Falls ein großes Thema im Wahlkampf noch gefehlt hat, in der vergangenen Woche kam es daher. Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise. Der Chef des Forschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, sprach von "sechs verlorenen Jahren"; weil der heimische Wohlstand pro Kopf gerechnet unter dem Niveau von 2019 verharrt. Der Standort sei international nicht mehr wettbewerbsfähig, so sein Resümee. Drastische Worte fand kurz zuvor auch Fiskalratschef Christoph Badelt angesichts der hohen heimischen Verschuldung: Für den nächsten Finanzminister werde "Schluss mit lustig sein", die kommende Regierung müsse mit einem Sparpaket starten.

Woher soll das Wachstum kommen? Diese Frage gehört dringend beantwortet.
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Die Warnungen kommen aus gutem Grund. Österreichs Industrie leidet unter einer Auftragsflaute, ausgelöst durch die international schwache Nachfrage. Die Bauwirtschaft ist in der Krise, weil hohe Zinsen die Aufträge haben einbrechen lassen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind verunsichert, von Jänner bis Mai wurden um 40.000 Pkws weniger gekauft als im Spitzenjahr vor der Pandemie. Die hohe Inflation der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass die Lohnkosten stark gestiegen sind, was sich im internationalen Wettbewerb als Nachteil erweisen kann. Mitten in die Problemlage zwingen EU-Vereinbarungen Österreich bald zu einem Sparkurs. Ein toxischer Mix.

Für die Misere mitverantwortlich

Wie kommen wir aus diesem Loch? Auf diese Frage würde man gerne ein paar Antworten der Parteien im Wahlkampf hören. Muss der Staat mehr oder weniger investieren, braucht es wachstumsfördernde Steuerpolitik, mehr Ausgaben für Bildung, was geschieht mit der Autoindustrie im Umbruch? Bisher gibt es dazu nur Randnotizen. Keine der konstruktiven Kräfte im Parlament, also weder ÖVP, SPÖ noch Grüne oder Neos, nutzte die jüngsten Warnungen, um Ideen vorzulegen oder nachzuschärfen. Die SPÖ diskutiert lieber zum hundertsten Mal über ihre Ausrichtung in Migrationsfragen, von der ÖVP hat man außer "Der Verbrenner muss bleiben" schon lange zu Wirtschaftsfragen nichts gehört.

Dabei wären Antworten auf diese wirtschaftlichen Herausforderungen essenzieller als die meisten anderen Themen: Es geht um den Erhalt unseres Wohlstands, um Jobs – die Finanzierung des Sozialstaats. Die türkis-grüne Regierung muss sich darüber hinaus den Vorwurf gefallen lassen, für die Misere mitverantwortlich zu sein. ÖVP und Grüne haben Geld ohne Rücksicht auf Verluste ausgegeben, damit aber eben kein Wachstum angefacht. Wie wir jetzt da rauskommen, darüber muss dringend gestritten werden. Damit sich die Wählerinnen und Wähler ein gutes Bild machen können. (András Szigetvari, 1.7.2024)