Mario - super seit mehr als 30 Jahren.

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Ein Überblick.

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Nostalgische Enttäuschung: "Super Mario Land" am Game Boy ist heute ein nur noch bedingt lustiges Erlebnis.

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Auch auf dem NES und SNES feierte Mario Erfolge.

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Auch wenn der N64 kein großer Erfolg war, ist "Mario 64" für viele Spieler immer noch unvergessen.

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Der letzte "Super Mario"-Titel, "Super Mario 3D World", erhielt Lob von den Kritikern. Die Wii U scheint aber auch Mario nicht retten zu können.

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Die Helden der "Mario"-Spiele kommen nicht nur in Jump & Run-Games vor, sondern bevölkern auch allerlei Arcade-Spiele, die besonders zu mehrt viel Spaß machen - etwa "Mario Kart".

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Auch spielerisch gestaltete Anwendungen gibt es unter dem Mario-Banner. Ein treuer Fan erstellt bis heute Kunstwerke mit "Mario Paint Art" auf dem Super Nintendo.

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Immer wieder schaffen Videospielentwickler in ihren Werken Charaktere, die lange im Gedächtnis bleiben. Manche begleiten diese Figuren aber nicht nur die Spieler über viele Jahre, sondern werden immer mehr zur Identifikationsfigur des jeweiligen Unternehmens. Ganz besonders gilt das für einen kleinen, dickbäuchigen und bärtigen Installateur mit Latzhose und Mütze: Super Mario, dessen Antlitz untrennbar mit Nintendo verbunden ist.

Expansion mit Hindernissen

Dass der japanische Konzern überhaupt zu diesem Maskottchen kam, ist einer eher zufälligen Entwicklung zu verdanken. Das einst 1889 als Spielkartenmanufaktur gestartete Unternehmen hatte sich in den 1970er-Jahren unter die Arcade-Spielautomatenfertiger begeben und wollte in die USA expandieren.

Der erste Versuch, mit einem Spiel namens "Radar Scope", scheiterte jedoch. Lediglich 1.000 von 3.000 produzierten Geräten konnten verkauft werden. Um das Ruder herum zu reißen, wollte man dem amerikanischen Publikum etwas vertrauteres fortsetzen. Man begann an einem Spiel rund um den schlagkräftigen Spinat-Evangelisten "Popeye" zu arbeiten, musste dieses Vorhaben jedoch aufgrund von Lizenzproblemen abbrechen.

Erster Auftritt: "Donkey Kong"

Schließlich erhielt der damals unbekannte Shigeru Miyamoto den Auftrag, einen neuen Spielehelden zu entwickeln, mit welchem sich möglichst viele Menschen identifizieren konnten. In "Donkey Kong" (1981) feierte Mario noch als "Jumpman" (die Umbenennung erfolgte später, auch der Name "Mr. Video" stand angeblich zur Debatte) schließlich seinen ersten Auftritt und musste seine Freundin aus den Klauen eines wildgewordenen Riesen-Gorillas retten. Rund 65.000 Automaten konnten abgesetzt werden.

Die körperlichen Merkmale von Mario sind laut Legende dem technischen Limit besagter Automaten geschuldet. Weil animierten Figuren lediglich 16 x 16 Pixel an Platz zur Umsetzung vergönnt waren, ersparte man sich mit Bart und Mütze komplizierte Gesichtsgestaltung und vereinfachte mit der Latzhose auch die grafische Umsetzung seiner Anatomie. Sein Name wiederum soll sich von Mario Segale ableiten, dem damaligen Vermieter der Büros von Nintendo of America.

Video: Donkey Kong

Vom Zimmermann zum Installateur

In "Donkey Kong", als auch dem Nachfolger "Donkey Kong jr." (1982) – hier übernahm der Spieler die Rolle von Donkey Kongs Sohn - war Mario noch nicht als Installateur tätig, sondern als Zimmermann. Erst im dritten Arcade-Game, "Mario Bros." (1983), wechselte er offiziell seine Profession und machte Jagd auf Monster in New Yorks Kanalsystem. Das Spiel, das erstmals Marios Bruder Luigi vorstellte, wurde auch für das Nintendo Entertainment System (NES, in Japan auch bekannt als "Famicom") umgesetzt. Bis 1988 wurden Mario-Games auch für Plattformen entwickelt, die nicht von Nintendo stammen – darunter den Atari oder C64.

Die einzigen Ausnahmen danach betreffen die Nelsonic Game Watch und Philips' CD-i-Konsole, zwei Geräte, die mangels Erfolg kaum noch jemandem in Erinnerung sind. Lernspiele mit Mario lieferte Nintendo außerdem noch bis 1996 für den PC. Mario ist der einzige Nintendo-Charakter, der auf sämtlichen Nintendo-Plattformen vertreten ist – inklusive Game&Watch-LCD-Games sowie den Super-Nintendo-Zusatz "Satellaview" (der den Download von Spielen per Satellit ermöglichte und nie außerhalb Japans veröffentlicht wurde). Zählt man alle international verfügbaren Plattformen, teilt er sich diesen Status mit "Donkey Kong".

Auch so manche Anwendung trug Mario im Titel, darunter das Zeichenprogramm "Mario Paint" für den Super Nintendo. Ein hartnäckiger Fan erstellt bis heute damit neue Kunstwerke auf der alten Konsole und veröffentlicht sie auf seinem Blog namens "Mario Paint Art".

Mario Bros.

Die Spielmechanik von "Mario Bros.", von dem Dank Bündelung mit dem NES rund 40 Millionen Stück abgesetzt wurden, unterscheidet sich von späteren "Super Mario"-Titeln. Monster mussten hier erst durch einen Schlag oder einen Stoß von unterhalb umgedreht und anschließend aus dem Bild gekickt werden. In "Super Mario Bros." (1985) wurde diese Mechanik für manche Gegner auf soliden Plattformen beibehalten, aber auch die Möglichkeit eingeführt, ihnen auf den Kopf zu springen. Das Game war gleichzeitig zudem die Geburtsstunde des fiesen Schildkrötenwesens "Bowser", Marios wohl größten Erzfeinds.

Taschenheld

1989 machte der sympathische Italo-Amerikaner schließlich den Sprung vom Wohnzimmer in die Reisetaschen und Schulrucksäcke der Spieler. In diesem Jahr hatte es Nintendo geschafft, eine vollwertige 8-Bit-Plattform mit langer Batterielaufzeit in ein handliches Format zu stecken. Der Gameboy erblickte das Licht der Welt. Der innovative Handheld ermöglichte es Mario endgültig, zum Weltstar aufzusteigen. Gemeinsam mit dem Nachfolgegerät, Gameboy Color, konnte Nintendo fast 119 Millionen Stück absetzen. Dem Gerät beigelegt war der Knobelklassiker "Tetris", die Verkaufszahlen von "Super Mario Land" sollen sich auf 15 bis 20 Millionen Einheiten belaufen.

Es handelte sich um das erste Mario-Game ohne Beteiligung von Shigeru Miyamoto, stattdessen übernahm Gunpei Yokoi, Miyamotos Partner vom ersten "Donkey Kong"-Titel das Ruder. Dies soll auch der Grund für zwei Einzigartigkeiten sein: Explodierende Schildkröten und "Powerbälle" anstatt Feuerbälle als Marios Waffe beim Konsum einer Blume. Beide Elemente schafften es nicht in die weiteren Ableger der Serie.

Game Boy-Retrotest

Der GameStandard hat den Game Boy und "Super Mario Land" aus der Mottenkiste geholt und den nunmehr ein Vierteljahrhundert alten Titel probegespielt.

Schon damals war Nintendos tragbarer Spieleknecht nicht mehr ganz State of the Art. Überlegen war ihm etwa Ataris Lynx, der unter anderem bereits ein Farbdisplay lieferte. Nintendo verbaute im Game Boy ein monochromes Matrix-Display. Der von Sharp produzierte Prozessor schaufelte mit einem effektiven Takt von 4,2 MHz maximal 160 x 144 Pixel auf den Bildschirm mit seiner Diagonale von 2,6 Zoll (6,6 Zentimeter).

Nicht gut gealtert

Sowohl Hardware als auch Spiel sind nur mäßig gut gealtert. Während die Bedienung über Steuerkreuz und zwei Aktionstasten nach wie vor leicht erlernbar ist und gut von der Hand geht, stellt der Bildschirm die Geduld von Smartphone- und E-Reader-verwöhnten Gemütern hart auf die Probe.

Denn: Hintergrundbeleuchtung gibt es nicht, die meisten Lichtquellen neigen außerdem dazu, stark auf dem Glas der Front zu spiegeln. Wenig verwunderlich, dass schon damals Beleuchtungsaufsätze zum beliebteren Accessoire für den Game Boy gehörten. Immerhin: Der Kontrast des Screens lässt sich mit einem heute archaisch wirkenden Rad auf der Seite einstellen.

"Super Mario Land" bringt im Grunde alle wesentlichen Elemente eines Jump-and-Run-Spieles mit. Gegner mit verschiedenen Bewegungs- und Angriffsmustern, Hindernisse, bewegliche Plattformen, Fallen und Geheimabschnitte. Die Abschnitte sind unterteilt in mehrere Levels und werden kontinuierlich fordernder.

Video: Super Mario Land Longplay

Frustrierendes Erlebnis

Problematisch ist allerdings, dass im Gegensatz zu den folgenden "Super Mario"-Teilen, alle Spielelemente sehr klein gehalten sind. Die Levels an sich sind zwar schön und fantasievoll gestaltet, genaues Steuern erweist sich mitunter aber als mühsam. Dazu erweist sich das Spiel nicht nur als permanenter Kampf gegen den eigenen Lebenszähler, sondern auch gegen den Ladestand der Batterien, von welchen der Game Boy vier Stück schluckt.

Denn es gibt weder Speicherstände – auch diese folgen erst in "Super Mario Land 2" – noch Passwörter oder eine andere Sicherungsmechanik. Wer das letzte "Continue" verbraucht hat oder den Game Boy aus irgendeinem Grund abdrehen muss, darf von vorne beginnen.

Nach mehreren Anläufen und einer Stunde Spielzeit wanderte Nintendos Handheld wieder in den Schrank. Trotz wohliger alter Kindheitserinnerungen erweist sich "Super Mario Land" am ersten Game Boy letztlich als zu frustrierend für längere Unterhaltung.

Nischenleben in der Chiptune-Szene

Auch wenn der alte Handheld sich längst nicht mehr mit moderneren Vertretung seiner Gattung messen kann und schon lange nicht mehr produziert wird, führt er heute noch ein Nischenleben. Sein Soundsystem wird nach wie vor von vielen Chiptune-Produzenten geschätzt und die Konsole selbst in umgebauter Form auch in der Produktion der Musik zum Einsatz gebracht. Ein "How to" dazu findet sich unter anderem auf Instructables.

Identifikationsfigur

Doch zurück zu Mario, der sich spätestens mit seinen Auftritten am Game Boy unwiderruflich zum Poster Boy von Nintendo gemacht hatte. Der pummelige Rohrverleger ist für die Videospielwelt eigentlich viel mehr als nur das. Er vereint als Identifikationsfigur sowohl Einsteiger- als auch Spieleveteranen.

Hochkomplexe Strategiespiele oder tiefgehende Rollenspiele findet man nicht unter seinem Banner. Wohl aber ein schier unendliches Sammelsurium an Arcade-, Action-, Geschicklichkeits- und Knobelspielen. Egal ob Sportspieladaptionen wie "Mario Tennis" oder das unvergängliche "Mario Kart", Tetris-Derivate wie "Dr. Mario" oder dem kunterbunten Multiplayer-Minispielmix "Mario Party" – wo Mario drauf steht sind meist leicht zugängliche und hoch unterhaltsame Spiele für Jung und Alt drin, die mitunter aber trotzdem enorm fordernd sein können.

In diesem Sinne führt der hüpfende Installateur seit bald 35 Jahren Menschen an das Medium Videospiel heran, ohne dabei von seiner frisch-fröhlichen Lebhaftigkeit zu verlieren. Die "Pokemon"-Generation kennt ihn ebenso wie jene, die in der Frühzeit der Homecomputer-Ära groß geworden ist.

Am Scheideweg

Doch Marios Schicksal könnte vor einem Scheideweg stehen. Nach dem Gameboy (und seinen zahlreichen Varianten) lieferte Nintendo noch eine Reihe weiterer Konsolen, die große Anhängerschaft fanden. Der Nintendo 64 brachte das erste Mario-Abenteuer in 3D, der DS (2004) brach nach langer Zeit den Absatzrekord des Game Boys. Und die Wii wagte sich mit Bewegungssteuerung überhaupt in ein neues Feld vor.

Aber mit dem letzten Generationswechsel, so scheint es, hat Nintendo den Draht zu seinen Fans etwas verloren. Die Wii U startete mit ausgefallenem Steuerkonzept zu gemischten Kritiken und Verkaufszahlen, die auch mehr als ein Jahr nach dem Erscheinen dramatisch (nämlich etwa 70 Prozent) unter den Erwartungen von Nintendo liegen. Gleichzeitig entwickeln sich auch die Handheld-Verkaufszahlen nicht mehr wie früher. Es ist anzunehmen, dass Tablets und Smartphones dieses Geschäft zunehmend beeinträchtigen. Die letzten Zahlen sprechen Bände. Das kommende Geschäftsjahr dürfte Nintendo das dritte Jahr in Folge einen deutlichen Verlust bescheren.

Zukunft auf PlayStation und Xbox?

Dass der Wii U der Turnaround gelingt, darf bezweifelt werden. Während sich der Game Boy damals trotz technischer Unterlegenheit mit einem starken Spielesortiment durchsetzen konnte, schwindet der Rückhalt der Publisher bei der neuen Wohnzimmerkonsole zusehends. Sieht man von Nintendos eigenen populären Reihen wie "Mario" und "Zelda" ab, gehen der Plattform die großen Toptitel aus.

Um das Unternehmen selbst muss man sich vorerst wohl keine Sorgen machen. Allerdings könnte die Ära der Nintendo-Wohnzimmerkonsolen sich ihrem Ende zuneigen. Ein Analyst empfahl letztens, man möge doch seine erfolgreichen Spielemarken auch auf die PlayStation 4 und Xbox One bringen. Eine umstrittene Option, die sicherlich ihren Reiz hat, könnten doch auf diesem Wege zahlreiche Spieler wieder neue "Mario"-Titel spielen, ohne dafür eine weitere Konsole kaufen zu müssen. Derzeit, so scheint es, scheint Nintendo aber noch nicht gewillt zu sein, diesen Schritt zu wagen.

Großes Erbe und Einfluss auf Popkultur

Spielehistorisch ist das Schicksal des Italo-Amerikaners von wichtiger Bedeutung. Denn sein Erbe hat eine beeindruckende Größe angenommen. Zählt man jeden Titel, in welchem Mario in irgendeiner Form präsent ist, erreicht man wohl ein dreistelliges Ergebnis. 19 Spiele alleine umfasst die "Super Mario"-Reihe, die sich bis 2012 rund 500 Millionen Mal verkauft hat. Ihr jüngster Teil "Super Mario 3D World" (2013) konnte die Kritiker einmal mehr begeistern.

Neben seinem Erfolgszug durch die Games-Welt hat der Installateur natürlich auch seinen Einzug in die Popkultur gehalten. Kaum eine Spielemesse vergeht ohne Mario-Cosplay, die Titelmelodien seiner Games finden sich in diversen Umsetzungen auf YouTube und Co. sowie als Klingelton auf Millionen Handys. 1993 versuchte sich auch Hollywood an einer letztlich unterdurchschnittlichen Filmumsetzung.

Video: Super Mario Opera

"It's-a-me, Mario!"

Seit über 20 Jahren begrüßt Mario die Spieler stets mit einem frisch-fröhlichen "It's-a-me, Mario!". Und ähnlich zufällig wie seine Existenz ergab sich auch, dass der Amerikaner Charles Martinet zum Sprecher hinter dem abenteuerlustigen Latzhosenträger wurde.

"Ich habe das Casting gecrasht. Der Typ dort hat gesagt: 'Mach eine Stimme für einen italienischen Klempner aus Brooklyn'", erzählte Martinet 2011 in einem Interview mit GamerSpawn. "Ich habe geredet, bis jemand gesagt hat 'Stop, hör auf, das Band ist zu Ende.'" (Georg Pichler, derStandard.at, 27.01.2014)

Video: Charles Martinet