Die 24-Stunden-Betreuung soll pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, weiter zu Hause zu wohnen. Doch oft fehlt es an Ausbildung.

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Wien – Frau O. (Name der Redaktion bekannt) steckt in einem Dilemma. Die Krankenschwester ist bei der Pflege ihrer 89-jährigen Stiefmutter auf die Unterstützung durch 24-Stunden-Betreuungskräfte angewiesen, doch gleichzeitig musste sie erleben, dass diese Helferinnen nicht über die von der Agentur angegebenen Ausbildung verfügen.

2016 gab es österreichweit 421 gemeldete Agenturen, die Betreuungspersonen vermitteln. Die Tendenz ist steigend, denn es ist kein geschütztes Gewerbe. Judith Schwentner, Sozialsprecherin der Grünen, spricht von einem Wildwuchs in dem Bereich.

Neun Betreuerinnen in acht Monaten

Als O.s Stiefmutter nach einem Schlaganfall nicht mehr allein wohnen kann, ist für die Krankenschwester klar, dass sie die betagte Frau zu sich nach Hause nimmt. Sie weiß auch, dass sie die Betreuung der halbseitig gelähmten Frau neben ihrem Beruf nicht allein bewältigen kann. Sie wendet sich an eine dieser Agenturen.

Im August des Vorjahres kommt die erste Betreuerin zu Familie O., sie ist Rumänin, wie fast alle von jener Agentur. Im Vierwochentakt soll sie sich mit einer Kollegin abwechseln. Doch soweit kommt es gar nicht. Seit August hat O. bereits neun Betreuerinnen engagiert, nur zwei erledigten die Aufgabe zu ihrer Zufriedenheit.

Doch O.s Kritik richtet sich nicht an die Betreuerinnen, sondern an die Agenturen, die sie vermittelt. Sie würden nicht die Qualifikationen der Personen überprüfen und sie auch nicht in den wesentlichen Punkten nachschulen oder zur Heimhilfe ausbilden.

Grünen-Mandatarin Schwentner stimmt ihr zu: "Es ist ein großer Graubereich, es muss ein Qualitätssiegel für Vermittlungsagenturen geben." Sie will außerdem das Gewerbe schützen lassen, damit nicht jeder eine Agentur betreiben könne. "Wenn es ums Auto geht, ist das Gewerbe geschützt, wenn es um Menschen geht, ist es frei", sagt Schwentner.

Fehlende Kenntnisse

Was Frau O. besonders irritiert hat, war das Fehlen der Grundkenntnisse über Hygiene. Eine Betreuerin wollte mit Handschuhen, die sie bei der Körperpflege verwendete in der Küche hantieren, eine andere wusste nicht, wie sie einen Waschlappen benützen soll oder wie sie die Pflegebedürftige vom Bett in den Rollstuhl heben kann. Für O. fällt das unter "gefährliche Betreuung".

Die Unterstützung, die sich O. erhofft hatte, blieb aus, da sie selbst kontrollieren und mithelfen musste. "Natürlich kann ich jede Betreuerin ausbilden, doch das ist nicht meine Aufgabe, sondern die der Agentur, die sie vermittelt. Dafür zahle ich ja auch", sagt O.

Fast 2000 Euro muss sie für die 24-Stunden-Betreuung im Monat zahlen. 550 Euro davon übernimmt das Sozialministerium. Die Höhe der Kosten hängt von der Agentur ab. Schwentner fordert deshalb mehr Transparenz bei den Vermittlungsverträgen und eine zentrale Ombudsstelle, an die sich Angehörige und Betreuerinnen wenden können. Denn O. weiß: "Es geht allen drei Seiten mit der Situation schlecht." (Marie-Theres Egyed, 29.4.2017)