Über 200 neue Features in iOS 6 - wir haben die wichtigsten Neuerungen unter die Lupe genommen.

Foto: derStandard.at/Riegler

Eine der wichtigsten Neuheiten ist die Integration von Facebook.

Screenshot: Birgit Riegler

Mit der Facebook-Integration kommt auch ein neuer Menüpunkt zum Datenschutz.

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Fotostreams können nun mit anderen Nutzern geteilt oder über iCloud.com als Web-Album freigegeben werden.

Screenshot: Birgit Riegler

Apple Maps hat einen schlechten Start hingelegt - bis Google Maps offiziell über den App Store verfügbar ist, kann man sich einen Shortcut zur Web-Version anlegen.

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Der Fly-over-Modus der Apple Maps (links) macht Spaß, bietet aber kaum Mehrwert. Die Satellitenansicht (rechts) ist dafür teilweise von miserabler Qualität.

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Siri kann nun deutlich mehr.

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Nutzer können Siri unter anderem Tweets ansagen oder sich Filme zu einem bestimmten Genre anzeigen lassen.

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Passbook fasst Kundenkarten, Tickets, Bordkarten, Gutscheine und andere Pässe zusammen.

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Neue Telefoniefunktionen: Nicht stören und automatisches Antworten, wenn man gerade keine Zeit zum Telefonieren hat.

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Interface-Tweaks überall: Der Teilen-Screen (links) zeigt nun Icons, aus der Mitteilungszentrale können Facebook-Updates und Tweets vorgenommen werden.

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iOS 6 bringt weitläufige Änderungen des User Interface - links der neue iTunes Store, rechts die Musik App.

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Der neue App Store. Bei der Suche (rechts) werden keine Listen, sondern Thumbnails angezeigt.

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Nutzer werden durch das Redesign von App Store (links) und iTunes Store (rechts) einfacher auf neue Inhalte aufmerksam gemacht.

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Podcasts werden nicht mehr über den iTunes Store, sondern über eine neue App geladen.

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Safari bietet nun unter anderem iCloud Tabs, die geöffneten Lesenzeichen über mehrere geräte synchronisieren.

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Mail bietet nun die Möglichkeit, Fotos und Videos direkt anzuhängen und Kontakte als VIP zu markieren.

Screenshot: birgit riegler

Die Kamera verfügt nun über einen Panorama-Modus. Eine zahlreicher weiterer, kleiner Änderungen ist der Hinweis auf verstrichene Ereignisse.

Screenshot: Birgit Riegler

Wer noch nicht auf das iPhone 5 umsteigen will, kann mit dem Update auf iOS 6 dennoch eine Vielzahl neuer Funktionen auf sein iPhone, den iPod Touch oder das iPad laden. Mehr als 200 neue Features verspricht Apple mit der neuen Version des mobilen Betriebssystems. Die Integration von Facebook, Apple Maps, neue Siri-Funktionen und geteilte Fotostreams sind nur einige Neuheiten, die iOS 6 zu bieten hat. Der WebStandard hat das Update einer genaueren Prüfung unterzogen.

Vor dem Update

Wie vor jeder Aktualisierung des Betriebssystems sollte auch hier ein Backup vorangestellt werden. Besonders, wenn man iOS 6 als Over-the-air-Update lädt, empiehlt es sich, zuvor alle Einstellungen und Inhalte des Geräts zu sichern. Die Aktualisierung kann entweder über iTunes erfolgen - hierbei wird das gesamte iOS 6 auf den Rechner geladen und dann via Kabel auf iPhone und Co überspielt -, oder es wird direkt auf dem Gerät unter Einstellungen/ Allgemein/ Softwareaktualisierung durchgeführt.

Probleme

Im Test mit einem iPhone 4S gab es keine Probleme mit dem Aktualisierungsprozess. Einige User hatten extrem lange Lade- und Installationszeiten und stockende Update-Screens geschildert (der WebStandard berichtete). Im Test konnte das nicht nachvollzogen werden, wenngleich nach dem Update doch ein paar kleinere Ungereimtheiten mit Passbook und Musik-Playlists auftraten - dazu später mehr.

Einheitliche Apple-ID

Eines der erste Dinge, auf die man nach dem Update aufmerksam gemacht wird, ist die vereinheitlichte Apple-ID, die Telefonnummer und E-Mail-Adressen zusammenführt. Das ist für iMessage und Facetime wichtig. So werden unter OS X am Desktop oder MacBook nun auch Konversationen angezeigt, die an oder über die Telefonnummer geschickt wurden. In den Einstellungen kann festgelegt werden, unter welchen zusätzlichen E-Mail-Adressen man erreichbar ist (es lassen sich auch neue E-Mail-Adressen hinzufügen) und womit neue Konversationen gestartet werden.

Facebook-Integration

Nachdem zuvor schon Twitter tiefer in das System integriert wurde, zog Apple nun mit dem größten sozialen Netzwerk nach. Facebook-User können sich in den iOS-Einstellungen einloggen und nun Status-Meldungen direkt aus dem System vornehmen. So lassen sich etwa Fotos, Links etc. direkt aus den Apps auf Facebook veröffentlichen. Aus der Benachrichtigungsleiste können User neben Tweets auch Facebook-Updates schreiben, auch wenn die offizielle Facebook-App nicht installiert ist.

Zugriff von anderen Apps

iOS 6 erlaubt anderen Apps den Zugriff auf den Facebook-Account, sofern das der Nutzer wünscht. In den Einstellungen werden Twitter und Facebook als eigene Punkte aufgelistet - bei beiden Accounts kann man festlegen, welche Apps darauf zugreifen dürfen. So kann man etwa im Kalender Facebook-Events und Geburtstagserinnerungen anzeigen lassen sowie Kontakte mit Facebook verknüpfen.

Kontakte aktualisieren

Auf Wunsch können alle Kontakte mit Zugriff auf Twitter- und Facebook-Profile aktualisiert werden. Dabei werden laut Apple "vorübergehend die E-Mail-Adressen und Telefonnummern aus Ihren Kontakten zur Verfügung" gestellt, "damit die Fotos und Benutzernamen aller passenden Kontakte aktualisiert werden". Etwas kryptisch formuliert bedeutet das wohl, dass Facebook bei der manuellen Aktualisierung der Kontakte einmal Zugriff erhält.

Eine konkrete Angabe, was mit "vorübergehend" gemeint ist, ob das nur auf den einmaligen Aktualisierungsvorgang bezogen ist oder mehrere Stunden aktiviert bleibt, macht Apple nicht. Auf Wunsch kann man der Kontakte-App auch dauernden Zugriff auf den Account gewären.

Nachbearbeiten

Im Test funktionierte die Aktualisierung von etwa 200 Kontakten schnell. Eine Nachbearbeitung bleibt trotzdem nicht erspart, wenn man Personen unter Spitznamen oder nur Nachnamen im Adressbuch eingetragen hat. Dass die eigenen Nutzerdaten auf dem iPhone anderer User landen, kann man als Facebook-Nutzer nicht verhindern, zumal die Daten den Freunden ohnehin über das Profil zur Verfügung stehen. Möglicherweise überlegt man dadurch aber zweimal, von welchen Personen man Freundesanfragen akzeptiert.

WhatsApp

Ein Problem tauchte im Test nach der Akualisierung mit WhatsApp auf. Hier sind die Favoriten verschwunden und in der Chat-Übersicht werden nicht mehr die Kontakt-Namen, sondern nur die Telefonnummern angezeigt. Wie das Problem behoben werden kann, war zunächst nicht herauszufinden. Update: Tatsächlich handelt es sich nicht um einen Bug; WhatsApp hatte keinen Zugriff auf die Kontakte und konnte das Adressbuch daher nicht laden. Ein Hinweis von WhatsApp, ob man der Anwendung Zugriff auf die Daten geben möchte, wäre an dieser Stelle hilfreich.

Datenschutz

Offenbar aufgrund die Facebook-Integration hat sich Apple löblicherweise dazu bemüßigt gefühlt, Nutzern mehr Kontrolle über ihre Privatsphäre zu geben. So findet sich in den Einstellungen nun der Punkt "Datenschutz". Hier wird zentral aufgelistet, welche Apps auf welche Nutzerdaten wie Standort, Kontakte, Kalender, Erinnerungen, Fotos, Bluetooth-Freigabe sowie die Twitter- und Facebook-Accounts zugreifen dürfen. Bei Bedarf kann man diesen Apps auch gleich den Hahn zudrehen.

Einfachere Kontrolle

Das war zwar schon vorher für bestimmte Einstellungen (etwa Ortungsdienste und Twitter-Account) möglich, allerdings nicht in dem Umfang und nicht in einem zentralen Menü zusammengefasst. Apple vereinfacht die Kontrolle über die eigenen Daten durch ein überschaubares intuitives Menü. Zugleich zeigt die Entwicklung auf, wie umfangreich das Zusammenspiel von Diensten und Apps bereits geworden ist. Wer an der vernetzten Welt teilhaben will, muss sich unweigerlich damit auseinandersetzen, welche Daten er oder sie in diese Welt hinausträgt.

Geteilte Fotostreams

Eine Neuerung, bei der man sich gut überlegten sollte, ob man sie verwenden möchte, sind die geteilten Fotostreams. Fotostream ist ein mit iCloud zuvor eingeführtes Feature, über das Nutzer auf Wunsch sämtliche Fotos über die Apple-Cloud synchronisieren und auf anderen Geräten zur Verfügung stellen können. Nun ist es auch möglich, anderen Nutzern Zugriff auf diese Fotos zu geben, wenn man sie in einen geteilten Fotostream hochlädt.

Öffentliche Web-Alben

Die geteilten Fotostreams müssen in den Einstellungen unter "iCloud" oder "Fotos & Kamera" aktiviert werden. Sobald das getan ist, kann man in der Foto-App unter Fotostream ein neues Album anlegen, das man entweder an eine oder mehrere Personen aus den Kontakten schickt und/oder über iCoud.com freigibt. Der Link auf das Album kann per Mail, SMS, Twitter oder Facebook veröffentlicht werden. Loggt man sich in iCloud.com ein, werden die Fotos allerdings nicht angezeigt. Von dort lassen sich die Fotos auch einfach über einen Download-Button am Rechner speichern.

Die Fotostreams können einfach wieder gelöscht oder nachträglich auch für weitere Personen freigegeben werden. Nutzer können auch Kommentare abgeben. Auf Wunsch kann man sich über neu hinzugefügte Fotos in den Fotostreams anderer benachrichtigen lassen. Alle neuen Fotos müssen hier manuell hinzugefügt werden, ein automatisches Teilen nach Aufnahme eines Bildes funktioniert nicht - und wäre im Sinne der Privatsphäre auch höchst problematisch.

Apple Maps

Eine Änderung, die schon im Vorfeld heftige Diskussionen auslöste, ist der Wechsel von Google Maps zu Apples neuem, eigenem Kartendienst. Die Funktionen im Überblick: Es gibt eine Karten-, Satelliten- und Hybrid-Ansicht. Man kann wie unter Google Maps den Verkehr anzeigen lassen, auf einen Klick zum eigenen Standort wechseln und zu einer 3D-Ansicht oder dem Fly-over-Modus wechseln. Außerdem bieten die Apple-Karten Turn-by-Turn-Navigation mit Sprachansage und Points-of-Interest über Yelp. Wer noch mehr Überblick braucht, kann bis zur Globus-Ansicht auszoomen.

Turn-by-Turn mit Siri

Das Positive zuerst: Ortung, Kartenaufbau und Zoom funktionierten im Test (über WLAN) blitzschnell. Interessierte können sich ansehen, wer das Kartenmaterial zur Verfügung stellt. In den Einstellungen lässt sich die Lautstärke der Navigationsstimme aus drei Stufen auswählen oder ganz abschalten. Den Weg zu einem gewünschten Ort kann man auch per Siri abrufen. Die Assistentin versteht zum Beispiel "Zeige mir den Weg zur Mariahilfer Straße" (nicht aber "navigiere zu") und bietet daraufhin verschiedene Adressen an. Das gewünschte Ziel angetippt, wechselt Siri zur Karten-App.

Die Verkehrsanzeige muss in den Einstellungen der Ortungsdienste unter Systemdienste aktiviert werden. Danach werden Straßen mit aktuell hohem Verkehrsaufkommen mit rot gestrichelten Linien markiert. Eine detailliertere Unterteilung, wie sie Google Maps bietet, gibt es nicht.

Fly-over-Modus

Für einige Metropolen gibt es auch den Fly-over-Modus mit fotorealistischen 3D-Modellen. In diesem Fall ändert sich das 3D-Symbol in ein kleines Skyline-Icon, das Auskunft über die Verfügbarkeit von Fly-over gibt. Der Detailgrad ist extrem hoch - sogar Plakate, Straßenmarkierungen und Graffitis werden angezeigt. Es macht Spaß, fremde Städte zu erkunden, der praktische Nutzen hält sich aber in Grenzen. Leider gibt es keine Übersicht, für welche Städte dieser Modus schon zur Verfügung steht. Für Wien gibt es ihn beispielsweise noch nicht.

Vergleich zu Google Maps

Wer sich nun denkt, dass die langjährige Auf- und Ausbauarbeit von Google nicht so einfach einzuholen ist, liegt richtig. Apple Maps reicht bei der Qualität der Straßenkarten und Satellitenaufnahmen nicht an den großen Konkurrenten heran. Der Informationsgehalt, den Google unter anderem auch durch User-Bewertungen erzielt, fehlt bei Apple Maps. Satellitenaufnahmen sind mitunter aufgrund der schlechten Auflösung kaum zu gebrauchen. Zudem finden sich zahlreiche Fehler beim Rendering, was im Web für viel Spott und Hohn gesorgt hat (der WebStandard berichtete).

Google-App kommt zurück

Dass Apple hier rasch zu Google aufholen kann, ist schwer vorstellbar. Verbesserungen wird es sicherlich im Lauf der Zeit geben (Apple sucht bereits neue Entwickler), aber Googles Vorsprung ist so groß, dass Google Maps unter iOS 6 derzeit eine Lücke hinterlässt. Nach aktuellem Stand soll Google seine Maps für iOS 6 wie berichtet zumindest noch vor Weihnachten veröffentlichen.

Zwischenlösung

Abhilfe schaffen kann man inzwischen, indem man die Seite maps.google.com in Safari aufruft und als eigenes Icon zum Homescreen hinzufügt. Dazu muss Safari in den Ortungsdiensten auf die Standortdaten zugreifen dürfen. Die Funktionen sind zwar eingeschränkt, doch das Kartenmaterial ist besser als Apples Schusterei.

Youtube

Auch Youtube ist der Google-Rausschmissaktion Apples zum Opfer gefallen. Hier steht aber immerhin eine App von Google zur Verfügung, die aus dem App Store heruntergeladen werden kann. Nachteil: Videos können nicht über diese App hochgeladen werden, das funktioniert nur mit Videos aus der Kamera-App. Zudem ist die App noch nicht für das iPad optimiert. 

Siri

Sprachassistentin Siri hat nun mehr Tricks auf Lager. Einerseits ist sie nun auch auf iPad und iPod Touch (ab der fünften Generation) verfügbar. Andererseits hat sie weitreichendere Handlungsbefugnisse erhalten. So kann man über Siri Sportergebnisse, Filme (etwa aus einem bestimmten Genre) und Restaurants in der Nähe abrufen. Sofern ein Restaurant die Online-Tischreservierung anbietet, kann man Siri auch gleich ansagen, für wann man einen Tisch reservieren möchte.

Tweets ansagen

Außerdem kann man die Sprachassistentin - wie weiter oben erwähnt - mit Apple Maps verwenden und über sie sogar auf Twitter und Facebook posten. Twittern etwa funktioniert relativ gut, und mit "Doppelpunkt Bindestrich Klammer zu" kann man sogar :-) ansagen. Tweets lassen sich auch nachträglich ändern und mit Hashtags versehen. Bis man einen Tweet fertig angesagt hat, hätte man ihn aber vermutlich schon dreimal getippt.

Es lassen sich unter anderem auch sämtliche Apps (auch von Drittanbietern) starten und Musiktitel auswählen. Die Filmdatenbank lässt noch zu wünschen übrig, und bei der Spracherkennung gibt es Probleme bei Wörtern aus Fremdsprachen und Dialekten. Insgesamt funktioniert Siri gut und der Funktionsumfang ist recht ansehnlich. Wer Siri aufruft und auf das Informations-Symbol tippt, bekommt einen Überblick, was alles möglich ist.

Passbook

Eine vollkommen neue App, die mit dem Update kommt, ist Passbook. Anstatt NFC für bargeldloses Bezahlen am iPhone 5 zu integrieren, setzt Apple bei seiner Version der "digitalen Geldbörse" auf alles andere, was mensch in seiner Geldbörse herumführt. So werden Kundenkarten, Eintrittskarten, Coupons und Bordkarten in der App versammelt.

Das klingt zunächst praktisch, ist auf den zweiten Blick aber noch ein gutes Stück von der Alltagstauglichkeit entfernt. Öffnet man die Passbook-App, wird man auf eine eigenen Sektion im App Store verwiesen, in der man Apps mit Passbook-Support herunterladen kann. Zum Zeitpunkt dieses Tests waren das im österreichischen App Store: Lufthansa, Hotel Suche, United Airlines, American Airlines, MLB.com At Bat, MeNetwork, Belly und Zero Prospectus. Auf passmagnet.com und passsource.com kann man sich eigene Pässe erstellen und auf das iPhone schicken lassen.

Bedingt brauchbar

Bei Zero Prospectus handelt es sich um eine französische App, die Flugblätter ersetzen soll. Belly ist eine US-amerikanische Kundenbindungsplattform - für den österreichischen Markt sind beide nicht geeignet. Wie schnell sich Passbook im österreichischen Handel durchsetzen wird, ist unklar. Bereits vor einiger Zeit untersuchte der WebStandard die Akzeptanz von Kundenkarten-Apps bei heimischen Unternehmen. Bislang gibt es noch kaum Bestrebungen, diese Art der Kundenbindung zu unterstützen.

Bug

Direkt nach dem Update gab es im Test zudem ein Problem damit, von Passbook aus auf den App Store zugreifen zu können. Der Bug betrifft offenbar mehrere User. Mit einem Trick kann er behoben werden, indem man in den Einstellungen die Systemzeit um ein Jahr nach vor stellt, dann Passbook erneut aufruft und die Zeit dann wieder richig stellt. Im Test hat dieser Workaround geholfen.

Neue Telefoniefunktionen: Bitte nicht stören!

Gegen den Trend "always on" scheint unter iOS 6 nun ein eigenes Kraut gewachsen zu sein. Mit dem neuen "Nicht stören"-Modus werden eingehende Anrufe und Hinweise stumm geschaltet. Auf Wunsch kann das manuell aktiviert oder für einen bestimmten Zeitraum immer nach Plan eingeschaltet werden, etwa zwischen 23 Uhr und 7 Uhr morgens.

Damit man wichtige Anrufe dennoch nicht verpasst, kann man Ausnahmen für Favoriten und eigene Kontaktgruppen setzen. Zudem kann man einstellen, dass ein zweiter Anruf von ein- und derselben Person nicht stummgeschaltet wird, sofern er innerhab von drei Minuten erfolgt. Apple gibt Nutzern damit mehr Freiheit, den Feierabend zu genießen, ohne Angst haben zu müssen, dass wirklich wichtige Anrufe im Fall eine kompletten Stummschaltung übersehen werden.

SMS statt Anruf

Zudem kann man bei einem Anruf, automatisch per Knopfdruck eine SMS schicken, wenn man gerade keine Zeit oder Lust hat zu telefonieren. Zur Wahl stehen drei Antwortmöglichkeiten: "Ich rufe später an", "Ich bin unterwegs" und "Was gibt's?". In den Einstellungen kann man zudem eigene Antworten definieren. Alternativ kann man sich später erinnern lassen, um nicht auf den Rückruf zu vergessen. Etwas unpraktisch ist, dass man diese Optionen erst über einen Button aufrufen muss, während das iPhone die ganze Zeit weiterklingelt.

Ebenfalls neu: Videotelefonie über Facetime funktioniert nach dem Update auch über 3G-Netzwerke, und dank der einheitlichen Apple-ID können Anrufe an die Telefonnummer auch von iPad und Mac aus entgegengenommen oder gestartet werden.

Interface-Tweaks

Generell hat Apple auch zahlreiche Modifikationen am Interface von iOS vorgenommen. So erscheint über den Teilen-Screen (zum Beispiel in Safari, um einen Link zu verschicken) nun keine Liste mehr, sondern ein Fenster mit Icons. Für die Usability ist das nur von Vorteil, zumal man die Icons von Mail, Facebook oder etwa Twitter viel schneller erkennt, als erst eine Liste mit Begriffen durchgehen zu müssen.

Glanzhighlight

Farbschemata und teilweise auch komplette Menüs wurden überarbeitet. Mitunter wirkt iOS 6 dadurch nicht mehr so konsistent. Ein (klitze)kleines Highlight bei der neuen Optik ist der metallische Glanzeffekt beim Lautstärkeregler in der Musik-App: Je nachdem, wie man das iPhone hält, verändert sich der Glanz des Buttons. Im Grunde eine unnötige Spielerei, zeigt es doch Apples Liebe zum Detail.

Neuer Look für App Store und iTunes

Bei den Stores hat Apple ein besonders umfassendes Redesign vorgenommen, das im Fall des App Stores leider nicht durchwegs gelungen ist. Sucht man nach einem Begriff, um eine bestimmte App zu finden, bekommt man keine Liste mehr präsentiert. Stattdessen muss man durch Cover-Flow-ähnliche Miniaturansichten blättern, die bei mehr als 50 Suchergebnissen vollkommen unbrauchbar werden.

Sucht man eine konkrete App wie "Angry Birds", ist das kein Problem, da sich das gewünschte Programm meist unter den ersten Ergebnissen befindet. Bei einer allgemeineren Suche, etwa nach Notizanwendungen, verzeifelt man jedoch schnell an der neuen Unübersichtlichkeit.

Neue Apps schneller entdecken

Listenansichten gibt es aber auch weiterhin für "zugehörige" Apps, also etwa weitere Programme desselben Entwicklers oder Apps, die andere Kunden auch gekauft haben. Auch in den einzelnen Kategorien, den Highlights und Charts ist die Listenansicht geblieben. Die Informationen zu Apps sind übersichtlicher geworden, und über die neue Startseite werden populäre und neue Apps besser hervorgehoben.

Einfachere Downloads und Updates

Positiv ist, dass man bei Downloads nun nicht mehr aus dem App Store geschmissen wird und der neuen App beim Laden auf dem Homescreen zusehen muss. Stattdessen wird ein Fortschrittsbalken im App-Icon innerhalb des App Stores angezeigt. Außerdem muss man bei Updates bereits installierter Apps nicht mehr das Kennwort für die Apple-ID eingeben. Neue Apps werden nun mit einem kleinen "Neu"-Banner gekennzeichnet, bis man sie zum ersten Mal öffnet. 

Sehr praktisch bei iTunes ist auch der neue Verlauf, in dem man nochmals Revue passieren lassen kann, welche Titel man angehört hat. Podcasts können nun nicht mehr über iTunes geladen werden. Stattdessen stellt Apple eine eigene App zur Verfügung, die kostenlos im App Store heruntergeladen werden kann.

Bei der Musik-App trat im Test ein Problem mit der iCloud-Synchronisierung auf. Titel und Cover-Art waren mit aktiviertem iCloud/iTunes Match zwar vorhanden, doch die Playlists fehlten. Erst nach mehreren Stunden funktionierte der Abgleich wieder.

Safari

Apples mobiler Browser, der seit einigen Monaten starke Konkurrenz durch Chrome bekommen hat, wurde ebenfalls überarbeitet. Die praktischste der neuen Funktionen sind die iCloud Tabs, über die geöffnete Tabs nun unter allen Geräten synchron gehalten werden können, vorausgesetzt, sie sind mit derselben Apple-ID verbunden. Automatisch geöffnet werden die Tabs jedoch nicht, stattdessen muss man sie erst über das Menü aufrufen.

Fullscreen

Ebenfalls nützlich ist die neue Fullscreen-Ansicht, die man öffnen kann, wenn man das iPhone horizontal hält. Zur Navigation gibt es einen dezenten Zurück-Button, zur Adresszeile gelangt man, indem man mit dem Finger von oben nach unten wischt. Wer Artikel zur Leseliste hinzufügt, benötigt ab iOS 6 keine Internetverbindung mehr zum späteren Lesen.

Mail

Den E-Mail-Client hat Apple näher an die Desktop-Version von Mail herangezogen. So gibt es wie unter OS X eine VIP-Inbox. Nutzer können bestimmte Kontakte als VIPs markieren - auf welchem Gerät das erfolgt, ist egal, die VIPs werden über Mac und iOS-Geräte synchronisiert. Nachrichten dieser Personen landen gesammelt in einem eigenen Postfach. Für verschiedenen Mail-Accounts können nun auch verschiedene Signaturen eingerichtet werden, und neue Mails werden durch "Pull to refresh" geladen.

Fotos/Videos anhängen

Ein wahrer Segen ist auch die neue Möglichkeit, Fotos und Videos direkt aus Mail an eine Nachricht anzuhängen. Bislang musste man zum Versenden eines Fotos die Foto-App öffnen und das Bild von dort aus teilen. Nun reicht es, in eine E-Mail etwas länger hineinzutippen, und es öffnet sich ein Kontextmenü zum Einfügen eines Fotos oder Videos.

Panoramakamera

Ein kleines Update hat Apple der Kamera-App spendiert, die nun über einen neuen Panorama-Modus verfügt. Das Features wurde denkbar einfach umgesetzt: Der Nutzer muss nicht mehr tun als die Aufnahme zu starten und das iPhone so zu bewegen, dass der Onscreen-Pfeil auf der Linie bleibt. Maximal können Panoramabilder mit 28 Megapixel aufgenommen werden. Im Gegensatz zu Apps von Drittanbietern werden die Fotos bei Apples-Lösung ohne Verzögerung zusammengesetzt, allerdings sind keine 180 Grad möglich.

Sonstige: iPad-Uhr, Kalender und iTunes-Sync

Im Detail gibt es noch unzählige praktische neue Funktionen, von denen aus Platzgründen hier nur noch einige erwähnt werden sollen. In der iPad-Version von iOS 6 ist eine neue Uhren-App gelandet, der Apple ein anders Design als der iPhone-Variante spendiert hat (und hat sich gleich den Zorn der Schweizer Bahn ob der frappanten Ähnlichkeit mit deren Bahnhofsuhren zugezogen).

Beim Erinnerungen-Icon wird man nun anhand eines kleinen roten Stickers über offene Tasks informiert. In der Mitteilungszentrale werden bei einem Kalendereintrag auch das Enddatum sowie Woche und Datum angezeigt. In der Kalender-App selbst können auch iPhone-User bei horizontaler Haltung die Wochenansicht öffnen. Über iTunes heruntergeladene Videos können dank iCloud-Sync auf anderen Geräten an der gleichen Stelle weitergeschaut werden.

Fazit

iOS 6 bringt eine Unmenge an Detailverbesserungen, die das Update zum No-Brainer machen. Leider gibt es auch noch einige Probleme, die Apple rasch ausbügeln muss. Das größte Manko ist jedoch der Kartendienst, der nicht ansatzweise an Google Maps heranreicht. Wer Google Maps intensiv und oft nutzt, sollte mit dem Update eventuell warten, bis Google eine eigene App veröffentlicht hat. (Birgit Riegler, derStandard.at, 23.9.2012)