Wien – Seit Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) mit Generalstabschef Othmar Commenda Freitagmittag in der Wiener Stiftskaserne sein Sparpaket für das finanzmarode Bundesheer präsentiert hat, setzen Rot und Schwarz auf Drohgebärden wie einst zu Zeiten des Kalten Krieges: Während Klug noch vor unzähligen Uniformierten und im Fokus ebenso vieler Kameras über die Straffung einzelner Verbände sowie das Aufstellen von einem Dutzend neuer Milizkompanien referierte, gingen die Landeshauptleute der ÖVP in Stellung.

Erstens: Kasernenschließungen, zweitens: weniger Panzer, Abwehr & Co. Gegen manche Sparpläne von Verteidigungsminister Klug (SPÖ) regt sich bereits jetzt Widerstand der ÖVP.

Der Vorarlberger Markus Wallner will das verkündete Aus für die Militärmusikkapelle in seinem Reich nicht hinnehmen. Der Salzburger Wilfried Haslauer fordert, dass alle Kasernen in seinem Land erhalten bleiben müssen (siehe Reaktionen). Dazu hält Klugs Amtskollegin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP, Inneres) fest, dass sie im Vorfeld "leider" nicht über das Sparkonzept informiert worden sei. Kurz gefasst: Trotz akribischer Vorbereitung von Minister wie Militärführung ortet der Koalitionspartner an allen Ecken und Enden "Gesprächsbedarf".

Kurz wies die Kritik am Samstag zurück. Er habe das Konzept für die Bundesheerreform bereits bei der Regierungsklausur an Viezkanzler Reinhold Mitterlehner übergeben, sagte er im Ö1-"Journal zu Gast".

Schwarze Querschüsse

Doch weil sich die schwarzen Querschüsse trotz persönlicher Vorgespräche Klugs mit sämtlichen Landeshauptleuten schon im Vorfeld abgezeichnet haben, erhöhte auch der Heeresminister den Druck in Richtung des Regierungspartners - und forderte wortreich von der Finanzministerpartei ÖVP "Sonderinvests", also mehr Geld ein, denn sonst, so drohte Klug, führe das unweigerlich zu "einer massiven Einschränkung der Leistungsbereitschaft" - insbesondere auch bei der Luftraumüberwachung. Auf Nachfragen ließ der Minister sogar die Zukunft der Eurofighter offen. Dazu assistierte Commenda: "Dann werden wir die Dinge von vorn überdenken müssen."

Hintergrund: Summa summarum sehen die ehrgeizigen Pläne von Klug am Ende, also ab 2018, ein Sparvolumen von gar 200 Millionen Euro im Jahr vor. Doch weil Klug bisher weder vom abgetretenen Finanzminister Michael Spindelegger noch von dessen Nachfolger Hans Jörg Schelling explizit mehr Mittel für die Luftstreitkräfte ab 2016 zugesagt wurden, mahnte der Verteidigungsminister zudem ein, dass diese auch bei Katastrophen von höchster Bedeutung seien - und dass es da andernfalls brenzlig werden könnte.

Teure Updates

Denn während schon die Eurofighter einen großen Teil des Heeresetats verschlingen, stehen bald auch für die Black Hawks, die bei Hochwasser, Lawinenabgängen & Co zum Einsatz kommen, teure Updates an, die laut Klug nicht aus dem laufenden Budget bestritten werden können. Schützenhilfe erhielt der Minister von Bundespräsident und Oberbefehlshaber Heinz Fischer - auch er pocht auf Investitionen. Für Fischer steht fest, dass es sich bei der Landesverteidigung um eine staatspolitische Aufgabe handelt, die in der Verfassung verankert ist und bei der es letzten Endes auch um die bestmögliche Sicherheit des Landes gehe.

Während die Airbus Group nun betont, dass die jüngst bekanntgewordenen Fertigungsfehler am Rumpfheck des Eurofighters "weder für Piloten noch für das Flugzeug selbst" ein Risiko seien, will sich Klug am Samstag den heeresinternen Zwischenbericht zur Prüfung der jüngsten Vorfälle vorlegen lassen - und demnächst die Öffentlichkeit über aktuelle Entwicklungen informieren.

In einer anderen Sparangelegenheit geht es dagegen friktionsfreier ab: Dem ORF bestätigte der Tiergarten Schönbrunn, dass exakt vier Giraffen vorübergehend auf dem Areal der Maria-Theresien-Kaserne untergebracht werden, laut News bekommt das Bundesheer dafür 9900 Euro pro Jahr.

Die ehrgeizigen Pläne von Klug und Commenda im Detail:

  • Kasernenschließungen So schnell wie möglich soll nun das Stilllegen von 13 militärischen Standorten angegangen werden. Für sechs davon gibt es bereits einen Ministerratsbeschluss aus dem Jahr 2010, der bis dato – vor allem aus politischen Gründen – verschleppt wurde. Dazu kommen jetzt sieben "neue" Kasernen in fünf Bundesländern, nämlich in Tirol, Kärnten, Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark, die es treffen soll. Im Detail rechnet das Verteidigungsressort etwa für Oberösterreich vor: Das Auflassen der Tilly-Kaserne in Freistadt bringt 200.000 Euro im Jahr, weil dort der Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden muss. Das Aus für die Hiller-Kaserne in Linz schlage sich gar mit 730.000 Euro im Jahr zu Buche. Wie viel der Verkauf der alten Militärgebäude bringt, ist noch offen – weil das von den noch ausstehenden Angeboten abhängt.
Kasernenschließungen in Österreich.
  • Panzer, Abwehr & Co Das Bundesheer reduziert weiter bei seinen schweren Waffen, da ihr Gebrauch angesichts der neuen Bedrohungsszenarien ohnehin als höchst unwahrscheinlich gilt. So werden 25 weitere Kampfpanzer, 106 Artilleriegeschütze und 285 Panzerabwehrlenkwaffen "verwertet". Ganze Waffengattungen auflassen will man jedoch nicht, denn: Sollte sich die Sicherheitslage ändern, kann das Bundesheer den Bestand wieder aufstocken.
  • Luftstreitkräfte Hier drängen Klug und Commenda auf mehr Mittel ab 2016 – weil die Luftraumüberwachung dann keinesfalls mehr aus dem laufenden Budget bestritten werden kann. Die Black-Hawk-Hubschrauber brauchen ein kostspieliges Update, die veraltete Saab 105 wird ausrangiert, ebenso ist die betagte Allouette 3 spätestens 2020 Geschichte. Noch heuer soll es daher ein neues Finanzierungskonzept für die Sicherung des heimischen Himmels geben.
  • Personal Derzeit verschlingen vom ohnehin mickrigen Verteidigungsbudget rund 65 Prozent allein die Kosten für das Personal, also für die rund 15.690 Soldaten und die 8.322 Zivilbediensteten. Bis 2018 soll der Stand um 1.400 Stellen heruntergefahren werden: Abgänge durch Pensionierung etwa werden nicht nachbesetzt, die Aufnahmequoten auf das Nötigste minimiert. Dazu soll es eine "Dienstgradreform" geben, damit nicht mehr so viele Generäle und Oberste produziert werden.
  • Internationales Engagement Zuerst die gute Nachricht: Das Bundesheer wird seinen internationalen Verpflichtungen weiterhin nachkommen – nicht zuletzt, weil die Soldaten dort wichtige Erfahrungen sammeln, die sich auch in einem Worst Case hierzulande bewähren könnten. Allerdings kann sich der Spardruck auf den Umfang der Beteiligung an künftigen Friedensmissionen auswirken.
  • Wehrdienst Die Reform wird durchgezogen – allerdings hat der Sparstift auch Auswirkungen auf die Rekruten, denn: Ausbildner sollen keine unnötigen Überstunden mehr schieben, dazu ist die Mobilität der Truppen durch den laufenden Verkauf von mehr als 700 veralteten Geländefahrzeuge und Transportern vorerst eingeschränkt, bevor in den kommenden Jahren neue angeschafft werden können.
  • Militärmusik Auch für die insgesamt neun Kapellen in den Ländern ist Schluss mit lustig: Bald soll es nur noch eine in Tirol (für den Westen), eine in Oberösterreich (für den Norden), eine in Wien (für den Osten) und eine in Kärnten (für den Süden) geben, die bei Bedarf freilich auch in den benachbarten Bundesländern aufspielen werden. (Nina Weißensteiner, derStandard.at, 3.10.2014)

Kommentar: Das Bundesheer, eine Lachnummer