Je enger eine einschneidende Erinnerung mit unserem Alltag verknüpft ist, desto schwerer kann man sich davon lösen.

Foto: Corn Heribert

Meistens verblasst die Erinnerung an ein traumatisches Ereignis mit der Zeit, manche Menschen können sich aber deutlich schwerer von den negativen Gedanken lösen als andere. Das könnte daran liegen, dass bei ihnen alltägliche Reize im Gedächtnis stärker mit dem Trauma verbunden sind und daher die unangenehmen Erinnerungen im Alltag öfter ausgelöst werden, wie Forscher der Universität Salzburg herausfanden.

Test mit Horrorfilmen

Für ihre Untersuchung zeigten Melanie Wegerer und ihre Kollegen vom Klinischen Stress- und Emotionslabor an der Uni Salzburg 100 Testpersonen Ausschnitte aus Hollywood-Horrorfilmen und untersuchten dabei deren Angstreaktion. Das Ausmaß der jeweiligen Reaktion wurde anhand des Hautleitwertes erhoben.

Je aufregender die Versuchspersonen das Geschehen erleben, desto stärker fällt in der Regel die Schweißreaktion aus. Ein hoher Hautleitwert lässt also auf hohe Erregung schließen. Die Testpersonen mussten zum Testzeitpunkt psychisch gesund und belastbar sein. Auf das Kommende vorbereitet wurden sie mit Screenshots aus den Filmen.

Zeitgleich mit den verstörenden Szenen spielten die Forscher den Studienteilnehmern im Labor alltägliche Reize, wie das Ticken einer Uhr vor. So kam es zu einer Verbindung der beiden Reize. "Die Personen, die die angsterregenden Szenen besonders stark mit den Umgebungsreizen verknüpft haben und mit einem hohen Hautleitwert auf die Alltagsreize reagierten, waren auch diejenigen, die im Vergleich zu anderen Teilnehmern über mehr belastende Erinnerungen berichtet haben", so die Psychologin.

Offensichtlich tragen überstarke Reaktionen auf sogenannte "konditionierte Erinnerungsreize" dazu bei, dass manche Menschen solche belastende Erinnerung schwerer loswerden, berichten die Forscher im Fachblatt "PLOS one".

Einfluss von Östrogen

Nicht unerheblichen Einfluss auf das Erinnern dürften Hormone haben. Wegerer hat herausgefunden, dass Frauen mit einem höheren Wert des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen nach einem belastenden Ereignis über weniger negative Erinnerungen berichten.

"Östrogen, dessen Konzentration sich über den weiblichen Menstruationszyklus hinweg verändert, scheint eine Rolle für die Unterdrückung der Angstreaktion im Gehirn zu spielen", erklärte die Forscherin. Zu ähnlichen Schlüssen kamen auch andere Untersuchungen.

Eine höhere Konzentration von Östrogen dürfte bewirkt haben, dass bei den betreffenden Frauen weniger nachhaltige Verknüpfungen zwischen Umgebungsreizen und Filmszenen entstanden sind "und dadurch im Alltag weniger negative Erinnerungen ausgelöst wurden", so die Forscher.

Das Hormon dürfte genau dort wirken, wo im Gehirn die Verarbeitung furchterregender Inhalte reguliert wird, nämlich im präfrontalen Cortex. Dort scheint Östrogen die neuronale Aktivität zu erhöhen, was dazu führen könnte, dass die aus dem Mandelkern (Amygdala) kommende Furchtreaktion besser unterdrückt wird.

Generell hätten Frauen ein höheres Risiko, an einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken, daher sei es laut Wegerer besonders wichtig, Prozesse des Furchtlernens sowie die Rolle von Östrogen bei Frauen gezielt zu erforschen. (APA, derStandard.at, 13.2.2015)