Berlin – Der Chefredakteur der türkischen Tageszeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, ist wegen Morddrohungen offenbar ins Ausland geflüchtet. Das berichtete die deutsche Tageszeitung "taz" unter Verweis auf den Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall. Dieser habe dies bei einem Besuch von "Cumhuriyet" von Interims-Chef Aydin Engin erfahren.

Es habe einen entsprechenden Hinweis des Polizeipräsidenten in Istanbul gegeben – verbunden mit der Aufforderung an Dündar, für zwei Monate ins Ausland zu gehen, berichtete Überall. Dündar war wie berichtet im Mai wegen der Berichterstattung seiner Zeitung über Waffenlieferungen der Türkei an syrische Extremisten zu einer Haftstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt worden.

Der 75-jährige Aydin Engin rechnet damit, dass Dündar im August zurück sei und die Chefredaktion wieder übernehme. Er selbst sei zu alt für diese Position und sehr müde, zitiert ihn die "taz".

Viele türkische Journalisten fürchteten, dass die Repressionen vonseiten der Regierung nach Ende des Ramadan noch zunehmen könnten. "Man rechnet jetzt mit einer Welle von Anklagen", sagte Überall, der am Montag und Dienstag zu einem Solidaritätsbesuch in der Türkei war. Überall hat dort Journalisten von sechs Zeitungen und zwei Fernsehsendern getroffen. Bei allen Medien sei eine große Verunsicherung zu spüren gewesen. (APA, 12.7.2016)