Zu Beginn dieses Jahres habe ich versucht, dem Wiener Winter zu entkommen und bin an die nördliche Adria geflüchtet – mit dem Ergebnis, dass ich zwei Wochen im mehr oder weniger dichten Nebel gesessen bin. Die Mischung aus Meeresnähe und schlechtem Wetter hat mir zumindest die Gelegenheit gegeben, mit etwas zu experimentieren, das hier eher selten vorkommt: Fisch.

Foto: Tobias Müller

Die Schwierigkeit, vor der der Fischkoch steht, ist, dass Fisch ganz besonders empfindlich auf Hitze reagiert. Die chemischen Prozesse, die jede Art von Fleisch trocken machen, setzen bei ihm bereits bei 50 Grad ein, gute zehn Grad kühler als bei Fleisch. Zudem hat er, im Gegensatz zum Landtier, kaum Kollagen, das zu Gelatine schmelzen und ihn saftig machen könnte. Er übergart daher mitunter innerhalb von wenigen Sekunden. Jetzt gibt es große Könner, die Fisch immer, überall und sowieso toll hin kriegen. Was aber hilft dem durchschnittlichen, mitunter unaufmerksamen Fischkoch wie mir? Einlegen in Salzlake; sehr niedrige, konstante Temperatur; oder das Kaltgaren in Säure.

Foto: Tobias Müller

Vorweg: Die beste Technik hilft nichts, wenn man sie an widerlichen Fisch verschwendet. Es gehört zu den großen kulinarischen Perversionen dieses Landes, dass Menschen hier Sushi kaufen, wenn (!) und weil (!!!) es billig ist. Ich habe für die Süßwassertests einmal zwei Fische gegeneinander antreten lassen: Die Bergforelle von Matthias Eberhardt, die er mit viel Liebe und Mühe in Rohr am Gebirge zieht, wo sie mindestens zwei Jahre wachsen darf. Und einmal eine ordinäre Zuchtforelle von einer Fischhandelskette. Der Unterschied war atemberaubend.

Foto: Tobias Müller

Der Billig-Fisch schmeckte im direkten Vergleich so unangenehm-fischig und hatte eine solch inferiore Konsistenz, dass wir ihn, Schande über uns, nicht einmal aufgegessen haben und uns lieber zu dritt zwei Fische teilten. (Wer die Bergforelle bestellen will: Unter 0664 1361630 ist der Her Eberhardt erreichbar, wenn ich mich recht entsinne, kostet das Kilo um die 24 Euro.)

Suren bringts

Der erste Schritt zum saftigen Fisch ist, wie bei so vielem anderen, ein kurzes Salzwasser-Bad. Ich habe ein Hechtfilet halbiert und die eine Hälfte 30 Minuten in eine fünfprozentige Salzlake gelegt, die andere Hälfte ungesurt gelassen. Anschließend wurden sie beide im gleichen Topf gleichzeitig gegart. Der Surfisch war mindestens um eine Klasse besser: saftiger und von geschmeidigerer Konsistenz. Selten bekommt man so viel bessere Ergebnisse mit so wenig Aufwand. Ähnliche Unterschiede, wenn auch nicht ganz so drastisch, habe ich mit Pökelforellen erzielt.

Kühles konfieren

Ein Ölbad hat einen riesigen Vorteil: Seine Temperatur lässt sich mit einem Thermometer ziemlich genau regulieren. Wer also Fisch in Öl gart, braucht nicht fürchten, ihn zu überkochen.

Thomas Keller, bei dem ich die Öl-Methode das erste Mal gesehen habe, benutzt sie für Kabeljau, der davon herrlich flockig-weich und üppig fischig wird. Das Fischkonfieren geht aber auch mit anderen Wasserbewohnern. Ich habe es in den vergangenen Wochen mit einem Salzwasser-Barsch (Name entfallen), einem Steinbutt, einem Hechtfillet und ein paar Forellen probiert. Am besten wird das ganze mit fetten Filets, aber auch ganze Fische bringen brauchbare Ergebnisse. Zudem lässt sich das Gargut perfekt würzen, etwa durch Knoblauchbeigabe oder die Verwendung von Artischocken-Öl oder gutem Olivenöl.

Foto: Tobias Müller

Die gewünschten Gewürze (Knoblauch, Thymian, Zitrone...) in genug Öl packen, um den Fisch damit später komplett zu bedecken. Der Topf sollte also nicht allzu groß sein, um die Ölmenge überschaubar zu halten. Auf 70 Grad erhitzen, vom Herd nehmen und auf 60 Grad herunter kühlen lassen. Den Fisch hinein legen und je nach Dicke zehn bis fünf Minuten ziehen lassen. Experimentieren Sie, welche Temperatur Ihnen am meisten zusagt.

Säuern statt kochen

Fisch (und so manches andere) lässt sich auch garen, ohne ihn auch nur ein bisschen zu erhitzen, indem man statt Hitze Säure den Job machen lässt. Das Ergebnis ist etwa in Lateinamerika als Ceviche äußerst beliebt, wo der Fisch und diverse andere Meeresbewohner in Zitrussäften mariniert und als Salat serviert werden. Das ganze geht aber auch mit anderen sauren Produkten, etwa der Einlegeflüssigkeit von milchsauer vergorenem Gemüse.

Ziehen Sie einem Saiblingsfilet die Haut ab: Mit der Fleischseite nach unten auf ein Brett legen, mit einem scharfen Messer die Haut etwa einen Zentimeter vom Fleisch lösen und mit einem Ruck abziehen. Geht mit etwa Übung ohne allzu großen Fischverlust recht gut. Schneiden Sie das Filet in etwa ein Zentimeter breite Streifen und legen Sie es zwei, drei Stunden in Salzgurken-Lake. Wer keine hat, der schnorrt seinen Marktstandler an. Das Ergebnis ist, je nach Lake, mitunter köstlich, vor allem sehr Dill-reiche Säfte eignen sich gut.

Foto: Tobias Müller

Ich habe den Saibling bisher stets als kleinen Snack einfach so verspeist, bin aber recht sicher, dass er sich etwa im Rote-Rüben-Salat super machen würde. Posten Sie Ihre Erfahrungsberichte!