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Kein Platz mehr frei: Ein in Wien an manchen stark frequentierten Orten alltägliches Bild.

Foto: APA/Uli Deck

Ob ÖBB oder Wiener Linien: Die Hausordnung definiert, wo Fahrräder geparkt werden dürfen (linke Spalte unten). Dafür muss sie vorher entdeckt und studiert werden.

Foto: OEBB

So ist es korrekt: Wenn das Verkehrsschild erkennbar ist, 2,50 Meter Gehsteigbreite gewährleistet sind, keine Ausfahrt blockiert wird, der Reifen nicht über den Gehsteigrand ragt und nichts beschädigt wird, darf das Fahrrad am Verkehrsschild angehängt werden.

Foto: derStandard.at/tin

Das Halten und Parken von Rikschas auf dem Stephansplatz ist verboten und wird mit einer Organstrafverfügung geahndet.

Foto: Johannes Pepelnik

Caroline Z. wohnt in der Nähe des Wiener Westbahnhofs und geht auch dort einkaufen. Maximal 15 Minuten sei sie neulich beim Drogeriemarkt im neuen Einkaufszentrum gewesen, sagt Z. Zurück auf dem Bahnhofsvorplatz war ihr Fahrrad weg. Angehängt hatte sie es an der Seitenstange der Gepäckswagen-Abstellvorrichtung. "Ist nicht der beste Abstellplatz", gibt Z. zu, "aber der nächste zum Eingang, und die Gepäckwagen-Entnahme wird dadurch in keiner Weise behindert." Außerdem sei dort meistens mindestens ein Fahrrad angehängt, weshalb es so wirke, also ob man das dürfe. 

Vom Sicherheitsdienst entfernt

Die Suche nach ihrem Rad führte Z. zuerst zur Polizei, die sie zum Sicherheitsdienst der ÖBB weiterschickte. Dieser hatte tatsächlich das Schloss durchtrennt und das Fahrrad in die Gepäckaufbewahrung gebracht. "Es gibt keinen Hinweis, dass das Abstellen von Fahrrädern hier verboten ist", sagt Z. und fragt: "War es nicht rechtens von mir, das Rad dort abzustellen? Eine Behinderung der Gepäckwagen bestand definitiv nicht. Und darf der Sicherheitsdienst das Fahrradschloss beschädigen, oder gibt es eine Entschädigung für mich?"

"Fahrräder, die nicht an den vorgesehen Plätzen abgestellt sind, werden aus Sicherheitsgründen entfernt - zum Beispiel um Fluchtwege oder Barrierefreiheit zu gewährleisten. Entschädigung für ein gekapptes Schloss gibt es daher keine", erklärt dazu ÖBB-Pressesprecherin Sarah Nettel. Welche Plätze für das Abstellen von Fahrrädern vorgesehen sind, definiere die Hausordnung der ÖBB. Diese sei auf jedem Bahnhof ausgehängt (siehe Bild). "Ansonsten müsste man an jedem Mast, jeder Absperrung, an jedem Gitter und dergleichen ein eigenes Verbotsschild anbringen", sagt Nettel.

Eine Sache des Gefühls

So wie das Abstellen von Fahrrädern auf Bahnhöfen Sache der ÖBB und nicht der Polizei ist, verhält es sich auch bei den Wiener Linien: "Im Haltestellenbereich öffentlicher Verkehrsmittel dürfen Fahrräder nicht abgestellt werden", erklärt der Rechtsanwalt Johannes Pepelnik, "außer wenn dort ein Fahrradabstellplatz vorhanden ist."

Ein Fahrrad an einem Ort abzustellen, ohne zu wissen, ob das dort erlaubt ist, sei generell eine Sache des Gefühls, sagt dazu Polizeisprecher Thomas Keiblinger. Ähnlich sieht es Pepelnik: "Wer sein Rad an nicht dafür vorgesehenen Plätzen aufstellt, wird sich selbst Gedanken machen müssen. Sie können das Rad auch nicht mit in das Burgtheater nehmen, obwohl dort auch kein Schild steht, dass sie es nicht mitnehmen dürfen."

Wider alle Erwartungen ist es aber erlaubt, das Fahrrad an einem Verkehrsschild zu befestigen. Auch an einem Mistkübel, einer Straßenlaterne, einer Baumumgrenzung und an einer Hausmauer darf das Rad angehängt beziehungsweise abgestellt werden - sofern ein paar Regeln beachtet werden. "Man darf dabei nichts beschädigen, weder den Fließ- noch den Fußgängerverkehr beeinträchtigen und keine Ausfahrt blockieren", sagt Keiblinger. "Das Verkehrsschild muss noch als solches erkennbar sein, und auf dem Gehsteig müssen 2,50 Meter Restbreite gegeben sein."

Verhältnismäßiges Vorgehen

Auch darf das Fahrrad nicht mit einem Reifen auf die Fahrbahn hinausragen. "Doch solange keine Feuerwehrausfahrt blockiert ist oder Ähnliches, wird der Polizist ein Rad, das ungünstig steht, bestmöglich umstellen und weitergehen. Er wird nicht das Schloss aufbrechen und einen Schaden verursachen", sagt der Polizeisprecher. 

Die Polizei ist zwar berechtigt, Gegenstände zu entfernen, die den Verkehr behindern, aber so gut wie kein Rad wird laut Keiblinger von der Polizei entfernt. Denn der Grundsatz bei allen Amtshandlungen lautet, verhältnismäßig vorzugehen. "Ein gutes Schloss ist teuer. Wenn ich es aufbreche und das Rad entferne, findet eine Eigentumsbeschädigung mit einem hohen Sachwert statt", erklärt der Polizeisprecher. Das ließe sich mit der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbaren. Im Falle einer Gefährdung wäre das verhältnismäßig, doch eine Gefährdung bringe man beim Fahrradabstellen schwer zusammen.

Einen "Strafzettel" an einem falsch geparkten Fahrrad anzubringen ist ebenfalls keine Lösung: "Da der Besitzer des Fahrrades nicht bekannt ist, ist ein Organmandat in so einem Fall widersinnig", sagt Keiblinger. Rechtsanwalt Johannes Pepelnik sind Organstrafmandate auf Fahrrädern dagegen vertraut (siehe Foto). Im konkreten Fall geht es allerdings um das widerrechtliche Abstellen einer Rikscha auf dem Stephansplatz.

Kein Zwang zum Fahrradständer

"Es gibt generell keinen Zwang, Fahrradständer zu benützen", stellt Pepelnik klar, "es ist aber zu empfehlen, einen Fahrradabstellplatz zu benutzen, wenn sich einer in der unmittelbaren Nähe befindet."

Womit sich der Kreis schließt: Rund 200 Zweirad-Stellplätze sind bisher am Westbahnhof vorhanden, laut ÖBB der Großteil davon Fahrrad-Stellplätze. Diese zeigen sich bei mehreren Ortsbesichtigungen untertags meist voll belegt.

Nach Fertigstellung des Westbahnhofs werden zusätzlich 480 überdachte Fahrrad-Stellplätze im Doppelstockständersystem zur Verfügung stehen, doch kostenlos sind diese laut ÖBB-Pressesprecherin Nettel ausschließlich für Benützer des öffentlichen Personennahverkehrs mit gültigem Fahrschein.

Am Ende bleiben vier Möglichkeiten

Radfahrenden Kunden des Westbahnhof-Einkaufszentrums, die ihr Rad sicher und kostenlos parken möchten, bleiben wohl nur folgende vier Varianten zur Wahl: das Glück, einen freien Radabstellplatz zu ergattern; im Besitz eines gültigen Fahrscheins für ÖBB oder Wiener Linien zu sein; den Rat von Johannes Pepelnik zu beherzigen: "Da das Mitnehmen des Fahrradständers zu umständlich ist, würde ich empfehlen, ein Falt- oder Klapprad mitzunehmen und dieses zu falten und einfach mitzunehmen"; oder das Fahrrad unter Einhaltung aller erforderlichen Maßnahmen an einem Verkehrszeichen anzuhängen. (Eva Tinsobin, derStandard.at, 1.10.2013)