Bild nicht mehr verfügbar.

Deutschlands Verleger wollen Google zur Kasse bitten.

Foto: APA/EPA/BORIS ROESSLER

Wien - 2,2 Milliarden Euro schwer sind die Umsätze, die Google 2013 in Deutschland mit seinen Kanälen generierte. Ein Stück von diesem Kuchen wollen sich zwölf deutsche Verlage sichern, sie haben den Internetkonzern wie berichtet sowohl auf zivilrechtlichem Wege geklagt als auch Beschwerde gegen das Unternehmen beim deutschen Bundeskartellamt eingelegt. Grundlage der Klage sind Ansprüche nach dem deutschen Leistungsschutzrecht, die Verleger ignoriert sehen - in Kombination mit der marktbeherrschenden Stellung, die Google ausübe.

Konkret fordert die Verwertungsgesellschaft VG Media elf Prozent des Umsatzes, den Google mit Anzeigen lukriert, die im Zusammenhang mit redaktionellen Inhalten stehen. Stein des Anstoßes sind die so genannten Snippets,  Artikelanrisse wie sie etwa bei Google News zu finden sind. Google verdient mit diesen Inhalten von Nachrichtenseiten, indem dort Anzeigen geschalten werden.

Google und dann lange nichts

Eine Studie des Statistikdienstes Statista sieht Google in Deutschland als unangefochtenen Platzhirschen im Digitalsektor. Neben google.de mit 1,9 Milliarden Euro gehören noch Youtube und play.google.com zu den Umsatzbringern, die den Konzern mit Respektabstand auf Platz eins katapultieren. Auf Platz rangiert Apple mit iTunes und einem Umsatz von 369 Millionen Euro.

Grafik: Statista

Allianz aus zwölf Verlagen

Elf Prozent des Umsatzes sei eine Höhe, die im Urheberrecht durchaus üblich ist, sagt Torsten Rossmann, Vorsitzender des Beirates der VG Media und Geschäftsführer des Senders N24 zu derStandard.at. Die VG Media kämpft derzeit für die Rechte zwölf deutscher Verlage. Medienhäuser wie Axel Springer, Burda, Funke oder M. DuMont Schauberg haben sich zu einer Allianz zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Google vorzugehen. Weil die VG Media derzeit aber nicht alle vertritt, reduziert sich der geforderte Tarif aktuell auch sechs Prozent des Umsatzes, erläutert Rossmann. Proportional mit dem Rechteportfolio sollen es am Ende elf Prozent sein. Je mehr Verlage im Boot sind, desto höher der Obolus.

Torsten Rossmann, Verlegervertreter und Chef des Senders N24.
Foto: N24 Media GmbH/Oliver Schulze

Nicht nur Google im Kreuzfeuer

Neben Google sind noch andere Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren im Visier der Verleger. Die Rede ist von Yahoo, Microsoft und der Deutschen Telekom. Geklagt wird derzeit nur Google, mit den anderen soll zunächst verhandelt werden. Der Grund: "Google hat mehrfach öffentlich erklärt, nicht zahlen zu wollen", sagt Rossmann, was auch Kay Oberbeck, Kommunikationschef von Google Deutschland gegenüber derStandard.at bestätigt: "Wir sind überzeugt, dass unsere Angebote mit dem Leistungsschutzrecht in Einklang stehen."

Google: Verlage haben die Wahl

Nachdem das Gesetz im Frühjahr 2013 verabschiedet wurde, hat Google den Spieß umgedreht und für Google News ein Opt-In-Modell eingeführt. Medien müssen sich bewusst dafür entscheiden, dass ihre Texte gelistet werden. Praktisch alle machen davon Gebrauch, weil sie über die Suchmaschine viele Klicks generieren und damit Geld verdienen. Die Änderung der Spielregeln dient Google als Munition, um Forderungen der Verleger abzuwehren: "Jeder Verlag konnte schon immer selbst entscheiden, ob seine Inhalte über Google Dienste angezeigt werden oder nicht", meint Oberbeck, ohne zu sagen, was ein Verzicht bedeuten würde; nämlich zum Teil erheblich weniger Traffic auf den Seiten.

Foto: Google News

Googles Argumentation will Verlegervertreter Rossmann nicht gelten lassen. Ein "marktmächtiges" Unternehmen könne "gesetzlichen Zahlungsansprüchen" nicht ausweichen, indem es "Rechteinhaber zwingt, auf die Ansprüche zu verzichten und damit droht andernfalls auszulisten". Ein "kartellrechtswidrig durchgesetzter Rechteverzicht" ist in den Augen Rossmanns nichtig.

Frankreich kein Vorbild

Für eine außergerichtliche Einigung mit Google ist der Zug bereits abgefahren, glaubt er, zu verhärtet sind die Fronten, zu konträr die Standpunkte. In Frankreich beispielsweise blechte Google im vergangenen Jahr 60 Millionen Euro für Verlagsprojekte, um Medienhäuser zu besänftigen und einem langen Rechtsstreit zu entgehen. Eine einmalige Zahlung von der Rossmann nichts hält: "Sie sichert nicht dauerhaft eine angemessene Vergütung der Rechteinhaber."

"Wir denken nicht in Kategorien Feind oder Freund", meint Rossmann auf die Frage, warum viele Verlage auf der einen Seite eine Armada an Suchmaschinenspezialisten beschäftigen, um ihre Inhalte für Google zu optimieren und anderseits den Konzern an die Kandare nehmen möchten: "Wir gehen davon aus, dass kein noch so großes Unternehmen mit seiner Marktmacht unsere verfassungsrechtlich geschützten Rechte aushöhlen darf."

Österreichs Verleger applaudieren

Für den Rechtsstreit sorgen schwammige Passagen im deutschen Leistungsschutzrecht. Nicht klar geregelt ist, wie lange die Textausschnitte sein dürfen, die Google im Sinne des Grundrechts auf Information anzeigen darf. Intention des Gesetzes war, dass bereits kleine Ausschnitte aus Artikeln für eine gewisse Zeit gesetzlich geschützt sind. Rechteinhaber hätten durch die Vergabe von Lizenzen kassieren können. Im letzten Moment wurde das Gesetz noch einmal geändert, "kleinste Textausschnitte" sind - ohne nähere Definition - erlaubt.

Österreichs Verleger goutieren das Vorgehen ihrer deutschen Kollegen,  der Verlegerverband VÖZ plädiert für ein Leistungsschutzrecht österreichischen Zuschnitts - allerdings mit präziseren Regelungen, die nicht in Rechtsstreitigkeiten münden. (Oliver Mark, derStandard.at, 29.6.2014)