Wien – Die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn sind angespannt. Nachdem Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán im ORF-"Sommergespräch" kritisiert hat, konterte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó im STANDARD-Interview: Faymanns Ungarn-Kritik entspräche nicht der Wahrheit und basiere auf politischen Motiven.

Der Kanzler soll darüber nicht erfreut gewesen sein. Von diplomatischen Verstimmungen will man im Bundeskanzleramt aber nichts wissen. Ganz im Gegenteil: Faymann sei im ständigen telefonischen Kontakt mit Orbán. Trotz inhaltlicher Auffassungsunterschiede sei die Gesprächsbasis intakt, heißt es aus Faymanns Büro.

Unterschiedliche Positionen bei Quote

Dennoch sind die Unterschiede nicht unwesentlich. Faymann hat in der Vergangenheit wiederholt die Errichtung des Grenzzauns an der ungarisch-serbischen Grenze kritisiert und tritt für eine verpflichtende europäische Asylquote ein, die Ungarn vehement ablehnt. Trotzdem sei Orbán von allen Entscheidungen am Wochenende in Österreich und Deutschland vorab unterrichtet worden.

Nun will der Bundeskanzler seine Bemühungen verstärken und Orbán von Quotenregelung und einer gemeinsamen Asylpolitik überzeugen. Nach einem Gespräch mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka sowie dem slowakischen Amtskollegen Robert Fico am Montag in Bratislava sagte Faymann, dass man "noch nicht ganz der gleichen Meinung" sei. Fico sprach hingegen von "tiefen Differenzen. Wir halten Quoten für irrational".

Verzögerung seit Wochen

Laut Faymann habe Fico aber Unterstützung für die Unterbringung von 500 Flüchtlingen aus Traiskirchen im slowakischen Ort Gabčíkovo zugesagt. Die vereinbarte Unterbringung von Flüchtlingen verzögert sich seit Wochen. Einig war man sich, dass die Sicherung der EU-Außengrenzen funktionieren müsse.

Für den heutigen Dienstag ist ein koordinierendes Treffen mit Schwedens Ministerpräsident Kjell Stefan Löfven in Stockholm geplant.

In anderer Hinsicht, nämlich in Sachen EU-Sondergipfel, sieht es derzeit nicht nach Bewegung aus. EU-Ratspräsident Donald Tusk will der Forderung Österreichs und Deutschlands nach einem außerordentlichen Treffen weiter nicht nachkommen. (mte, ksh, 7.9.2015)