Wien - Bei der ÖVP hat Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) keinen bedingungslosen Beifall für sein Bundesheer-Konzept geerntet. Der schwarze Wehrsprecher Bernd Schönegger fand dieses in einer ersten Reaktion vielmehr "nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar". Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die das Spiegelressort zum Verteidigungsministerium inne hat, will Klugs Bundesheer-Sparpaket vorerst gar nicht beurteilen. Einfacher Grund: Sie wurde "leider" nicht im Vorfeld informiert, lässt ihr Sprecher wissen.

Schönegger jedenfalls geht davon aus, dass Klug noch "die Klärung vieler offener Fragen herbeiführen wird". Zuallererst gelte es ohnehin für die Regierung, sich auf die "Teilstrategie Verteidigungspolitik" zu einigen, bekräftige Schönegger, mit der konkretisiert wird, wie das Heer die Anforderungen der Sicherheitsstrategie erfüllen kann. Und erst dann könne die zukünftige Struktur der Streitkräfte fixiert werden. Jedenfalls sei das Bundesheer "so zu reformieren, dass es schlagkräftig und einsatzbereit agieren kann". Schließlich habe die Bevölkerung bei der Wehrpflicht-Volksbefragung eindeutig ihren Willen bekundet.

Bestenfalls Grundlage

Die am Freitag präsentierten Maßnahmen seien allenfalls "Orientierung und Grundlage", aber "nicht die Vorwegnahme eines Ergebnisses", so Schönegger weiter. Klug werde in "sachlicher und kooperativer Weise" den "unterschiedlichen Betroffenen und Entscheidungsträgern seine Vorstellungen im Detail und tiefgreifender ausführen und die Klärung vieler offener Fragen herbeiführen", erwartet er sich vom Minister. Die ÖVP selbst sei dabei ein kooperationsbereiter Partner.

Grüne attestieren Klug Kapitulation

Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz findet, Klugs Konzept greife zu kurz. "Der Minister traut sich nicht, sämtliche Kampfpanzer und andere nicht benötigte Waffensysteme komplett stillzulegen und den Betrieb der Eurofighter endlich zu beenden", so der Mandatar, der bekanntlich kein Freund der Abfangjäger ist. Mit der Beibehaltung der Militärkommandos habe Klug zudem "ein weiteres Mal vor den Landeshautleuten kapituliert".

Die FPÖ sieht ein Bundesheer-Begräbnis, das Team Stronach ortet "Sparen am falschen Platz". Die Neos können den Maßnahmen auch Positives abgewinnen, vermissen aber echte Reformen.

Staatspolitische Aufgabe

Bundespräsident Heinz Fischer hat die von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) vorgelegten Sparvorschläge für das Bundesheer als "schmerzliche, aber notwendige Schritte in der derzeitigen Situation" bezeichnet. Weitere Entscheidungen, die die Qualität und das Ausmaß der Einsatzbereitschaft des Bundesheers betreffen, würden aber noch zu treffen sein, erklärte der Oberbefehlshaber des Bundesheers in einer Aussendung.

Das hänge sehr eng mit der Budgetierung des Heeres und der Möglichkeit für Investitionen in den Jahren nach 2015 zusammen, so Fischer. Fest steht für ihn, dass es sich bei der Landesverteidigung um eine staatspolitische Aufgabe handelt, die in der Verfassung verankert ist und bei der es letzten Endes um die bestmögliche Sicherheit des Landes gehe.

Wiener Angebot

In Wien zeigt man sich ob der Einsparungspläne aufgeschlossen. Sollte die Starhemberg-Kaserne in Favoriten tatsächlich veräußert werden, wäre die Stadt als Käufer sehr daran interessiert, hieß es am Freitag aus dem Büro von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Im Rathaus gibt es bereits länger Überlegungen, nicht mehr benötigte Kasernen und andere Heeresstandorte zu erwerben. Auf den Arealen soll unter anderem neuer Wohnraum entstehen.

Erfreuter Niessl ...

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) zeigte sich in einer ersten Stellungnahme darüber erfreut, dass der Standort des Jägerbataillons 19 in Güssing mit Personal und Gerät aufgewertet werden soll. Das sei "ein positiver und guter Schritt".

... kritischer Niessl

Gleichzeitig kritisierte Niessl den allgemeinen Sparkurs beim Heer. Dieses stecke in einem "fürchterlichen Trilemma": Die Eurofighter seien "der größte und nachhaltigste Fehlkauf in der Geschichte der Republik Österreich" und die Grundursache für die prekäre Budgetsituation des Bundesheers. Es sei zynisch, dem Heer weiter Geld wegzunehmen, auf der anderen Seite nach Reformen zu rufen und eine volle Einsatzbereitschaft zu fordern. Und schließlich sei es verantwortungslos, junge Menschen einzuberufen und nicht die notwendigen Voraussetzungen für eine qualitätsvolle Ausbildung bieten zu können. Dass im Burgenland die Militärmusik nach einer langen Tradition aufgelöst werden soll, sei bedauerlich, so Niessl.

Kaiser will sich bei Militärmusik durchgesetzt haben

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) akzeptiert die für Kärnten vorgesehenen Einsparungen: "Das Wichtigste ist, dass das Bundesheer den Schutz und die Sicherheit der Kärntner Bevölkerung in vollem Umfang aufrechterhält." Die Goiginger-Kaserne in Bleiburg wird geschlossen, der dortige Lehrbetrieb nach Klagenfurt verlegt.

Kaiser betonte, dass es personell zu keinen Einsparungen komme. Das Gelände in Bleiburg sollen künftig lokale Wirtschaftsunternehmen nutzen. Dass die Kärntner Militärmusik erhalten bleibt, ist für Kaiser sein Verhandlungserfolg. "Wir haben uns hier gegen Graz durchsetzen können."

FPÖ-Landesparteiobmann Christian Ragger kritisierte Kaiser in einer Aussendung. Dieser würde nicht im Sinne des Bundeslands handeln. Außerdem kündigte er eine Unterschriftenaktion gegen die Schließung der Goiginger-Kaserne an. Laut Ragger besteht "im Ministerium" der Plan, aus der Kaserne ein Asylwerberheim zu machen, wofür es aber auf APA-Anfrage weder im Verteidigungs- noch im Innenministerium eine Bestätigung gab.

Schmerzhafter Verlust der steirischen Militärmusik

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) kritisierte die Einsparungen, nahm aber nicht den Verteidigungsminister, sondern die Regierung ins Visier: Diese sei sich "scheinbar nicht bewusst, was dies im Ernstfall in Hinblick auf ein gesamteuropäisches Verteidigungs- und Sicherheitskonzept bedeutet".

Klug sehe sich mit gekürzten Ressortmitteln konfrontiert, durch die auf Zeit "die Wertschätzung Österreichs innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft entscheidend leiden" werde, meinte Voves. Er sei aber froh, dass im vorgestellten Konzept die Kaserne in Aigen im Ennstal gehalten werden konnte, denn die dort stationierten Hubschrauber seien für den bundesweiten Katastrophenschutz unverzichtbar. "Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die Kaserne in Fehring sowie die Kirchner-Kaserne in Graz nun endgültig geschlossen werden. Der Verlust der Militärmusik ist sehr schmerzhaft, es wurde jedoch die Zusicherung gegeben, dass die nunmehr bundesweite Militärmusik wie bisher bei allen Veranstaltungen in unserem Bundesland zur Verfügung stehen wird", erklärte Voves.

Grazer Kompaniekommandant: Herber Schlag

Für Christian Stürzer, Kompaniekommandant in der betroffenen Kirchner-Kaserne in Graz, war die Nachricht persönlich ein "herber Schlag", da er seine Funktion erst kürzlich übernommen hatte. Er meinte, angesichts der vergangenen Einsparungen beim Bundesheer seien die Soldaten "eh schon auf alles vorbereitet". Man fühle sich ausgeliefert und als Spielball der Politik. Ob die Einsparungen gut oder schlecht seien, wolle man jedoch nicht kommentieren.

Als schwierig empfindet Stürzer die zeitliche Unklarheit: "Wir wussten Bescheid, dass die Kaserne nicht erhalten bleiben wird, aber zeitlich ist es immer noch fraglich, wann sie aufgelöst wird." Allzu bald kann es nicht sein, denn erst am 1. Oktober sind 67 Spitzensportler eingerückt, bis Ende November rückten auch noch 44 Grundwehrdiener ein. Für das Kaderpersonal sei auch noch unklar, wo es künftig stationiert sein werde.

Streichungsliste kein Reformkonzept

Eine Schließungs- und Streichungsliste sei noch keine Reform für das Bundesheer, reagierte der Sicherheitssprecher der niederösterreichischen ÖVP Gerhard Karner. Als "entscheidend" bezeichnete er ein "Sicherheitskonzept im Katastrophenfall". Über notwendige Maßnahmen zu reden mache erst dann Sinn, wenn ein Gesamtkonzept der Bundesregierung für das Bundesheer vorliege.

Verhandlungsgrundlage für Haslauer

Auch für den Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) ist bei den heute von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) präsentierten Sparplänen für das Bundesheer das letzte Wort noch nicht gesprochen. "Ich nehme das Papier als das zur Kenntnis, was es ist: eine Verhandlungsgrundlage, auf deren Basis mit dem Regierungspartner und mit den Ländern Verhandlungen aufgenommen werden."

In einer ersten Reaktion wehrte sich Haslauer gegen das Aushungern des Heeres und forderte, die Salzburger Bundesheer-Standorte müssen erhalten bleiben. Das trifft besonders für die Struckerkaserne im strukturschwachen Lungau zu. Salzburg habe seinen Beitrag zu einer Verkleinerung des Heeres in den vergangenen Jahren bereits geleistet: So seien die Struber-, Riedenburg- und Rainerkaserne verkauft und zwei Munitionslager und der Truppenübungsplatz Aualm aufgelassen worden. "Der Militärstandort Salzburg ist mit allen diesen Maßnahmen geschwächt worden. Die Schließung einer weiteren Kaserne ist nicht akzeptabel", so Haslauer, der darauf verwies, dass die Pachtverträge der Struckerkaserne vom Verteidigungsministerium erst kürzlich um weitere zehn Jahre verlängert worden seien.

Wenig Freude bereitet dem Landeshauptmann auch das geplante Aus für die Militärmusik Salzburg, die erst im Jahr 2011 um 3,2 Mio. Euro ein neues Musikgebäude bekommen hat. Die Kapelle sei im Bundesland fest verankert und einer der wichtigsten Werbeträger für das Bundesheer. "Der kulturelle Schaden und der Imageverlust stehen in keinem Zusammenhang mit dem Nutzen durch die Einsparungen", sagte Haslauer.

Bedauern trotz Stellungsstraßenerfolges

Der oö. LH Josef Pühringer (ÖVP) bedauert die Schließung der Kaserne Freistadt, strich in einer ersten Reaktionen aber vor allem die für sein Bundesland positiven Seiten heraus: "Ich begrüße, dass die Einsatzbereitschaft im Katastrophenfall beim Bundesheer weiter oberste Priorität hat und die Stellungsstraße in OÖ erhalten bleibt", auch der Fortbestand der Militärmusik sei ihm wichtig gewesen.

Hier spielt die Musik. Nicht mehr

Vorarlberg, obgleich im Schongang aus dem Sanierungsprogramm hervorgegangen, will die im Reformkonzept vorgesehene Streichung der Militärmusik nicht ohne Weiteres hinnehmen. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) erklärte, man werde sich das Reformpapier genau anschauen und forderte von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) Gesprächsbereitschaft. Mit der Auflassung der Militärmusik in Vorarlberg "sind wir nicht einverstanden", so der Landeshauptmann. Es gebe eine enge Vernetzung zwischen der Militärmusik und der Blasmusikszene. Auch der Blasmusikverband spreche sich für die Erhaltung aus.

Abweichler Platter

Einzig Tirols Landeshauptmann Günther Platter schert aus der schwarzen Abwehrlinie aus. Er akzeptiert die für sein Bundesland vorgesehenen Bundesheer-Einsparungen und freut sich, dass Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) seine im gemeinsamen Gespräch geäußerten Bedenken berücksichtigt habe.

(APA/red, 3.10.2014)