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Microsoft-Managerin Lorraine Bardeen bei der Vorführung von Hololens im Januar.

Foto: AP

Seit Satya Nadella bei Microsoft das Zepter schwingt, hat sich die Außenwahrnehmung des Konzerns deutlich gebessert. Immer stärker positioniert sich das Unternehmen mit einem Fokus auf Dienstleistungen, Das vor kurzem offiziell gestartete Windows 10 soll den Windows 8-Flop vergessen machen. Und mit dem Augmented-Reality-Headset Hololens hat das Unternehmen seit langem ein Projekt anstarrt, dessen Vorstellung viele Kinnläden nach unten fallen ließ.

Der IT-Riese bringt Hololens als Alternativkonzept zu Virtual Reality in Stellung. Anstatt sich vollständig einer virtuellen Welt hinzugeben, sollen digitale "Hologramme" die reale Welt erweitern. Es erschließen sich Anwendungspotenziale von der Architektur, bis hin zur Medizin, der Verwendung für Unterhaltung und Kommunikation in den eigenen vier Wänden und natürlich Gaming. Microsoft war nicht scheu, seine Vision in spektakulären Demonstrationen zu zeigen – und spielt damit aber ein Spiel mit dem Feuer.

Die Vorstellung von Hololens während der Windows 10-Präsentation im vergangenen Jänner.
IGN

Schein und Sein

Dass Menschen, die ein aktuelles oder zukünftiges Produkt vermarkten, selbiges über alle Maßen loben, ist nichts neues. Die PR lebt davon, Dinge in ein möglichst schönes Licht zu rücken und die meisten Konsumenten sind daran gewöhnt, dass das Beworbene seinen Werbeversprechen am Ende eben nicht hundertprozentig entspricht.

Problematisch wird es allerdings, wenn die Lücke zwischen Schein und Sein zu groß ausfällt. Und dieser Wahrnehmungsgraben könnte bei Hololens durchaus schon entstanden sein. Denn bisherige Hands-on-Berichte zeigen: Was man beim Aufsetzen des AR-Headsets erlebt und dem, wie es Microsoft aufwendig präsentiert, klaffen Welten.

Dass Microsoft auf der nicht minder umwerfenden E3-Vorführung dann auch noch suggerierte, mit einer Spezialkamera das Erlebnis praktisch originalgetreu wiederzugeben, verschlimmert die Situation, auch wenn ein kurzer Spot von Anfang Juli über den Einsatz der AR-Brille im Bildungsbereich erstmals, wenn auch nur kurz, ein etwas realistischeres Bild transportiert.

Demonstration von Hololens auf der Build-Keynote im April.
Chris Burns

Zu kleines Sichtfeld

Die Berichte über erste Erfahrungen mit Hololens vereinen einen großen Kritikpunkt: Das kleine Sichtfeld. Lassen es die Microsoft-Demos stets so erscheinen, als würde die Brille das komplette Wahrnehmungsfeld mit virtuellen Objekten bevölkern können, erscheinen diese tatsächlich nur wie auf einem Bildschirm, der sich zentral im Blick befindet. Die Grenzen, an denen die eingebettete virtuelle Welt endet, sind klar erkennbar, denn sie wird dort einfach abgeschnitten. Eine heftige Diskrepanz zu den Erwartungen, die man erweckt. Außerdem soll das Sichtfeld der Hololens-Version, die einige Leute bereits nach der ersten Vorführung Anfang Januar ausprobieren konnten, größer gewesen sein, als beim aktuellen Prototypen.

Nun könnte man argumentieren, dass Hololens noch kein fertiges Produkt ist und es bis zur Verfügbarkeit noch Verbesserungen geben wird. Das hat Microsoft auch selbst auf die Kritik erwidert. Doch Kudo Tsunoda, einer der Verantwortlichen für das Projekt, erklärte nun gegenüber The Verge, dass mit einer merkbaren Vergrößerung des Sichtfelds eher nicht zu rechnen sei.

Minecraft mit Hololens auf der E3.
Kotaku

Vorprogrammierte Enttäuschung

Somit löst Microsoft nicht das meist kritisierte Problem von Hololens und steuert auf erwartbares, gefrustetes Feedback von Käufern zu, die ihr Geld in die erste Generation des Gerätes stecken werden. Während ein Computerspiel, das zum Release doch nicht ganz so hübsch aussieht, wie in vorherigen Screenshots und Trailern diese Schwächen mit gutem Gameplay, atmosphärischer Erzählung und anderen wichtigen Stärken wettmachen kann, lebt Hololens hauptsächlich davon, die virtuelle Welt immersiv in die Realität einzubinden – egal für welche Form der Anwendung.

Und das ist schade. Denn trotz dieses Mangels ist der tragbare AR-Computer ein vielversprechendes und mutiges Unterfangen mit viel Potenzial. Es zeigt auch, dass Microsoft die Zeichen der Zeit verstanden hat und sich für die aufregende Technikzukunft wappnet. Durch die unbedachte Verbreitung übertriebener Versprechungen riskiert man einen Fehlstart, den Hololens nicht verdient hat. (gpi, 11.08.2015)