Die ebenfalls zu Condé Nast gehörende Website "reddit" geht weniger rigide vor wie die Schwesternwebsite "Ars Technica" und bedankt sich bei den Usern, die den Werbefilter "AdBlock" nicht einsetzen.

Screenshot: Piotr Petrus (CC)

Es war ein spannendes Experiment, nicht nur für die, die sich für Geschäftsmodelle im Internet interessieren: Das zu Condé Nast gehörende Technikblog "Ars Technica" wagte einen rigiden Vorstoß und schloss für zwölf Stunden alle Leser aus, die kein Geld bringen. Also alle Leser, die so genannte Werbeblocker installiert haben, die automatisch alle Werbeinhalte auf Webseiten erkennen, filtern und blockieren.

Das Ergebnis war ernüchternd: Einige User schalteten die Werbeblockade speziell für das Technik-Blog aus, wenige entschieden sich gar für die werbefreie Bezahlversion (derzeit fünf Dollar im Monat). Doch neben den Befürwortern der Aktion, gab es eine große Zahl an Usern ohne Verständnis, die wütend reagierten. Aber auch unter eigentlichen Befürwortern kritisierten viele die Aktion vor allem wegen einer fehlenden Vorankündigung beziehungsweise Benachrichtigung.

Werbeblocker auf dem Vormarsch

Auch in Österreich sind Werbeblocker immer mehr auf dem Vormarsch. "Wir haben im Laufe der letzten Jahre eine Zunahme an Usern bemerkt, die Werbeblocker einsetzen", so Ronald Schwärzler, der Leiter des Telekurier im Gespräch mit derStandard.at. Der Grund: Internetbrowser wie Firefox erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, unter anderem da sie mit zahlreichen kleinen Programmen, so genannten AddOns, erweiterbar sind.

Das beliebteste AddOn für Firefox ist der Werbeblocker "AdBlock Plus", der im Durchschnitt weltweit 75.500 Mal heruntergeladen wird - täglich versteht sich. Das führt zu rund 10,5 Millionen Menschen, die diese Erweiterungen nutzen, davon über zwei Millionen im deutschen Sprachraum. Dabei ist Adblock aber nicht der einzige Werbeblocker, auch Script-Blocker unterdrücken Werbeeinschaltungen.

"Das Problem ist, dass Werbeblocker meist schon mit den Browsern mitgeliefert werden, da stellt sich die Frage, was man dagegen tun kann", sagt Sylvia Dellantonio, Geschäftsführerin bei "Die Presse Digital" zu derStandard.at. Den Versuch von "Ars Technica", die Leser mit Aussperren zum Bewusstsein zu bringen, findet sie "sehr mutig".

Ernsthaftes Problem

"Natürlich mag ich Werbeblocker nicht, da sie uns in der Vermarktung der Seite einschränken. Das gefährdet unser Geschäftsmodell", sagt Dellantonio. Beim "Kurier" ist die Situation ähnlich: "Für uns sind Werbeblocker nicht existenzbedrohend, aber ein ernsthaftes Problem", so Schwärzler.

"Ars Technica"-Chefredakteur Ken Fisher versuchte seinen Usern die Auswirkungen von Werbeblockern in einem Artikel zu erklären. Fisher verglich das Blog mit einem Restaurant, bei dem mehr als vierzig Prozent der Gäste, die zum Essen kommen, nicht bezahlen würden. Wie ein Restaurant hätten aber auch Onlinemedien Mitarbeiter zu bezahlen, nur dass die Leser mit Aufmerksamkeit für Werbung bezahlen und nicht direkt (außer im Falle von "Ars Technica" bei der werbefreien Bezahlversion des Blogs).

Ausfallsquote nicht unter zehn Prozent

Der hohe Anteil von vierzig Prozent ergibt sich dadurch, dass das Blog technikaffine Leser anzieht. Auch bei "Spiegel Online", kann man feststellen, dass sich vor allem medien- und technikaffine Leser der Werbung verweigern. So nutzen beispielsweise Leser des Technik-Ressorts "Netzwelt" bis zu zweieinhalbmal so häufig Werbeblocker wie der Durchschnittsleser. Allgemein schätzt Frank Patalong, Redakteur bei "Spiegel Online", dass kaum ein Online-Angebot in Deutschland unter einer Ausfallsquote von zehn Prozent durch Werbeblocker liegt.

Problem des Geschäftsmodells

"Das Geschäftsmodell von Onlinemedien baut darauf auf, dass die Kosten des Betriebs durch die Werbewirtschaft gedeckt werden, und somit die Inhalte den UserInnen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können. derStandard.at kann nach diesem Modell seit 2004 positiv wirtschaften und schreibt erfolgreich schwarze Zahlen", erklärt Matthias Stöcher, Verkaufsleiter von derStandard.at, "wenn die Nutzer aber die Werbung blockieren, dann geht die Rechnung nicht mehr auf."

Für diese einfache Feststellung erntete Patalong viel Häme und Kritik von den Usern. "Medien werden von Menschen gemacht, die davon leben. Es kostet nun einmal Zeit, eine gute Geschichte zu recherchieren, und derjenige, der das macht, muss seine Arbeit bezahlt bekommen, sonst kann er es sich nicht leisten", sagt Patalong in einem Interview dazu.

Von den Usern wurden vor allem allzu aufdringliche Werbungen kritisiert. Sowohl Patalong, Schwärzler als auch Fisher zeigen dafür durchaus auch Verständnis. "Dem Einzelnen ist der Einsatz von Werbeblockern sicher nicht vorzuwerfen, aber durch das Handeln der gesamten Userschaft ergibt sich ein Problem in der Erlöskette und das führt zu einer volkswirtschaftlichen Schieflage", meint Schwärzler.

Wenige blockieren aus Boshaftigkeit

Auf das Argument, die Medien seien "selber Schuld" an ihrem Geschäftsmodell antwortet Fisher fast resignativ: "Entweder das Wohlergehen einer Seite liegt einem am Herzen, oder eben nicht". Er hat jedenfalls eines gelernt: Nur eine geringe Zahl der User blockiert Werbung aus Boshaftigkeit, viele sind gerne bereit, Werbung zuzulassen.

Blockierte Werbung ist nicht gleich Nicht-geklickte-Werbung

Fisher räumt auch mit dem Missverständnis auf, User würden einem Medium nicht schaden, wenn sie Werbung blockieren anstatt nur nicht darauf zu klicken. Das stimmt natürlich nicht, da Werbung größtenteils pro Ansicht bezahlt wird (so auch bei derStandard.at) und bei blockierter Werbung kein Geld fließt. 

Die genaue Messbarkeit von Werbeleistungen, die Online im Vergleich zu Print und TV möglich ist, ist Vorteil und Nachteil zu gleich. So zahlen Werbekunden bei Print und TV vor allem für potentielle Reichweiten ohne zu wissen, wie viele Kunden sie erreichen, bei Online wird nur für den tatsächlich erfolgten Sichtkontakt bezahlt.

"Mit Bezahlinhalten mausetot"

Da in Österreich die Onlinemedien mit wenigen Ausnahmen fast ausschließlich auf werbefinanzierte Inhalte setzen, stellt sich die Frage, ob es Strategien gegen Werbeblocker geben muss. Als Alternative drängen sich die viel diskutierten Bezahlinhalte auf. "Solange es einen gebührenfinanzierten ORF gibt, ist es nicht vorstellbar Geld für Content zu verlangen. Der ORF gibt zeitlebens Content gratis im Web her, weil er das bei der Gesetzeslage auch muss. Wenn wir in dieser Situation auf Bezahlinhalte setzen würden, dann wären wir mausetot", meint Schwärzler vom "Kurier".

"Die Nutzung ist noch nicht so stark, dass wir uns Gegenstrategien überlegen müssen, man muss die Situation aber beobachten", meint man bei der "Presse". Onlinemedien, angefangen von Blogs bis hin zu großen Nachrichtenwebsites, haben oft Probleme sich zu refinanzieren, nicht zuletzt sind die niedrigeren Werbepreise, die Online gelten, dafür verantwortlich. Werbeblocker könnten sich so immer mehr zum Faktor entwickeln, der über die Farbe der Bilanzzahlen mitentscheidet.

Arbeitsplätze gefährdet

Trotz einer anderslautenden Meldung am 1. April setzt auch derStandard.at weiterhin auf werbefinanzierte Inhalte. "Der 'Online-Vertrieb' ist wesentlich kostengünstiger und die Nutzer einer Nachrichten-Website erwarten auch, dass dieser Kostenvorteil an sie weitergegeben wird", heißt es in der Auflösung des Aprilscherzes. Trotzdem wird Geld benötigt, um die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Das kommt eben aus der Werbung, die natürlich nur dann wirkt, wenn man sie auch wahrnimmt. "Durch die Blockierung gefährdet man in der Folge schlichtweg Arbeitsplätze", sagt Schwärzler, der die Onlinemedien in Österreich, mit Ausnahme des ORF, alle in der gleichen Situation sieht.

Einmal aktiv, immer aktiv

Die Gefahr, dass der Werbeblocker für alle Seiten aktiv ist, auch für jene die Werbungen in einem erträglichen Rahmen anbieten, ist groß, sobald der Werbeblocker einmal aktiviert ist. Fisher empfiehlt den Usern deshalb, statt Werbeblocker einzusetzen, einfach Seiten, die unangebrachte und störende Werbung einsetzen zu meiden. "Es ist besser mit den Besucherzahlen darauf zu reagieren als Inhalte zu konsumieren ohne etwas zurückzugeben."