empfiehlt sich speziell dann zur Partnerschaft, wenn es gilt, geheime Sportwagen-Gene zu aktivieren. Mit straffer Dämpfung, praktisch ohne Schwankungen der Karosserie, zieht der lange Sechser durch die Kurven. Ein kleiner Vorteil der "Körperlänge": Bodenunebenheiten werden fast komplett ausgeglitten. Länge läuft eben.

Der Chef fährt selbst

Das 6er-Gran-Coupé gilt in der Fachwelt (und nicht nur dort) als schönstes Kind der bayerischen Fahrzeugschmiede. Plus elf Zentimeter gegenüber der zweitürigen Version, das kommt vor allem der zweiten Sitzreihe zugute. Coupe mit vier Türen? Puristen würden darin einen Widerspruch vermuten, sie leben noch in der Welt der Zweitürer. Doch die flach gehaltene, klassische Dachform lässt vier Türen als selbstverständlich durchgehen. Dieser Bayerische ist das perfekte Zielobjekt für Selbstständige, Unternehmer und gut dotierte Kunden mit Freude am Selbstfahren; der Chauffeur hat hier nichts verloren.

2013 wurde das Gran Coupé vorgestellt, für das laufende Modelljahr dienen kleine Retuschen an Front-und Heckschürzen sowie eine neugestaltete BMW-Niere am Kühler als Identifikationsmerkmale der neuen Jahreszahl. Erwartungsgemäß luxuriös gestaltet ist der Innenraum. Leder, wohin das Auge blickt, natürlich auch auf den Rücksitzen, hier sind nur zwei Plätze vorgesehen, diese aber wunderbar auskonturiert; über die mächtige Mittelkonsole erfolgt die Klimatisierung. Tester sitzen selten hinten, aber es finden sich immer Freiwillige, welche das Multifunktionslenkrad in die Hand nehmen, damit man den eleganten, bequem sitzenden Passagier spielen kann.

Eher ein Sportwagen

Die niedere Sitzposition auf den beiden vorderen Plätzen verstärkt den Eindruck, eher einen Sportwagen - na ja: sportlichen Wagen zu lenken. Die Sicht rückwärts ist aber vom Volant aus nicht überzeugend.

Das 6er-Coupé will gefahren werden, der Reihensechszylinder-Diesel mit 313 PS ist so gedämmt, dass man Wetten mit der Frage "Benziner oder Selbstzünder?" locker gewinnen kann. Der Vortrieb beim Kickdown ist gewaltig, die Schaltvorgänge der Acht-Stufen- Automatik sind nur dann spürbar, wenn der Sportmodus eingelegt ist.

Untermalte Fahrfreude

Dann erscheinen am Display auch rot unterlegt Armaturen wie Drehzahlmesser und Tacho, der Sound beim Beschleunigen wird zur Untermalung der Fahrfreude, und das enorme Drehmoment von 630 Nm tritt ab 1500 Umdrehungen in Aktion. Tolle Fahrleistungen - aber der bescheidene Treibstoffverbrauch im Friaul-Test von 8,6 l / 100 km belegt, was Technik heute schafft.

Ist ConnectedDrive aktiviert, sind die Chefs allzeit erreichbar. Dieses Fahrzeug ist große Autofreude, aber auch eine beachtliche Investition. Testwagen-Gesamtwert mit allen Extras: 140.041 Euro. (Peter Urbanek, DER STANDARD, 20.6.2015)

Zweite Meinung

Der Preis der Schönheit: wenig Kopffreiheit vorne, nicht sehr bequem sitzen hinten - der seltene Fall, dass man bei einem BMW nach der idealen Sitzposition erst suchen muss. Ansonsten: erstklassiges Benehmen des allumfassend kräftigen Dieselmotors, perfekter Antrieb. Genauso die Fahrdynamik. Die Grenzen zwischen Sportwagen und Limousine lösen sich ohnehin allmählich auf. (rs)