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Michael Spindelegger steht mit dem Rücken zur Wand - dort aber ganz gut.

Foto: apa/schlager

Wien - Alles lästert in der ÖVP zwar hinter vorgehaltener Hand über den Obmann - doch auch seine möglichen Nachfolger werden gleich einmal verunglimpft wie Michael Spindelegger selbst. der Standard hat sich in der Partei umgehört, wer Chancen hat - und gibt auch einen Überblick über die Vorbehalte gegen andere schwarze Potentaten. Denn fest steht: Solange sich die Bürgerlichen auf keinen gemeinsamen Hoffnungsträger einigen, bleibt der umstrittene Chef im Amt.

Reinhold Mitterlehner

Anders als Finanzminister Spindelegger, der gerade alle Hände voll zu tun hat, den aufständischen Wirtschaftsbund wegen allzu unternehmerunfreundlicher Reformen zu besänftigen (Details siehe unten), gilt der Wirtschaftsminister fachlich als absolut sattelfest. Dazu wird dem 58-jährigen studierten Juristen und einstigen Wirtschaftskämmerer gerne nachgesagt, dass er insgeheim liberaler sei, als es die Partei erlaubt. Bevor Mitterlehner zu Ministerehren kam, sprach er sich stets für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber aus - und anders als es die schwarze Klientel erwartet, redete er dann als Minister als einer der Ersten der Finanztransaktionssteuer das Wort. Auch ruft er in der großen Krise nicht ständig nach Lohnkürzungen. Bekannt ist Mitterlehner außerdem für sein sozialpartnerähnliches gutes Verhältnis zu Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) - und wohl gerade auch deswegen schlägt dem möglichen Erben Spindeleggers viel Misstrauen aus den eigenen Reihen entgegen. Außerhalb seiner Heimat, dem Mühlviertel, kann der Minister in Wien kaum auf Vertrauensleute bauen. "Er ist ein Lonely Wolf", sagt ein ÖVP-Mann. "Ein Einzelgänger - in der Partei zwar geschätzt, aber nicht unbedingt geliebt."

Sebastian Kurz

Kaum als jüngster Außenminister Europas angelobt, schon werden dem vormaligen Integrationsstaatssekretär auch Chancen auf den Obmann nachgesagt. Seine ersten Staatsbesuche absolvierte Sebastian Kurz gewohnt selbstsicher und ohne diplomatische Patzer. Für die Partei durfte er als Chef der Jungen ÖVP auch bereits Konzepte für eine bessere Bürgerbeteiligung und eine Anhebung des Pensionsantrittsalters austüfteln. Dass über Kurz bis dato kaum geschimpft wird, hat wohl mit dem zarten Alter zu tun. Denn der 27-jährige gilt selbst unter eingefleischten Fans kaum als unmittelbarer Nachfolgekandidat für Spindelegger - sondern frühestens in fünf Jahren als reif dafür, tatsächlich den ÖVP-Frontman zu geben.

Johanna Mikl-Leitner

Als Vertraute von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll wird auch die Innenministerin stets als Anwärterin für den vordersten Job in der ÖVP gehandelt. Intern wird der 50-jährigen Hollabrunnerin vor allem Respekt entgegengebracht, seit sie die Befragung über die Wehrpflicht gewonnen hat - und das mit nicht gerade zimperlichen Methoden; ein Ende des Zivildienstes etwa stufte sie als "lebensgefährlich" ein, weil die Rettung zu spät kommt. Im Fall einer Beförderung zur Parteiobfrau würden jedoch die Landesfürsten im Westen revoltieren, heißt es in der ÖVP - weil sie nach Josef Pröll und Spindelegger nicht noch einen Personalentscheid ihres Amtskollegen in Sankt Pölten einfach hinnehmen würden.

Erwin Pröll

Der Niederösterreicher gilt als der mit Abstand mächtigste Mann in der Partei. Als Landeshauptmann im größten Bundesland kann er sich auf eine satte absolute Mehrheit von 50,8 Prozent stützen. Auch wenn Pröll in der Bundespartei mehr gefürchtet als geliebt wird, meinen einige, dass derjenige, der im Hintergrund anschafft, sich auch gleich in die erste Reihe stellen und die Verantwortung übernehmen soll. Pröll selbst scheint es sich in Niederösterreich ganz gemütlich eingerichtet zu haben, er zeigt keine Ambitionen, auch formal an die Parteispitze aufrücken zu wollen. Als Landeshauptmann hat er mehr Möglichkeiten, sich politisch zu verwirklichen, als wenn er ÖVP-Chef und Vizekanzler werden würde. Und auch wenn er immer noch entschlossen dementiert: Pröll, der heuer 68 Jahre alt wird, scheint viel eher das Amt des Bundespräsidenten anzustreben.

Wilfried Haslauer

Das wäre eine wirklich originelle Variante, wenn der ÖVP-Chef einmal nicht in Wien säße, sondern die Partei vom Land aus dirigieren würde. Salzburg hätte jedenfalls den Vorteil, dass es fast in der Mitte Österreichs liegt und von allen Seiten gut zu erreichen ist. Wilfried Haslauer hat zuletzt erfolgreich eine Wahl geschlagen: Trotz Verlusten von fast acht Prozentpunkten konnte er sein Bundesland "umdrehen" und den Landeshauptmann von der SPÖ zurückerobern. Er gilt als besonnen und intellektuell, wenn auch nicht als sehr charismatisch. Haslauer wird dem liberalen Flügel der Partei zugerechnet, den viele gerne gestärkt sehen. Seine Kontakte in die Wirtschaft sind hervorragend. Und wenn ein Landeshauptmann Bundesparteichef wäre, wären die Länder endlich mehr in die Verantwortung eingebunden - und dann vielleicht auch ruhiggestellt.

Christoph Leitl

Der Wirtschaftskammer-Präsident, der zugleich auch Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes ist, traut sich selbst durchaus mehr zu. Er war als Außenminister im Gespräch und zuletzt als Wirtschaftsminister vorgesehen. Leitl nahm sich dann selbst aus dem Rennen, um einen Regierungsposten, weil er sich nicht gegen andere Kandidaten ausspielen lassen wollte. Eine Obmannschaft Leitls können sich wohl er selbst und ein paar Leute im Wirtschaftsbund vorstellen, mehrheitsfähig ist diese Variante aber nicht. (Michael Völker, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 11.2.2014)