Wien - Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist seit der Schwarz-Blauen Regierung durch zahlreiche politische Querelen aufgefallen. Ihren Anfang hatten die Streitereien 2001 mit der von der damaligen FPÖ-Chefin und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer betriebenen Ablöse des Präsidenten Hans Sallmutter (S) genommen. Die damit einhergegangene Reform des Hauptverbandes war vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden. Ausgerechnet jener Mann, der damals die Klage beim Höchstgericht eingebracht hatte und aus dem Führungsgremium ausgesperrt worden war, der Eisenbahnergewerkschafter Wilhelm Haberzettl (S), könnte nun in die Führungsetage des Hauptverbandes einziehen. Sein Gegenkandidat ist der Tiroler AK-Präsident Fritz Dinkhauser (V).

Eine erste Abstimmung am Donnerstag brachte keine Entscheidung - es ging 4:4 aus. Die endgültige Wahl soll nun kommenden Montag ein Ergebnis bringen.

Im Juli 2001 hatte der Nationalrat die von der schwarz-blauen Regierung betriebene Reform des Hauptverbandes nach heftigem Tauziehen und monatelangen Streitereien beschlossen. Schwarz-Blau sicherte sich durch die Aufwertung der Arbeitgeber-Kurie im neuen Verwaltungs(=Aufsichts)rat eine 9:5 Mehrheit. Durch eine Unvereinbarkeitsregelung wurden Spitzenfunktionäre aus Gewerkschaften und Kammern ausgeschlossen. Sallmutter als Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten musste damit weichen.

Schwarz

Im September 2001 wurden die den neuen Machtverhältnissen entsprechenden Personalentscheidungen getroffen und der Hauptverband "schwarz": Der Beamten-Vertreter Herwig Frad wurde zum Präsidenten des Verwaltungsrats und der Wirtschaftskammer-Mann Martin Gleitsmann zu seinem Stellvertreter gewählt, wobei der Vorsitz im Jahresrhythmus rotierte. Haberzettl wurde wegen der Unvereinbarkeitsregeln nicht zugelassen und erhob gegen einen entsprechenden Bescheid des Sozialministeriums Einspruch beim Verfassungsgericht.

Im Dezember 2001 wurde die neue und wesentlich mächtigere Geschäftsführung mit dem Sprecher Josef Kandlhofer (V) an der Spitze bestellt. Ihm zur Seite wurden Josef Probst (S) und Erich Nischelbitzer (F-nahe) gestellt. Letzterer ging Mitte 2003 in Pension und wurde durch Volker Schörghofer und Beate Hartinger (F) ersetzt.

Im Oktober 2003 kippte der VfGH nach einem amtswegigen Überprüfungsverfahren die Reform. Das Höchstgericht erklärt sowohl die Unvereinbarkeitsregelung als auch die Strukturreform mit Verwaltungsrat und Geschäftsführung für verfassungswidrig. Bis Ende 2004 musste die Regierung eine neue Reform ausarbeiten.

Verbandsvorstand

Mit dieser neuen Reform wird der Hauptverband nun von einem Verbandsvorstand und einer Trägerkonferenz geführt. Die Trägerkonferenz umfasst 37 Mitglieder, nämlich Obmann und ersten Stellvertreter der Versicherungsanstalten sowie drei Seniorenvertreter. Die Mehrheit hat damit die ÖVP. Zu ihrem Vorsitzenden wurde vor zwei Wochen der stellvertretende Obmann der gewerblichen Sozialversicherung, Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf, gewählt. Die Trägerkonferenz ist u.a. für das Budget, das Dienstrecht und in letzter Konsequenz für den Abschluss von Tarifverträgen mit den Ärzten zuständig,

Aufgabe des Vorstands ist es, die operativen Geschäfte des Hauptverbands und die Vertretung nach außen zu übernehmen. Zusätzlich ist er für die Bestellung des Managements zuständig. Auch im Vorstand hat die ÖVP eine Mehrheit, sie verfügt über sieben Mandatare, von denen allerdings gleich fünf aus der Arbeitgeberkurie stammen, die SPÖ über vier (alle im Arbeitnehmer-Bereich) und die Freiheitlichen stellen einen Dienstgeber-Vertreter. (APA)