Die aktuelle Abmahnwelle wegen Streamings dürfte nicht die letzte gewesen sein.

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Die Abmahnwelle in Deutschland wegen des Streamens von urheberrechtlich geschützten Pornofilmen, dürfte nicht die letzte gewesen sein. Das lässt sich aus einem Gespräch zwischen dem Anwalt Christian Solmecke und der für die Mahnbriefe verantwortlichen Kanzlei U+C schließen. In diesem äußert sich U+C-Gesellschafter Thomas Urmann zur Situation.

Weitere Abmahnungen erwartet

Demnach ist auch die aktuelle Flut an Abmahnschreiben noch nicht an ihrem Ende angekommen. Beschickt wurden bislang nur Kunden der Deutschen Telekom. U+C hat jedoch auch über Anträge an das Landgericht Köln die Anschlussdaten von Kunden anderer Provider erhalten, die jedoch aufgrund der schieren Menge an Briefen noch nicht beschickt wurden.

Urmann geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren zu weiteren Abmahnungen wegen Streamings kommen wird. Er betont, dass die Plattform Redtube, welche von den Abgemahnten besucht worden sein soll, nicht die einzige ist, die sich überwachen lässt.

"Fragen Sie mich nicht zu den technischen Details"

Angesprochen wurde auch die Frage, wieso in den Anträgen des Anwalts Daniel Sebastian an das Kölner Gericht von einem "Downloadportal" die Rede ist, obwohl es um eine Streaming-Plattform geht. Urmann sieht hier einen Fall von "Progressive Downloading", weswegen die Beschreibung seiner Meinung nach rechtens sei.

"Fragen Sie mich nicht zu den technischen Details", meint er jedoch, "aber auf Wikipedia ist nachzulesen, dass nach dem Anschauen eines solchen Streams nachher die gesamte Datei im temporären Ordner auf der Festplatte liegt." Solmecke weist auf unterschiedliche Rechtsauffassungen unter deutschen Juristen hin. Gegen Sebastian ermittelt die Staatsanwaltschaft aufgrund eines Strafantrags wegen einer möglicherweise absichtlich irreführenden Formulierung der Auskunftsanträge.

Insgesamt 89 Beschlüsse zur Herausgabe der Daten von Anschlussinhabern wollte Sebastian erwirken, laut Urmann sollen die 62 bewilligten Anträge nicht einfach durchgewinkt worden sein. Obwohl der Sprecher des Gerichts hinsichtlich der Begründung stattgegebener Anträge, in welchen aus dem "Downloadportal" plötzlich eine "Tauschbörse" geworden war, von einem "Versehen" gesprochen hatte, sollen einige Richter nähere Erklärungen und Gutachten verlangt haben. Sie könnten damit Streaming potenziell tatsächlich als illegal betrachtet haben.

Keine Auskunft zu IP-Ermittlung

Offen bleibt weiterhin die Frage, wie die IP-Adressen der Betroffenen ermittelt wurden. Zur Erfassung soll eine Software namens "GLADII" eingesetzt worden sein, deren Funktionsweise wurde jedoch bis heute nicht erklärt. Urmann beruft sich diesbezüglich auf seine anwaltliche Schweigepflicht.

Ebenso wenig konnte er sagen, wie hoch der Prozentanteil der Abgemahnten sei, die der Zahlungsaufforderung von 250 Euro nachkommen. U+C würde allerdings täglich 500 Telefonate mit Betroffenen führen, wobei die meisten Gespräche ruhig und sachlich verlaufen sollen. Viele würden versuchen, die Affäre schnell hinter sich zu lassen. "Natürlich sind da auch Hausfrauen dabei, die ihren Männern jetzt die Hölle heiß machen", erklärt Urmann.

Vorweihnachtlicher Versand kein Zufall

Der Versandzeitpunkt der Briefe ist kein Zufall, laut den Verantwortlichen wollte man diese unbedingt noch vor Weihnachten verschicken. Der Grund dafür sei, dass viele Menschen nach der Festzeit nur noch wenig Budget hätten und folglich nicht in der Lage seien, die geforderten 250 Euro aufzubringen.

Mangels Präzedenzurteil ist derzeit unklar, ob das Streamen eines Videos überhaupt rechtswidrig ist. Gleichzeitig muss laut deutscher Rechtslage die Bedingung erfüllt sein, dass die Quelle eines Downloads – so ein Stream als solcher zu sehen ist – für den Nutzer klar als illegal zu erkennen ist. Dies steht bei Redtube ebenfalls stark in Frage Umstritten ist zudem die Höhe des von U+C angesetzten Gegenstandswertes, der höher angesetzt wurde, als zulässig sein dürfte.

Ratschläge

Die Verbraucherschutzzentrale NRW rät aktuell dazu, die Unterlassungserklärung nicht zu unterzeichnen und sicherheitshalber rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Der Freisinger IT-Rechtsanwalt Thomas Stadler hält die Abmahnungen aufgrund handwerklicher Mängel für unwirksam. (gpi, derStandard.at, 12.12.2013)