Der elterlichen Durchsetzungsfähigkeit auf den Zahn gefühlt: Wem Konsequentsein schwer fällt, der hat auch beim Thema Zähneputzen schlechte Karten.

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Wer sagt, dass Zähneputzen langweilig ist? Das "Zahnputzschwein Olli" erlebt im gleichnamigen Bilderbuch aus dem Jahr 2009 allerhand Aufregendes - und macht Kindern ab drei Jahren Lust auf das Zähneputzen.

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Nur ja kein Zwang! Sonst verliere das Kind die Lust am Zähneputzen für alle Zeit! So tönt es aus diversen Eltern-Foren im Internet. Doch wer lässt sein Kind schon nach einem Riegel Schokolade und Gummibärchen ohne Zähneputzen schlafen gehen? Also einen Batzen von der fruchtig riechenden Kinderzahnpasta auf die lustig brummende Kinderzahnbürste geklatscht und rein damit in den Kindermund! Der ist dann aber meist schon aus dem Badezimmer geflohen – mitsamt dem kreischenden Kind, das wieder einmal auf gar keinen Fall die Zähne putzen möchte.

"Es ist normal, dass Kinder nicht immer Zähne putzen wollen", sagt Kinderzahnärztin Gabriela Eisenmenger. "Sie wollen auch nicht immer schlafen gehen oder Hausaufgaben machen. Trotzdem muss das alles geschehen." Eisenmenger nimmt die Mütter und Väter in die Pflicht: "Wir Eltern müssen konsequent bleiben. Wer seinem Kind nicht die Zähne putzt, der vernachlässigt es. Das klingt hart, aber in Anbetracht dessen, was ich täglich in meiner Praxis sehe, muss man das so sagen."

Kinder testen Grenzen

Das tägliche Zähneputzen ist deswegen ein so guter Nährboden für Streitereien, weil es die Kinder dazu verlockt, Grenzen auszutesten. Wenn Eltern Konsequentsein schwerfällt, haben sie auch beim Zähneputzen schlechte Karten. Doch gerade die Zahnpflege darf nicht verhandelt werden: Sie muss einfach sein.

Die Eckdaten sind rasch geklärt: Zweimal täglich sollten Kinder Zähne putzen, jeweils drei Minuten lang. "Drei Minuten sind für kleine Kinder sehr lange", sagt Gabriela Eisenmenger. "Wenn jemand in einer Minute die Kinderzähne sauber bekommt, passt das auch." Entscheidend sei, dass alle Zahnflächen gereinigt werden – also Kauflächen, Außenseiten und Innenseiten. Doch oft ist man schon nach zehn Sekunden Schrubben verschwitzt, weil das Kind sich weinend im Arm windet. Falls das Kind überhaupt den Mund aufgemacht hat. Die Eltern sollten den Kindern so lange die Zähne putzen, bis diese im Volksschulalter sind und flüssig schreiben können.

Mit der Bürste vorm TV

Wer gar nicht will oder besonders müde ist, darf sich auch vor dem Fernseher die Zähne putzen lassen. In einen Becher den Schaum ausspucken: fertig. Was für das Kind nebenbei läuft, sollte für die Eltern aber ein Fixpunkt sein: "Schenken Sie Ihrem Kind fünf Minuten täglich für eine gute Zahnpflege", so Eisenmengers Rat. Denn zum Zähneputzen gibt es keine Alternative, Kaugummi und eine Spülung mit Wasser sind Notlösungen.

Singen, Reimen und ganz viel Lob

"Bei uns in der Ordination helfen Reime und Lieder, damit die kleinen Patientinnen und Patienten den Mund aufmachen. Das kann man auch zu Hause probieren, wenn das Kind einmal streikt. Und natürlich loben, loben, loben." Auch elterliche Kreativität ist gefragt: So wird die Zahnbürste kurzerhand zum Zauberstab, die Zahnpasta zum Glitzerstaub, mit der die bösen Zahnteufelchen aus dem Mund gejagt werden.

Oft hilft es Zahnputzverweigerern schon, wenn sie mithelfen dürfen. Dann bekommen sie eine Bürste, mit der sie die eine Seite putzen, während man als Elternteil die andere Seite bearbeitet. Am wichtigsten allerdings ist es, als Mutter oder Vater ein gutes Vorbild zu sein und sich selbst in der Früh und am Abend gründlich die Zähne zu putzen. So lernen Kinder, dass Zahnpflege selbstverständlich und alltäglich ist. (Karin Jirku, derStandard.at, 11.11.2014)