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Milliardär Andrej Babis bringt Spannung in die tschechische Wahl. Am Freitag verteilte er Krapfen in der Prager U-Bahn.

Foto: AP/Josek

Prag - In Tschechien haben am Freitagnachmittag die Parlamentswahlen begonnen. Etwa acht Millionen Tschechen sind dazu aufgerufen, bis zum morgigen Samstag ihre Stimme für eine von 20 Parteien und Bewegungen abzugeben. Nach sieben Jahren unter rechtsgerichteten Regierungen wird bei dem vorzeitigen Wahlgang in Prag eine Wende erwartet. Die Wählerumfragen favorisieren klar die Sozialdemokraten (CSSD).

Der CSSD könnte nach dem Urnengang erstmals ein auf die Kommunisten (KSCM) gestütztes Minderheitskabinett bilden. Das bürgerliche Lager, die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) und TOP 09 von Karel Schwarzenberg, müssen wegen ihres ungeliebten Sparkurses und einer Serie von Affären mit Verlusten rechnen. Die Regierung von Ministerpräsident Petr Necas war im Juni über einen Korruptionsskandal gestürzt, indem offenbar die Ex-Frau von Necas auf Anweisung von dessen Geliebter und Kabinettschefin abgehört wurde. Das Land wird seit Juli von der Übergangsregierung von Jiri Rusnok regiert.

Krapfen vom Milliardär

Mit Spannung wird erwartet, wie die neue Gruppierung ANO 2011 des Milliardärs Andrej Babis abschneidet. Die Bewegung, die im Wahlkampf auf eine Kampfansage an alle etablierten Parteien und das Versprechen einer wirksamen Korruptionsbekämpfung setzte, hat in den letzten Wochen stark zugelegt und könnte laut einigen Umfragen als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen hervorgehen. Der gebürtige Slowake Babis, Besitzer des Agrar- und Nahrungsmittelkonzerns Agrofert mit 34.000 Mitarbeitern, verteilte am Freitagvormittag in der Prager U-Bahn Krapfen - ähnliche Aktionen trugen ihm im Wahlkampf große Aufmerksamkeit ein.

Babis könnte nach der Wahl eine Schlüsselrolle spielen. Die CSSD verlor in den letzten Umfragen an Zuspruch. Sollte sie gemeinsam mit den Kommunisten keine Mehrheit haben, wird über eine direkte oder indirekte Beteiligung der Milliardärspartei an der Macht spekuliert.

Spannung bei Kleinparteien

Vieles dürfte auch davon abhängen, wie viele der kleineren Parteien den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Als aussichtsreiche Kandidaten für den Einzug betrachtet werden etwa die Christdemokraten (KDU-CSL), die vor drei Jahren aus dem Abgeordnetenhaus ausgeschieden waren, die linksliberale Partei der Bürgerrechte (SPOZ), deren Ehrenvorsitzender Staatspräsident Milos Zeman ist, die tschechischen Grünen, sowie die populistische Bewegung "Tagesanbruch der direkten Demokratie" des tschechisch-japanischen Unternehmers und Senators Tomio Okamura.

Sollten die linken Parteien eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus erringen, vollendet Tschechien seine Wende. Bereits bisher wird die zweite Parlamentskammer, der Senat, von linken Abgeordneten kontrolliert. Auch das Präsidentenamt ist in der Hand eines Linken, Milos Zeman. Und die meisten Regionen (Kreise) werden von sozialdemokratischen Hauptmännern geleitet. Zudem steht an der Spitze des Verfassungsgerichtes der Sozialdemokrat Pavel Rychetsky.

Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus finden traditionell in einer Runde statt, die auf zwei Tage aufgeteilt ist. Die Wahllokale haben am Freitag um 14.00 geöffnet und schließen um 22.00 Uhr. Am Samstag wird die Wahl von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr fortgesetzt. Dann wird die Stimmenauszählung beginnen, wobei sofort nach der Schließung der Wahllokale mit den Exit Polls gerechnet wird. Noch am Samstagnachmittag sollte es Hochrechnungen geben, ein vorläufiges Endergebnis dann am Samstagabend. (APA, 25.10.2013)