Ein Ärztin sieht sich ein Röntgenbild an.
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) möchte Wiener Ärztinnen und Ärzten, die Teilzeit in einem Wiener Spital angestellt sind, Nebentätigkeiten als Wahlärztin oder Wahlarzt künftig nicht mehr erlauben.
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Die Debatte um ein mögliches Wahlarztverbot für Spitalsärzte in Teilzeit nimmt weiter Fahrt auf. Ventiliert hat den Vorstoß Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ): Er will damit erreichen, dass Ärztinnen und Ärzte mehr als bisher dem öffentlichen Gesundheitssystem zur Verfügung stehen. Laut Hacker wird der Vorschlag Teil der Verhandlungen mit der Gewerkschaft über ein neues Personalpaket sein, mit Ergebnissen ist bis Ende des Jahres zu rechnen.

Im Gesundheitsressort der Stadt wird auf Anfrage darauf verwiesen, dass diese Maßnahme dienstrechtlich verhängt werden könne. Arbeitsrechtsexperte Franz Marhold bezweifelt dies hingegen. Ein Verbot von Wahlarztordinationen für teilzeitbeschäftigte Spitalsärzte ist demnach "rechtlich nicht zulässig", sofern vollbeschäftigten Ärzten im Krankenhaus weiterhin eine Wahlarztpraxis gestattet wird, wie er dem STANDARD sagte. Grundlage dieser Argumentation ist die Teilzeitrichtlinie der EU: Diese "verbietet jede Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten". Nach Ansicht Marholds wäre eine solche diskriminierung auch sachlich nicht gerechtfertigt: "Warum sollten Teilzeitbeschäftigte dem öffentlichen Gesundheitssystem stärker verpflichtet sein als Vollbeschäftigte?"

Als Dienstgeber sei die Stadt Wien als Gebietskörperschaft unmittelbar durch die EU-Richtlinie auch gebunden. Und noch ein weiteres Argument gegen Hackers Vorstoß bringt Marhold vor: "Da die überwiegende Mehrheit der Spitalsärzte in Teilzeit weiblich ist, ist der geplante Vorschlag auch indirekt geschlechterdiskriminierend."

Ärztekammer gegen Hackers Vorstoß

Möglich sei laut dem Arbeitsrechtsexperten ein Wahlarztverbot nur dann, wenn auch Vollzeitspitalsärzten die Wahlarztordinationen abgedreht würden. Das könnte dann auch ärztliche Führungskräfte mit Privatpraxen betreffen. Das ist aber explizit nicht die Intention Hackers: Er sprach bisher immer davon, nur Teilzeitspitalsärzte in ihren Nebentätigkeiten einschränken zu wollen. Noch ist aber unklar, auf welche konkrete Gruppe Hackers Vorschlag abzielt – also ob es alle Teilzeitspitalsärzte betrifft oder nur jene, die zehn oder 20 Stunden im Spital arbeiten. Teilzeit als Arzt im Spital und Teilzeit in einer Kassenpraxis oder einem Primärversorgungszentrum soll künftig aber jedenfalls möglich sein, heißt es aus dem städtischen Gesundheitsressort.

Die Ärztekammer tritt vehement gegen Hackers Vorschlag auf. In der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) am Freitag wurde eine Resolution verabschiedet, wonach die Einschränkungen für Teilzeitbeschäftigte "von allen Landesärztekammern geschlossen abgelehnt" werden, wie es im Schriftstück heißt. "Statt mit Verboten noch mehr Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern zu verlieren und die Versorgung der Bevölkerung zu gefährden, muss die Politik das solidarische Gesundheitssystem, das jahrelang als eines der besten der Welt galt, langfristig absichern und die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsberufe verbessern." Die Kammer fordert, in die Überlegungen miteinbezogen zu werden.

22 Prozent der Fachärztinnen in Teilzeit

Positiv zum Vorstoß Hackers äußerten sich hingegen die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sowie der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek. Letzterer verwies aber auch darauf, dass es eine österreichweite Vorgangsweise brauche. Ansonsten könnten Ärztinnen und Ärzte von einem Wiener Spital in ein Krankenhaus in einem anderen Bundesland wechseln – und weiterhin ihre Wahlarztordi betreiben.

Nach Angaben des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev) arbeiten mittlerweile bereits knapp 22 Prozent der Fachärztinnen und Fachärzte in Wiener Spitälern in Teilzeit, das sind 399 Personen. Wie viele davon auch eine Wahlarztpraxis betreiben, darüber konnte der Wigev auf STANDARD-Anfrage vorerst aber keine Auskunft geben. Dabei sind Nebenbeschäftigungen im Wigev genehmigungspflichtig. (David Krutzler, 23.6.2024)