"Manchmal macht man das perfekte Fotos innerhalb von zehn Sekunden, manchmal dauert es eine Stunde."

Foto: zoi/derstandard.at

Bis zu 35 Hunde kann Seth Casteel pro Stunde ablichten.

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Eine Leine ist wichtig: "Sonst kommen die Hunde und umarmen mich."

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Die Ergebnisse des Foto-Shootings im Tierschutzhaus können sich sehen lassen.

Foto: Seth Casteel

"Die Porträtfotos sollen den Charakter des Hundes zum Ausdruck bringen", sagt Seth Casteel.

Foto: Seth Casteel

Speedy will nicht so, wie Seth Casteel sich das vorstellt. Aber das ist okay: "Für diesen Job braucht man viel Geduld," sagt der US-amerikanische Tierfotograf, als der braune Stafford-Mischling zum wiederholten Mal an ihm hochspringt, anstatt für ein Foto stillzuhalten.

Bekannt wurde der 31-Jährige Casteel, der in Chicago und Los Angeles lebt, Anfang des Jahres mit seinen Unterwasser-Aufnahmen von Hunden, die ihm bereits zahlreiche Aufträge für amerikanische Medien eingebracht haben. Vergangene Woche war Casteel im Wiener Tierschutzhaus zu Gast und hielt einen Fotoworkshop für Mitarbeiter ab. Das Ziel: Ansprechende Fotos der Tierheim-Bewohner zu machen, damit sie möglichst schnell einen neuen Besitzer finden.

Porträtfotos von Hunden

"Heute werden wir Porträtfotos der Hunde machen, die ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen", erklärt er den sechs Teilnehmern des Workshops gleich zu Beginn. Er ist zum ersten Mal in Wien und nicht nur begeistert von der Stadt, sondern vor allem von ihrem Tierheim: "In den USA sind Tierheime dunkle, traurige Orte. Hier ist es hell und fröhlich." Seit 2007 macht der Fotograf, der damals noch in der Werbung tätig war, ehrenamtlich Fotos für Tierheime. Am liebsten fotografiert er Hunde: "Ich habe eine echte Verbindung zu ihnen."

Natürlicher Hintergrund

Viele Fotos, die Tierheime veröffentlichen, stellen die Hunde in einem falschen Licht dar: "Wenn man im Hintergrund Käfiggitter sieht und es ein wirklich dunkles Foto ist, dann wird man nicht ins Tierheim fahren und das Tier abholen", weiß Casteel. Grundregel Nummer eins, die er seinen Workshop-Teilnehmern auf einer Wiese auf dem Gelände des Wiener Tierschutzhauses verrät: Einen natürlichen Hintergrund verwenden. Man soll zum Beispiel Gras und Gebüsch sehen.

Respekt für das Tier

Außerdem wichtig: eine Leine. "An mir sind schon 60-Kilo-Hunde hochgesprungen. Da ist es wirklich gut, wenn jemand sie irgendwie zurückhalten kann", sagt Casteel. Richtig verletzt hat er sich bei seiner Arbeit noch nicht. "Einige Hunde haben viel durchgemacht. Da ist es wichtig, ihnen mit viel Respekt zu begegnen", erklärt er. "Wenn der Hund sich nicht wohl fühlt mit dir oder der Kamera, dann musst du das akzeptieren."

Fotogene Tiere

Seth Casteel will aus jedem der Tiere, die er fotografiert, das Beste herausholen. Trotzdem seien einige der Hunde bessere "Models" als andere. Es liege an der Zahnstellung, den Gesichtszügen und natürlich daran, wie sehr der Hund mit seinem Gegenüber interagieren will, weiß der Fotograf.

Katzen sind stur

Mit Katzen sei die Arbeit viel schwieriger, erklärt Casteel seinen Foto-"Schülern" und bereitet sie auf die nächsten Tiermodels vor: "Die große Herausforderung mit Katzen ist: Sie laufen immer davon. Viele Katzen haben einfach keine Lust darauf, sich mit dir abzugeben." Außerdem seien Katzen viel sturer als Hunde und viel interessierter an sich selbst. "Hunde zeigen auch viel mehr Emotionen", sagt der Fotograf, der selbst zwei Hunde besitzt.

Fotos "durch Zufall"

Jene Unterwasserfotos, die ihn Anfang diesen Jahres schlagartig berühmt machten, entstanden übrigens durch Zufall. Casteel machte Fotos von einem Hund, der ihm immer wieder entwischte und in einen Swimmingpool sprang. "Plötzlich dachte ich: Ich brauche eine Unterwasserkamera", erinnert er sich. Dann begann er mit seinen Schnappschüssen von Hunden unter Wasser.

Durch den Erfolg dieser Fotos kommt er jetzt weit herum: Vergangene Woche war er in Alaska zum Fotografieren, jetzt ist er in Wien. Hier wird er diese Woche der Premiere eines Theaterstücks beiwohnen. Im Rahmen der Premiere wird er auch erstmals in Europa seine Unterwasser-Aufnahmen präsentieren. (Franziska Zoidl, derStandard.at, 11.9.2012)