K.u.k.-Soldat Karl Kasser (David Oberkogler) beim Durchqueren eines Sumpfes.

Foto: Looks Film/Jürgen Rehberg

Regisseur Jan Peter mit Natalia Witmer.

Foto: ORF/LOOKS Film & TV Produktionen

STANDARD: Wer hatte die Idee zu diesem Mammutprojekt?

Peter: Das ging vor vier Jahren los. Ich wollte die Geschichte des Ersten Weltkriegs über die Städte erzählen. Doch der Produzent Gunnar Dedio sagte: Schöne Idee, aber lass uns doch etwas über Tagebücher machen. Da dachten wir noch an den Sommer 1914. Das war wiederum Arte zu akademisch, also wurde es schließlich der gesamte Weltkrieg.

STANDARD: Wieso fiel die Wahl auf genau jene 14 Charaktere?

Peter: Eine wichtige Voraussetzung für die Entscheidung war, dass die Figuren wie in einem richtigen Film verändert aus dem Krieg hervorgehen. Wir haben uns sehr schnell gegen Kriegserinnerungen der offiziellen Stimmen entschieden, weil man sofort liest, dass beim Schreiben immer an die Nachwelt gedacht wurde.

STANDARD: Im Buch "Schönheit und Schrecken" erzählt Peter Englund ganz ähnlich den Krieg über Tagebücher. Arbeiteten Sie zusammen?

Peter: Als wir anfingen, gab es das Buch noch nicht. Es erschien erst später. Wir haben drei Charaktere, die bei ihm auch vorkommen.

STANDARD: Wie haben Sie die Tagebücher des Niederösterreichers Karl Kasser gefunden?

Peter: In Österreich war es generell nicht leicht, veröffentlichte Tagebücher zu finden. Wir starteten mit dem ORF einen Aufruf, nach dem sich der Enkel Karl Kassers meldete. Die Aufzeichnungen sind einfach geschrieben, aber sie haben eine große Kraft.

STANDARD: Beeindruckend ist auch die russische Kindersoldatin. Wie fanden Sie sie?

Peter: Ihre Geschichte ist unglaublich. Im Bürgerkrieg kämpfte Marina Yurlova auf der Seite der Weißen Truppen, ging nach Wladiwostok, von dort nach Japan und New York. Sie zeichnete ihre Erinnerungen auf. Die Geschichte wurde in einem Antiquariat gefunden.

STANDARD: Wie haben Sie die Darstellerin ausgewählt?

Peter: Natalia Witmer arbeitete bei uns schon als Stuntfrau, dabei wurden wir auf sie aufmerksam. Sie spielte die Probeszene, und wir wussten: Sie ist es.

STANDARD: Archivfilme wurden restauriert. In welchem Zustand haben Sie die Bänder vorgefunden?

Peter: Wir haben mit rund 70 Archiven weltweit gearbeitet und stießen immer auf ungewöhnliche Funde. Es gibt zum Beispiel ein ganz großes russisches Archiv in Texas. Stück für Stück haben wir versucht, Lücken zu füllen. Filme wurden mit leicht entflammbarem Nitroglycerin beschichtet und müssen sehr vorsichtig einzeln entnommen werden. Umgekehrt gibt es aber auch Stellen, die zerfallen sind. Dann versucht unsere Firma, die Risse wieder zu flicken.

STANDARD: Was wissen Sie über die Herkunft dieser Filme?

Peter: Es gibt ein paar Privatarchive reicher Amateurfilmer, die zu Hause gedreht haben. An der Front waren nur offizielle Kameras zugelassen. Vom Anfang des Krieges gibt es wenige Aufnahmen, später wurde der Film als Propagandamaterial entdeckt. Es wurden filmgerechte Schützengräben gebaut, in denen die Soldaten gesund und nicht verhungert aussahen. Wie geht man mit diesem Material um? Das dokumentarischste, das wahrste sind die Tagebuchaufzeichnungen der Protagonisten. Alles andere ordnet sich dem unter.

STANDARD: Was weiß man über die Fotografen?

Peter: Da gibt es tatsächlich Soldaten, die mit Fotoapparaten unterwegs waren. Die Bilder sind krasser, härter, sie zeigen die Verluste und das Elend der Leute. Deshalb haben wir uns entschieden, auch mit Fotos zu arbeiten.

STANDARD: Sie haben in 60 Ländern recherchiert. Was waren die größten Herausforderungen?

Peter: In den zwei Jahren zum Ende zu kommen. Es gab so viele Partner, 19 produzierende Länder. Da einen gemeinsamen Weg zu finden war das Schwierigste. (Doris Priesching, DER STANDARD, 19.,20.,21.4.2014)

 

Jan Peter (46) ist erfahrener TV- und Kinodokumentarist über Vatikan, DDR, Rechtsextremismus. Zu "14" gibt es Bücher, DVD, Webprojekte auf arte.de und ab August eine Ausstellung in Dresden. 

Erster Weltkrieg im TV:
"14 - Tagebücher des Ersten Weltkriegs" auf Arte am 29. 4., 6. und 13. 5., im ORF am 20. und 23. Mai.
Schon am 23. 4. zeigt ORF 2 Andreas Prochaskas Film "Das Attentat Sarajevo 1914". Tags darauf stellt Robert Gokl den "Weg in den Untergang" nach.