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Das große Problem bei einem zu hohen Alkoholisierungsgrad zeigt sich vor allem in der Kombination, dass man einerseits bereits schwer beeinträchtigt ist, aber sich auf der anderen Seite selbst überschätzt.

Foto: APA/Frank May

Wien - Jener Radfahrer, der mit 4,9 Promille in Wien unterwegs war und sich bei einem Zusammenstoß mit einer Straßenbahn schwer verletzt hat (siehe Artikel), sei mit seiner Alkoholisierung "keine Rarität, aber auch kein Alltagsgeschäft", erklärte Wolfgang Schreiber, Chefarzt beim Roten Kreuz und Notfallmediziner am Allgemeinen Krankenhaus Wien (AKH). Durchschnittlich würden zwischen 15 und 20 Mal pro Jahr Patienten mit vier bis fünf Promille in die Notaufnahme des AKH eingeliefert werden, sagte Schreiber.

"Personen mit einem Alkoholgehalt von drei Promille im Blut sind keine Seltenheit", erklärte Schreiber. Seiner Erfahrung als Notfallmediziner nach sind die Patienten mit einem solch hohen Wert meistens schon lange Trinker, im mittleren Alter und kommen oftmals aus sozialschwachen Verhältnissen oder sind obdachlos. Schreiber selbst erinnerte sich an einen Patienten, der mit 6,8 Promille ins Spital eingeliefert wurde. "Zwölf Stunden später hat er sich dazu entschlossen, dass Krankenhaus wieder zu verlassen und war topfit. Ich konnte mich normal mit ihm unterhalten", so Schreiber. Und das, obwohl pro Stunde vom Körper durchschnittlich nur 0,1 Promille abgebaut werden kann.

Ab 2,5 Promille lebensgefährlich

Ein Gelegenheitstrinker würde es bereits bei einer wesentlich niedrigeren Dosierung nicht mehr schaffen Alkohol zu sich zu nehmen. Bereits bei einem Wert zwischen 2,5 und drei Promille ergibt sich ein lebensgefährlicher Zustand für den Normalbürger. Um solche Spitzenwerte zu erreichen braucht es "Übung". "Es liegt völlig auf der Hand, dass man das nur zusammenbringt, wenn man langfristig viel Alkohol zu sich nimmt", meinte Michael Musalek, Facharzt für Psychiatrie und Leiter des Anton-Proksch-Institutes. Starke Trinker entwickeln eine Toleranz und können so ihren Konsum immer weiter steigern.

Selbstüberschätzung

Das große Problem bei einem zu hohen Alkoholisierungsgrad zeigt sich vor allem in der Kombination, dass man einerseits bereits schwer beeinträchtigt ist, aber sich auf der anderen Seite selbst überschätzt. Denn Reaktionszeit und Konzentration sinken bei sehr betrunkenen Personen extrem ab, trotzdem könnten schwere Trinker auch bei vier Promille noch relativ "normal" gehen. Trotzdem "ist es bemerkenswert, dass der Mann sich überhaupt noch am Rad halten konnte", wunderte sich der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze.

Um einen Wert von etwa fünf Promille zu erreichen, müsse man schon "ordentlich kübeln", so Kunze. Mit einer Mischung aus Bier und viel Schnaps könne er aber durchaus erreicht werden. Nur mit leichten Getränken wie Bier und Weißen Spritzern könne man nur schwer auf solche Spitzenwerte kommen.

Beeinträchtigung der Atmung

Besonders gefährlich ist aber nicht der Alkohol per se, sondern die Beeinträchtigung der Atmung. Tödlich endet eine "Sauftour" für die Trunkenbolde meist dann, wenn sie an ihrem eigenen Erbrochenen ersticken oder in eine missliche Lage geraten und nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden. Der verletzte Radfahrer kann sich nun zumindest darauf freuen, dass er sich, wenn er wieder zu sich kommt und nüchtern ist, an nichts mehr erinnern kann. (APA)