Datenschützer Thilo Weichert will es mit Facebook aufnehmen.

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Bei der Facebook-Zentrale im kalifornischen Palo Alto ist unerfreuliche Post eingegangen. Per internationalem Einschreiben hat der Datenschutzbeauftragte des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein eine strafbewehrte Aufforderung an das Unternehmen übermittelt, die Pflicht der User, ihren Realnamen einzugeben, aus den Geschäftsbedingungen zu streichen.

Zweiwöchige Frist

Der Grund: Weichert sieht, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, darin einen Verstoß gegen das Telemediengesetz. Gemäß der bereits am 14. Dezember versandten Aufforderung, hat der Konzern von Mark Zuckerberg nun zwei Wochen lang Zeit, um dieser Order nachzukommen.

Sollte dies nicht geschehen, droht fürs Erste eine Strafzahlung von 20.000 Euro. Ein Betrag, der die Firma wenig beeindrucken dürfte. Es drohen allerdings weitere Folgen auf juristischem Wege.

Schlagabtausch

Das wird bei Facebook allerdings angezweifelt. Dort attestiert man Weichert die Verschwendung "deutsche[r] Steuergelder". Dieser meint dazu, dass für das Vorgehen der Behörde mangels Beauftragung externer Anwälte keine zusätzlichen Kosten, wohl aber zusätzlicher Arbeitsaufwand entstehen würde. Er geht davon aus, dass Facebook vorerst die Strafe in Kauf nimmt.

Beim Social Network sieht mandie eigenen AGB bzw. eigene Dienstleistung "im Einklang mit Europäischen Datenschutzprinzipien und dem irischen Recht". Weichert plant, weiter gegen Facebook vorzugehen, auch weil der Erfolg Seitens seiner Berufskollegen bislang nur wenig Auswirkungen auf das Gebaren der Plattform hatte.

Ausweispflicht als Hebel

Als rechtlicher Hebel dient die Sperrung von Facebook-Nutzern, die vom Unternehmen in den AGB für die Angabe von unechten Namen festgelegt ist und auch exekutiert wird. Unter anderem werden Freunde von Verdächtigten automatisch über die Authentizität der Namensangabe befragt, um ihnen auf die Schliche zu kommen. Erst die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises kann eine Freigabe bewirken.

Während die Festlegung eines Klarnamenzwangs alleine vermutlich legal ist, soll die Kopplung an die Übermittlung eines Identitätsnachweises hingegen deutsches Recht verletzen. Weichert fürchtet, dass auf diesem Wege eine Datenbank von Millionen Personalausweisen deutscher Staatsbürger bei Facebook entsteht.

"Auch Trolle haben ein Recht auf Meinungsäußerung"

Er will sich dafür einsetzen, dass die Nutzer "ihre Freiheitsrechte auch im Internet wahrnehmen" können, so die FAZ weiter. Einerseits geht es um Informations- und Meinungsfreiheit, andererseits auch um Behördenarbeit, da die Facebook-AGB theoretisch auch ein Hindernis für verdeckte Ermittlungen sind.

"Solange man sich an Recht und Gesetz hält, muss es möglich sein, unter Pseudonym seine Meinung sagen zu dürfen", sagt Weichert. "Auch Trolle haben ein Recht auf Meinungsäußerung." Dies schließt eine Reidentifikation bei schweren Verstößen nicht aus. Diese kann etwa über die Internetanbieter erfolgen.

Weichert verweist auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Plattform "Spick mich". Diese erlaubt Schülern eine anonyme Bewertung von Lehrern, was für grundsätzlich zulässig erklärt wurde.

Österreich: Rechtliche Handhabe schwierig

Das Vorgehen des holsteinischen Datenschutzbeauftragten wird von den österreichischen Datenschützern des Vereins Quintessenz prinzipiell begrüßt. Ob es erfolgreich sein wird, ist eine andere Frage. Obmann Georg Markus Kainz schätzt, dass es generell schwer ist, hierfür eine rechtliche Handhabe zu finden.

"Auch eine Bank verlangt nach einem Identitätsnachweis", erklärt Kainz. Es liegt am Nutzer, die Datenschutzbedingungen einer Plattform wie Facebook zu akzeptieren, oder eben nicht. Ein kaum zu übersehendes Problem ist mittlerweile die Größe des sozialen Netzwerks, das zu einer "universellen Dialogplattform" geworden ist.

Privat vs. Beruf

Heikel im Bezug auf den Echtnamenzwang liegt eine weitere Schwierigkeit darin, dass nicht nur viele Einzelpersonen, sondern auch deren Arbeitgeber mittlerweile auf Facebook vertreten sind. In weiterer Folge wirft das Probleme bezüglich Privatsphäre auf, wenn diese mit ihrem Privataccount als Repräsentanten ihres Unternehmens wahrgenommen werden, was wiederum die Partizipation an politischen Diskussionen oder Äußerungen zu anderen heiklen Themen erschweren kann. (gpi, derStandard.at, 18.12.2012)