Fritz Steinparzer, Chef der Ottomotoren-Entwicklung bei BMW: "Wir Maschinenbauer haben keine Berührungsängste."

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Fahrspaß anno 1961. Effizienz war an der Basis damals schon ein Thema.

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Anno 2013. Der 2-Liter-Benziner mit TwinPower Turbo versucht die beiden Vorgaben zusammen zu bringen.

 

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Die Bandbreite von Steinparzers Spektrum reicht demnächst vom 632-PS-V12 im Rolls-Royce Wraith ...

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... bis hin zum Zweizylinder im BMW i3.

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STANDARD: Sie arbeiten nun fast Ihr ganzes Berufsleben bei BMW, also mehr als dreißig Jahre, ist das überhaupt noch spannend?

Steinparzer: Ich habe wirklich alles gemacht innerhalb der Motorenentwicklung.

STANDARD: Sie sind quasi mit dem Dieselmotor groß geworden, was bedeutet einem da der Benziner?

Steinparzer: Diesel war für mich schon eine Leidenschaft, schließlich hat man bei BMW Anfang der 1980er-Jahre noch nicht genau gewusst, ob der Dieselmotor für die Marke überhaupt der richtige Weg ist. Mittlerweile stellt der Diesel schon die dominierende Motorisierung für BMW in Europa dar.

STANDARD: Was ist anders beim Ottomotor?

Steinparzer: Während der Dieselmotor europäische Priorität hat und nur langsam steigende Marktanteile in Amerika und Asien, sind beim Ottomotor alle Märkte der Welt zu berücksichtigen. Die Mechanik an sich ist sehr ähnlich, da kann man sehr viel übertragen, Verbrennungsablauf und Einspritzung sind beim Benziner aber schon anders.

STANDARD: Wie sehen Sie als Maschinenbauer den immer stärkeren Einfluss elektrischer und elektro­nischer Komponenten im Automobilbau?

Steinparzer: Wir Maschinenbauer haben keine Berührungsängste mit dem elektrischen Strom. Elek­tro­nik beschäftigt uns im Fahrzeugbau seit Jahrzehnten. Ich war schon ganz am Anfang in die Entwicklung von elektronischen Motorsteu­ergeräten involviert. Vom Grundprinzip her hat sich nicht viel geändert, die Komplexität ist aber enorm gestiegen. Ich habe noch nie ein Pro­gramm geschrieben, aber die An­wendung war immer Teil der Ent­wick­lung. Damit kann man durch­aus beide Themenkomplexe betreffende Entscheidungen treffen.

STANDARD: Kann über den Maschinebau noch Fortschritt generiert werden, oder läuft jetzt alles über die Elektronik?

Steinparzer: Eine gute Grundkon­struktion ist immer die Basis für einen guten Motor. Die Nutzung der Elektronik hat uns aber immer un­terstützt. Mit der heutigen Vielfalt an Sensoren kann ich jederzeit genau erfassen, wie sich der Motor fühlt, welche Temperaturen und Drücke vorhanden sind, damit kann ich Einspritzparameter optimal anpassen. Die Elektronik ist immer eine Möglichkeit, den Motor noch besser zu machen.

STANDARD: 500 Kubikzentimeter gel­ten als optimale Größe, drei Zylinder als Untergrenze für einen vernünftigen Motor. Heißt das, kein BMW unter 1,5 Liter Hubraum?

Steinparzer: Es werden sicher auch bei BMW Zweizylinder zum Einsatz kommen. Wir stellen noch dieses Jahr den i3 vor als erstes Elektroauto von BMW. Dieses wird es auch mit Range Extender geben, und der wird ein Zweizylinder. Als alleinigen Antrieb sehe ich den Zweizylinder kurzfristig aber nicht. Ich schließe jedoch nicht aus, dass man bei Bedarf auch einen kleineren Dreizylinder als 1,5 Liter macht.

STANDARD: Warum plötzlich die Begeisterung für den Dreizylinder?

Steinparzer: Man muss Dogmen aus der Vergangenheit immer wieder neu aufgreifen und bewerten. Ein Dreizylinder ist ein absolut tolles Aggregat, jeder Motorradfahrer weiß das, klingt gut, macht Spaß, transportiert Emotionen. Der Dreizylinder ist aber in der Vergangenheit in Ausführungsformen angewendet worden, die nicht optimal waren, etwa als Zweitakter oder vorwiegend kostenoptimiert. Ein Vierzylinder ist bei gleichem Hubvolumen größer, baut länger, ist schwerer. Der Dreizylinder hat auch weniger Lagerstellen, weniger Reibung.

STANDARD: Und jenseits von sechs Zylindern ist dann Schluss?

Steinparzer: Wir werden weiterhin Achtzylinder im obersten Segment haben und auch Zwölfzylinder. Wir produzieren unter anderem dank Rolls-Royce so viele Zwölfzylinder wie nie zuvor in der BMW-Geschichte. Auch die Achtzylinder sind im Absolutvolumen stabil. Wir haben ja auch hier ­Riesenfortschritte beim CO2-Ausstoß gemacht, mit nunmehr unter 200 g/km, das entspricht weniger als neun Litern Benzin auf 100 km.

STANDARD: Die Begeisterung für Hy­bridantrieb hält sich bei BMW allem Anschein nach aber in Grenzen?

Steinparzer: Wir werden wie in anderen Bereichen eine immer stärkere Diversifizierung erleben. Wir werden noch längere Zeit den klassischen Verbrennungsmotor haben, aber auch eine steigende Anzahl an Hybridfahrzeugen in un­terschiedlichen Ausprägungen, bis hin zum reinen Elektroauto. Auch über ein 48-Volt-Bordnetz wird wieder viel diskutiert. Damit ist Hybridisierung möglich, ohne gleich in die Hochspannung zu ­gehen. (Rudolf Skarics, DER STANDARD, 3.5.2013)