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Ruth Elsner herzt ihren Mann.

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Neben dem Fall Helmut Elsner wird auch über seinen Nachfolger Johann Zwettler ...

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... und den früheren Bawag-Vorstand Peter Nakowitz entschieden.

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Wien - Im Wiener Justizpalast herrscht am Mittwoch Morgen große Betriebsamkeit. Schließlich wird der Oberste Gerichtshof (OGH) an diesen beiden Tagen im Rechtsmittelverfahren über die Urteile gegen Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, seinen Nachfolger Johann Zwettler und den früheren Bawag-Vorstand Peter Nakowitz entscheiden. derStandard.at berichtet aus dem Wiener Justizpalast.

Schon vor Verhandlungsbeginn ist im Festsaal des Wiener Justizpalastes viel los. Die ersten drei Sitzreihen sind für die Presse reserviert, genauso wie im großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts im Bawag-Hauptverfahren. Ruth Elsner ist gegen 8:30 Uhr ganz in schwarz gekleidet eingetroffen. Im Gespräch mit derStandard.at erzählt sie, Helmut Elsners Ärztin habe dem U-Häftling abgeraten, an den Terminen teilzunehmen und vor Gericht zu sprechen, sein gesundheitlicher Zustand sei zu schlecht. Er aber bestehe darauf, wolle unbedingt, auch wenn er, wie Ruth Elsner weiter ausführt, fast keine Stimme habe. Die Ehefrau des Ex-Bawag-Chefs ist kurz vor Verhandlungsbeginn  aber dennoch zuversichtlich.

Elsner sitzt mit Rücken zum Publikum

Helmut Elsner erscheint wie erwartet kurz vor neun Uhr, abgeschottet durch mehrere Justizwachebeamte. Begleitet von enormem Blitzlichtgewitter setzt er sich an den für ihn vorgesehen Tisch. Ruth Elsner stürzt sogleich auf ihren Mann los, küsst und herzt ihn. Auf Fragen von Journalisten antwortet Helmut Elsner nur spärlich. Nervös sei er nicht, vom Ausgang der Verhandlung wolle er sich überraschen lassen. Elsner trägt einen blauen Pullover, Schlapfen und eine Jogging-Jacke, die über der Sessellehne hängt. Auf die Frage von derStandard.at: "Wie geht es Ihnen?" antwortet er leise: "Geht." Um 9:12 Uhr wurde die Verhandlung ausgerufen.

Zu Beginn trägt OGH-Berichterstatterin Eva Marek das Urteil der ersten Instanz vor. Der Gerichtssaal ist nicht ganz voll, etwa 100 Menschen sitzen im Publikum, die für die Presse reservierten Plätze sind allerdings voll.

Elsner sitzt mit dem Rücken zum Publikum, links von ihm Zwettler, rechts Nakowitz. Vier Justizwachebeamte sind im Saal. "Wo sind die Anwälte?", fragt Elsner vor Verhandlungsbeginn. "Die sitzen rechts von Ihnen", antwortet ein Justizwachebeamter. Ruth Elsner sitzt in der dritten Zuschauerreihe, neben Elsners Tochter Therese Kinsky, den Kopf gesenkt und die Arme auf die Knie gestützt. Auch der Gutachter aus dem Hauptverfahren, Fritz Kleiner, wurde im Saal erblickt. Ebenfalls unter den Zuhörern ist Herbert Eichenseder, Wolfgang Flöttls Anwalt. 

Berichterstatterin Marek verliest dann aktuelle Strafregisterauszüge der drei anwesenden Angeklagten. Bei Johann Zwettler steht da nichts drinnen, denn die Strafe des Erstgerichts, fünf Jahre Haft, ist ja noch nicht rechtskräftig. Bei Helmut Elsner und Peter Nakowitz dagegen sieht es anders aus: Ihre Strafen im so genannten "Plastiksackerl-Kredit" sind bereits rechtskräftig, Elsner wurde am 21. Mai 2008 zu 2,5 Jahren unbedingter Haft verurteilt, Nakowitz zu 15 Monaten Haft, bedingt auf drei Jahre. Elsner, der seit fast vier Jahren in U-Haft sitzt, habe seine Strafhaft aus diesem Verfahren genau am 23. Juli 2009, 0:00 Uhr, abgesessen, erklärt die Berichterstatterin.

Heftige Kritik an Bandion-Ortner

Der erste Anwalt, der zu Wort kommt, ist Andreas Stranzinger, einer der drei Verteidiger von Helmut Elsner. Er übt heftige Kritik an Bawag-Erstrichterin Claudia Bandion-Ortner, die jetzige Justizministerin. Sie habe "das Urteil noch ausgefertigt, als sie schon Justizministerin war". Sie wurde nämlich noch im Herbst 2008 zur Justizministerin designiert (die Angelobung war dann Anfang Jänner 2009), weshalb sie nach Ansicht von Stranzinger das Urteil nicht mehr ausfertigen hätte dürfen. "Ab dem Zeitpunkt der Designierung verschieben sich die Gewalten, die Gewaltentrennung wurde da meiner Ansicht nach verletzt." Bandion-Ortner hätte den Fall abgeben müssen, "das ist ein einzigartiger Vorgang in der Justizgeschichte".

Dann geht er auf Flöttl ein. Dessen Verantwortung im Hauptverfahren, er habe sämtliche Daten über die fraglichen Geschäfte verloren, weil sein Computer abgestürzt sei, sei absolut unglaubwürdig. Das Erstgericht habe dies nicht ausreichend hinterfragt, so Stranzinger sinngemäß.

"Das Geld muss sich irgendwo befinden." Elsner habe zahlreiche Beweisanträge gestellt, über 40, um dieser Frage nachzugehen. Diese seien aber alle abgewiesen worden, "mit der Begründung, dass wir das in Sachen Untreue nicht brauchen". Der ganze Bawag-Prozess sei damit "zugunsten des Doktor Flöttl in eine bestimmte Richtung gelenkt worden", sagt Stranzinger. Sein Mandant Elsner dreht sich übrigens immer wieder zu seiner Frau um, die fünf Meter hinter ihm sitzt.

Ausführungen

Peter Lewisch, Strafrechtsprofessor im Verteidiger-Team von Helmut Elsner, führt dann aus, warum die Untreue als "Kernstück" des Urteils "keinen Bestand haben" könne. "Der effektive Vermögensverlust ist kein Gefährdungsschaden", sagt er. Grundsatz seiner Rede: "Der Täter muss das Risiko ernst genommen haben", die bloße Möglichkeit des Totalverlusts stelle noch keinen Individualvorsatz dar. "Wer nur im Bewusstsein einer Gefahr handelt, der handelt bloß fahrlässig." - Lewisch vergleich das mit jemandem, "der mit 80 km/h ins Ortsgebiet einfährt". "Handeln im bloßen Bewusstsein einer Gefahr würde für einen Individualvorsatz nicht hinreichen."

Das Erstgericht sei also von einer unzureichenden Rechtsansicht ausgegangen, von einem "falschen Rechtsverständnis". Die Urteilsbegründungen - "man glaubt es nicht, wenn man es nicht selbst gelesen hat" - würden sich "in Stereotypen erschöpfen", so der Rechtsprofessor. "Diese inkorrekten Überlegungen ziehen sich auch in der Beweiswürdigung durch."

Haftübel

Elsners dritter Rechtsbeistand, Jürgen Stephan Mertens, bittet das Gericht schon nach wenigen Sekunden seiner Ausführungen um eine kurze Pause, ihm ist ein wenig schwindlig. Er setzt sich wieder und schluckt eine Tablette. Dann sagt er, dass sein Mandant Elsner im Vergleich zu den anderen Angeklagten eine verhältnismäßig hohe Strafe bekommen hätte. Zur langen U-Haft sagt er, eine solche wurde in ähnlicher Länge bisher nur gegen Kriegsverbrecher verhängt. Die bisher fast vier Jahre dauernde U-Haft habe Elsner außerdem massiv geschädigt. Schon im Erstverfahren habe Elsner extrem gelitten, "er hatte dauernd Angst vor einem Herzinfarkt", sei "immer krank" gewesen. "Eine solche Form der Haft ist ein besonders Haftübel, und das muss sich wesentlich strafmindernd auswirken."

Das Gerharter-Verfahren (Stichwort: Plastiksackerl-Kredit) sei außerdem ebenfalls ein Untreue-Verfahren gewesen, es habe sich hier nicht um eine Bereicherung gehandelt. Die Schadenssumme - 560.000 Euro - sei hier vergleichsweise gering gewesen, die verhängten zweieinhalb Jahre seien deshalb keinesfalls gerechtfertigt. Mertens will wohl darauf hinaus, dass die neuneinhalb Jahre für Elsner aus dem Hauptverfahren wesentlich gemindert werden, denn die zweieinhalb Jahre aus der Causa Gerharter sind ja bereits rechtskräftig und auch schon abgesessen. Weil Elsner ohnehin insgesamt nicht mehr als zehn Jahre bekommen kann - also Haupt- und Plastiksackerl-Verfahren zusammen -, wird das Berufungsgericht die Strafe für Elsner ohnehin vermindern müssen. Auf wieviel, ist noch offen.

Angriff auf Kleiner

Anwalt Mario Schmieder, Verteidiger von Ex-Bawag-Chef Johann Zwettler, stürzt sich in seiner Rede vor allem auf Gutachter Fritz Kleiner - nur verbal natürlich, auch wenn Kleiner, wie berichtet, im Saal anwesend ist. Der Gutachter habe am 72. Prozesstag zu erkennen gegeben, auf welcher Seite er stand: "Wir werden schon sehen, wer zuletzt lacht", hatte Kleiner in Richtung von Helmut Elsner damals gesagt, nachdem dieser gelacht hatte. Dies sorgte für einen Eklat und brachte Kleiner einen Befangenheitsantrag von insgesamt sechs Verteidigern ein, was das Gericht aber ablehnte.

Schmieder plädiert auf deutliche Strafminderung, weil Zwettler 40 Jahre in der Bank tätig war, unbescholten und außerdem "ein fast 70-jähriger Mensch" sei. "Kein Cent aus den Karibik-Geschäften ist jemals in die Taschen von Johann Zwettler geflossen." Zudem sei dessen Gesundheitszustand sehr schlecht, auch aus der Belastung der Vorwürfe in den letzten vier Jahren heraus.

Der Anwalt von Peter Nakowitz, Rudolf Breuer, zeigt sich über das Bawag-Urteil nach wie vor höchst verbittert. "Dieser Beweisantrag ist wurscht, und jener ist auch wurscht, alles egal." Es habe bei seinem Mandanten "keine Schädigungsabsicht gegeben, und damit auch keinen Tatbeitrag."

Auch Breuer schießt sich auf Gutachter Kleiner ein. "Der Sachverständige ist mit seiner Äußerung zu weit gegangen. Ich habe so etwas in 46 Berufsjahren noch nicht erlebt. Wenn das keine Befangenheit ist, dann weiß ich nicht, was Befangenheit ist." Besonders "dramatisch" wertet er, dass der Ausspruch von Kleiner am 72. Verhandlungstag "vor den Schöffen" gemacht worden ist. Es ist für ihn deshalb nach wie vor "völlig unverständlich", warum der Gutachter nicht abgelöst wurde.

Breuer kritisiert auch, dass die Vereidigung der Schöffen nicht gemäß der Strafprozessordnung erledigt wurde, auch dies ist für ihn ein klarer Nichtigkeitsgrund. "Auch wenn das den ganzen Prozess zu Fall bringt, aber ich finde, dass man dem Gesetz Rechnung zu tragen hat." Um 11.45 Uhr wurde vom Vorsitzenden Rudolf Lässig eine halbe Stunde Pause ausgerufen. Danach antwortet die Generalprokuratur auf die Ausführungen der Verteidiger, dann bekommen die Verteidiger nochmals die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Zum Schluss folgen die Schlussworte der Angeklagten.
Jürgen Stephan Mertens, Elsner-Anwalt, in der Pause gegenüber derStandard.at: "Nach den Plädoyers ist der Ausgang völlig offen. Wir hoffen nach wie vor auf einen Freispruch."

Vorlesen aus dem Croquis

Die Verhandlung geht weiter. Der Generalanwalt, Erich Weiß, verweist großteils auf das Croquis, in dem die Generalprokuratur das Urteil des Erstgericht, wie berichtet, regelrecht zerpflückte. Die teilweise empfohlene Aufhebung der Urteile müsse teilweise auch von Amts wegen erfolgen. Dass Bandion-Ortner die Schöffen nicht ordnungsgemäß vereidigt hätte, könne er aber wie schon in der Stellungnahme angeführt nicht nachvollziehen, und auch für die von den Verteidigern verlangte Abberufung des Gutachters am 72. Prozesstag wegen Befangenheit sieht er nach wie vor keinen Grund.

Anschließend melden sich noch ein paar Verteidiger zu Wort. Elsners Rechtsvertreter Peter Lewisch hält fest, dass das vom Erstgericht verwendete Bild vom "ins Casino gehen" für dessen verfehlte Rechtsauffassung prototypisch sei.

Elsner dankt seiner Frau

Dann werden noch die Angeklagten angehört. Helmut Elsner ergreift um 13.20 Uhr das Wort. Er dankt mit krächzender Stimme zunächst seiner Frau, die "Unmenschliches leistet".

Er spannt in seiner Rede einen weiten Bogen, beginnend bei seinem Vorgänger Walter Flöttl. Dieser habe die Bank geführt "wie es zu einer anderen Zeit üblich war". Er erzählt, dass dessen Sohn Wolfgang, ein Harvard-Absolvent, sich als Investmentbanker einen Namen machte, und wie er später mit der von seinem Vater geleiteten Bank Geschäfte machte - die so genannten "Karibik-1-Geschäfte", mit denen man "nur positive Erfahrungen gemacht" habe. 1994 begann ein Medienwirbel "aufgrund, wie wir jetzt wissen, einer Indiskretion im Aufsichtsrat oder auch im damaligen Vorstand". Man habe sich dann dazu entschlossen, die Geschäfte rückzuführen. "Wir mussten einen Run auf die Bank abwehren." Damals sei erstmals der Ausdruck "Casino-Bank" aufgekommen. Die Wiederaufnahme 1995 sei vom Aufsichtsrat ausdrücklich befürwortet worden. Flöttl sei damals für ihn ein überaus vertrauenswürdiger Mann gewesen, nicht zuletzt von seiner Herkunft her. "Flöttls Großvater war Gewerkschaftsvorsitzender, die ganze Familie war im Widerstand, und Flöttls Großvater war einer der ersten, die von den Nationalsozialisten verhaftet wurden", berichtet Elsner.

Etwas später präsentiert Elsner dem Senat das Privatgutachten, das seine Anwälte und seine Gattin vor wenigen Wochen vorstellten. Die Kurzversion: Flöttls angeblicher Totalverlust sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten. Kurz spricht er auch über die Stimmung vor Beginn des Bawag-Verfahrens. "Es hat unglaubliche Leserbriefe gegeben." Ein ehemaliger SPÖ-Chefideologe habe ihm "vor laufender Kamera" den Selbstmord empfohlen. "Ich sah schon am ersten Prozesstag an der Körpersprache der Frau Bandion-Ortner, dass sie mich verurteilen will", sagt er über seine erstinstanzliche Richterin, der er an anderer Stelle "Amtsmissbrauch" vorwirft. "Der Flöttl ist ein Verbrecher, und Amtsmissbrauch ist auch ein Verbrechen", so Elsner. Dass Nakowitz auf der Anklagebank landete, ist für ihn "überhaupt der größte Witz", denn der habe "überhaupt keine Entscheidungsbefugnis gehabt". Elsner krächzt jetzt noch mehr als vorher, muss ein paarmal trinken, dann geht es wieder.

Elsner erzählt

Elsner erzählt von seiner Zeit in Frankreich, als der Haftbefehl kam. Er wurde ins Gefängnis gebracht und war sehr hungrig. "Die waren sehr nett dort. Ich hab denen gesagt, wenn ich nicht sofort was zu essen bekomme, muss ich einen Wärter verspeisen." Gelächter im Saal, ausnahmsweise lacht auch die Justizwache. 

Dann lässt er sich über den Umstand aus, dass Flöttl im Prozess stets beteuerte, alle Computerdaten verloren zu haben. "Ein Investmentbanker in den Vereinigten Staaten hat Beleg-Sicherungspflicht. Er muss also schon von Gesetz wegen ein Backup machen." Generell wurden laut Elsner "überall Hausdurchsuchungen gemacht, nur nicht beim Doktor Flöttl." 

Elsner will die ganzen Geldflüsse aufdecken, spricht von möglichen Bestechungen. Kein gutes Haar lässt er einmal mehr an seiner Richterin. "Ich kann beweisen, dass Frau Bandion-Ortner lügt, sobald sie den Mund aufmacht." Der Senatsvorsitzende weist Elsner auf etwas hin: "Herr Elsner, ich lasse Sie gerne reden. Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, dass Ihnen vielleicht einer Ihrer Anwälte sagen möchte, dass Sie sich da nicht zu weit hinauslehnen sollten." Elsners Anwälte bleiben aber stumm. Elsner redet weiter, "das ist Ihr Recht", pflichtet ihm dann der Vorsitzende bei.

Elsner sagt, er könne beweisen, dass Bandion-Ortner lüge, und dass sie Amtsmissbrauch begangen habe. "Wir werden das noch nachweisen, das ist alles protokolliert." derStandard.at distanziert sich ausdrücklich von dieser Darstellung.

Strafanzeige gegen Bandion-Ortner

Elsner berichtet schließlich noch von seiner Strafanzeige gegen Bandion-Ortner und den damaligen Staatsanwalt und jetzigen Kabinettchef im Justizministerium, Georg Krakow, wegen Amtsmissbrauchs und Korruption. Die wurde in Graz eingebracht und dann nach Klagenfurt weitergereicht, bevor sie "bei einer jungen Staatsanwältin landete, die gewusst hat, dass sie sich da profilieren kann". Eine Stellungnahme von Krakow bezüglich der nicht geöffneten Flöttl-Konten sei eine haarsträubende Gemeinheit gewesen, so Elsner sinngemäß. Nach wenigen Wochen sei die Anzeige fallengelassen worden, "und die Begründung dazu liest sich so, als hätte sie der Krakow geschrieben."

Die angebliche Fluchtgefahr, wegen der Elsner seit fast vier Jahren in U-Haft sitzt, streift er dann auch noch kurz: "Wie soll denn das gehen? Soll ich einen Ambulanzjet entführen?" Sein Fazit: "Bandion-Ortner und Krakow wären nicht dort, wo sie heute sind, wenn sie mich freigesprochen hätten." Die ganze Causa sei ein "Skandal", an dessen Aufdeckung er aber weiterarbeiten will. "Die Sache in Amerika wird aufgegriffen. Die Herren vom FBI sind schon dran", vielleicht könne man schon demnächst Ergebnisse präsentieren, so Elsner. Er dankt dem Senat und bittet noch darum, diese ganzen, teilweise neuen Sachverhalte zu berücksichtigen.

Zwettler spricht

Nach Ende von Elsners Verteidigungsrede wird es laut im Saal, eine Schülergruppe kommt herein und setzt sich. Aber nicht lange, kurz nachdem Johann Zwettler zu reden begonnen hat, stehen sie wieder auf und gehen hinaus. Zwettler spricht sehr langsam, er liest im Gegensatz zu Elsner vom Blatt ab. Er weist darauf hin, dass er jetzt schon 70 Jahre alt ist und dass ihn eine Krankheit sehr schwäche. Zwettler spricht langsam, aber nicht lange - nach wenigen Minuten ist er fertig.

Das Wort erhält nun Peter Nakowitz, der in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Der Senatsvorsitzende weist ihn darauf hin, dass er ruhig sitzen bleiben könne, Nakowitz steht aber auf und geht sogar ein paar Schritte auf den Senat zu. Er sagt, dass er in der erste Phase der Flöttl-Geschäfte nicht involviert war, weil er von 1984 bis 1988 einfacher Mitarbeiter im Bereich Beteiligungen war, "als Mitarbeiter unterhalb der Wahrnehmungsgrenze des Vorstands".

Er habe sich um einen Vergleich mit der Bawag bemüht, und dieser sei auch zustande gekommen, erklärt er. Er überreicht ein Schreiben der Bawag vom 11.8.2010, in dem die Bank den Vergleich bestätigt. Außerdem habe schon Ewald Nowotny, der die Bank in der Phase der Existenzkrise kurzzeitig führte, im Hauptverfahren bescheinigt, dass Nakowitz zur Aufklärung beigetragen habe.

Kurz nach 15 Uhr wird die Verhandlung unterbrochen, der Senat zieht sich zur Beratung zurück. Am Donnerstag um 9 Uhr geht es weiter.

Elsners Anwalt Stranzinger erklärt zum Schluss noch zu derStandard.at, dass er es verstehen könne, dass sich sein Mandant zuvor verbal "so weit hinauslehnte", auch wenn er selbst so manches anders formuliert hätte. Nach vier Jahren U-Haft sei das aber nachvollziehbar.

(Martin Putschögl, Sigrid Schamall, derStandard.at, 22.12.2010)